26.11.2019

Gestern abend tagte der Presseclub, den es in Frankfurt tatsächlich gibt (finanziert durch Mitgliederbeiträge und Spenden von Banken und Industrie) in einem Dachgeschoss im Westend. Wir waren direkt von der Eröffnung des Weihnachtsmarktes auf dem Römer dorthin spaziert, nachdem der Oberbürgermeister Feldmann seine Rede gehalten hatte, die mitreissend gewesen war; so ist jetzt halt die Zeit, dass auch vor dem Anschalten der Weihnachtsbaumlichter eine Rede gehalten wird, beschlossen mit dem Aufruf zum Zusammenhalt des Bürgertums und zur Solidarität gegen Rechts.

Im Presseclub unterhielten sich Günther Nonnenmacher und Peter Hoeres, ein Historiker, der das sehr dicke und immens interessante (ich bin allerdings erst auf der Hälfte, aber wird schon schiefgehen) Buch «Zeitung für Deutschland», die Geschichte der Frankfurter Allgemeinen Zeitung verfasst hat. Herr Nonnenmacher (unter anderem ging es auch darum, seit wann Angela Merkel in der Zeitung nicht mehr Frau Merkel genannt wird, sondern Merkel) findet das Buch nur halb gelungen, was seiner Ansicht nach aber nicht unbedingt an Herrn Hoeres liegt, sondern an der im Verlauf der Geschichte dieser Zeitung schwieriger sich darlegenden Quellenlage. Hoeres hingegen bemängelte das Verschwinden rechter Feuilletonisten im Geiste Friedrich Sieburgs («Gang zwischen Meistern»). Nonnenmacher konfrontierte ihn, erwähnte Simon Strauss und fragte nach Hoeres Definition des Konservativen. Hoeres wich aus und nennt als Beispiel Lorenz Jäger. Nonnenmacher: Lorenz Jäger hat das Feuilleton nicht geprägt. Wohingegen ihm Patrick Bahners unter anderem deshalb im Gedächtnis geblieben ist, weil er einst in einer Randspalte forderte, Prince Charles künftig als Fürst Karl anzusprechen, da der deutsche Fürstentitel die genauestmögliche Entsprechung des englischen Prince ist. Ebenfalls gelobt wurde, für mich überraschend, Dietmar Dath, der, so Nonnenmacher, wie auch Bahners einen Sound sein eigen nennen kann. Zwei Sätze eines Textes von Bahners oder von Dath und man wüsste, wer schreibt.

Kurzum, ein herrlicher Abend für Nerds. Stelle es mir aber auch ebenso herrlich vor für Hereingeschneite, die dann kaum ein Wort verstanden haben werden. So meldete sich eine Frau mit gelöstem Haar, die mir zuvor schon auf dem Weihnachtsmarkt spanisch vorgekommen war und setzte an zu einem Impulsreferat über Karl den Grossen. Da regte sich bald der Unmut des übrigen Publikums, aber Werner d’Inka, in Personalunion Herausgeber dieser Zeitung und Vorsitzender jenes Presseclubs hob seine rechte Hand, woraufhin die Murmelnden, seines Handzeichen ansichtig geworden, umgehend verstummten. Und einträchtig wurde dem wirren Sound der Feuchthaarigen gelauscht.