2.8.2020

Palmolive und Gerolsteiner haben das Erscheinungsbild ihrer Flaschen verändert. Bei Gerolsteiner betrifft das Redesign sogar die Flaschenform! Ich finde die neue sehr schön, werde aber die alte vermissen. Bei Palmolive kann ich es kaum in Worte fassen vor Zorn, wie unnötig ich das Gepfriemel an einem derart makellosen Etikett empfinde! Wahrscheinlich war diese Person zuvor beim sogenannten Bauer-Verlag für Titelblätter zuständig, die bersten auch schier vor lauter Features. Kurz vor dem Ausrasten wuchs mir aber die Rettung noch zu in Gestalt einer Idee: Umfüllen! Frisches Palmolive in die gewohnte Flasche, neue Flasche in den Müll. Dein Grün aber sollst Du behalten.
Die Aufheiterung brachte ein Newsletter, natürlich einer, dem ich schon seit neun Jahren oder noch länger die Treue halte. Maya Decipherment erscheint in loser Folge, insofern findet man mich immerzu überrascht. Gestern ging es um Miniaturen. Beziehungsweise stellten sich die beteiligten Ethnologen angesichts einiger Fundstücke die Frage, warum die einst in ihrer sehr kleinen Form hergestellt worden waren und nicht etwa größer. Als Hintergrund wurde der Diskurs um die Größe von solchen Kunstwerken zusammengefasst, dabei ein Argument von Claude Lévi-Strauss, der geschrieben hat, dass uns das Kleine, das wir in der Hand halten können, Vergnügen bereitet, während man vor dem Großen andere Gefühle bekommt. Illustriert war das mit einem winzigen Gemälde von Sarah Goodridge aus dem frühen 19. Jahrhundert, ihrem Geliebten zugeeignet  — I could relate to that. Weil Friederike seit neuestem diese wunderbaren Zeichnungen macht, die etwas kleiner als eine Postkarte sind, aber — wie Betlehem: so groß. Ich kann mich gar nicht erinnern, ob ich jemals zuvor dabei war, als sich ein künstlerisches Talent entfaltet hat before my very eyes?
Im Abendlicht dann wieder Teilentkräftung von Levi-Strauss, aber lustvoll, denn die Wirkung der Wolken hatte ich ja ganz vergessen (tags waren sie von der Hitze aufgelöst): Ein langgezogenes, dabei flaches, auch flunderförmiges Modul mit leuchtenden Kanten stand da ruhig atmend, ohne zu zittern am Firmament. Wenig später war davon bloß ein Zerrbild einstiger Größe geblieben, sein Schatten wohl, ziemlich ewig dort noch tintig liegend in Milch und Curaçao.
Wahrscheinlich bringt es Wenders mehr, wenn ich viel über Ausreden nachdenke, seine Filme nicht anzuschauen, als sie tatsächlich anzuschauen.