28.7.2020

Gestern abend also Summer In The City aus dem Jahr, bevor ich geboren wurde: Dass Hans Zischler einen darstellt, der aus dem Gefängnis entlassen wurde, habe ich erst sehr spät begriffen (der Film geht über zwei Stunden), als er einer seiner Gastgeberinnen vom Leben aus dem Knast erzählt. Das hat mich irritiert, später habe ich es dann nachgelesen (Summer In The City hat, wie jeder Spielfilm von Wim Wenders, einen eigenen Wikipedia-Eintrag). Die Handlung des Filmes spielt in Westberlin, davor in München. Wenders selbst kommnt auch darin vor, er spielt Billard mit seinem Hauptdarsteller (im Schellingsalon). Davor geht er ans Telefon (Wenders), und lässt sich dorthin einladen. Zischlers Satz aus dem Drehbuch für die Einladung lautet: «Ich habe Lust Billiard zu spielen. Vielleicht im Schellingsalon.» Er ruft von einer Telefonzelle aus an. Wenders hebt den Hörer in einem Raum einer Privatwohnung ab. Sein Telefonapparat steht auf einem Tisch. Möglicherweise ein Schreibtisch. Zischler muss Münzen in den öffentlichen Fernsprecher einwerfen, um telefonieren zu können, Wenders hingegen muss das nicht, um das Gespräch anzunehmen. Und so weiter. So entwickelt sich der Film, der im Grunde keine Handlung hat, wenn man anfänglich verpasst, dass der Mann aus dem Gefängnis frei gekommen war.
Zwischendrin, bevor er nach Berlin abreist, musste ich den Stream anhalten und ich ging duschen. Es war ja noch immer sehr heiß um diese Stunde nach dem Sonnenuntergang. Summer In The City spielt übrigens im Winter. Dazu ist er auf Schwarzweiß gedreht, aber er kühlt nicht. Diesbezüglich habe ich in einer ebenfalls sehr heißen Sommernacht in Berlin einmal sehr gute Erfahrungen mit La dolce vita gemacht (von Fellini). Die Graustufen in diesem Film konnte ich als eiskühlend empfangen. Bei Summer In The City ist das Granulat wie verwaschen, mich erinnerte er nie an Eis, immer an Schneematsch. Das liegt aber nicht an Wenders oder am Material, sondern am deutschen Licht. Aber erstaunlich, dass der Kurfürstendamm, von dem eine längere Kamerafahrt handelt, 1970 schon genau so aussah von den Ladenfenstern her und ihren Neonschriftzügen, wie ich es am Ende der neunziger Jahre dort noch vorgefunden hatte.
Die Frauen in diesem Film, die den Protagonisten auf seiner Reisen in den Nordosten der Republik und dann weiter nach Holland beherbergen müssen, sie sehen sich allesamt ähnlich, haben langes, dunkles Haar und schauen verdrieslich. In Hamburg hieße man dieses Verhalten «mucksch». Er aber gibt ihnen gegenüber den Macho und behandelt sie sehr herablassend und schlecht. Ich dachte kurz, er behandelt sie wie Mütter, aber das wollte ich zurückziehen — doch die alte Skatregel tönt unerbittlich watt lumens, lumens! — seine Mutter wird er wohl besser behandelt haben. Zumindest im Leben. Falls nicht, dann hat er es falsch schon vom Vater gelernt.
Frühstückseier wurden in den siebziger Jahren noch mit dem Messer aufgeschnitten.