3.10.

Der sogenannte Einzug des Tiefdruckgebietes brachte für mich die gewohnten Probleme: Schon beim Augenaufschlagen verspürte ich ein Schwindelgefühl. Und das wurde logischerweise auch nicht schwächer dadurch, dass ich mich in die Vertikale erhob. Ich blieb liegen, bis es wieder dunkel geworden war (also bis 20 Uhr). Ich hasse das Krankenhaus. Zwar kenne ich sie nicht alle, aber ich nehme mal an, dass ich Krankenhäuser an sich hasse, also die Erfindung und die Institution, und dort nie wieder hin will, aber allein zu Hause, ohne andere Patienten, ohne Krankenhauskost und Krankenhausbettwäsche ist es nicht schlimm. Vor allem ist es sicher! Vor dem Wochenende hatte mir mein Vater eine einerseits unglaubliche, andererseits wiederum eine mich in all meinen Krankenhausphobien nur noch bestätigende Geschichte erzählt, die mich, im Gegensatz zu den meisten seiner von ihm sogenannten Geschichten, auch wirklich interessieren tat, da sie ausnahmsweise von ihm handelte: Und zwar war mein Vater im Februar ins Krankenhaus eingeliefert worden nach einem leichten Schlaganfall. Kaum wieder zuhause, musste er schon wieder dorthin zurück. Dieses Mal war es sein Herz, das ihm Probleme machte. Er wurde untersucht, in eine Narkose versetzt, mit Elektroschocks behandelt, um das Herz wieder zurück in den Rhythmus einer gesunde Gangart zu versetzen. Ein paar Wochen später, ich glaube, es waren derer maximal drei, wurde er wieder eingeliefert, weil die Herzrhythmustörungen erneut aufgetreten waren. Es erfolgte eine erneute Untersuchung, wieder die Narkose, wieder die Elektroschocks und dann ein paar Tage stationären Aufenthaltes zur Beobachtung. Schließlich durfte er wieder nach Haus.

Und so ging es die nächsten Monate weiter. Auf ein paar Wochen daheim folgte eine Woche Krankenhaus. Bei jedem Mal ohne Befund, die Erkrankung schien rätselhaft. Meine arme Mutter war natürlich bereits gedanklich mit ihrem Dasein als Witwe nach 47 Jahren Ehe beschäftigt. Auch wenn sie, ebenso natürlich, mit mir darüber nicht sprach. Aber ein Sohn fühlt ja, was die Mutter beschäftigt. Dann mussten aus den Gründen des jederzeit möglichen Herztodes meines Vaters auch noch zwei bereits gebuchte und bezahlte Ferienreisen abgesagt werden. Und das, wo speziell meine Eltern in Arbeitnehmerzeiten beide ihre sämtlichen Möglichkeiten zur Vergnügung auf die Zeit ihrer Rente, wo es möglich und auch akzeptiert war (von Gott und Gesellschaft), projektiert hatten. Sie fürchten nichts so sehr wie Ungewissheit. Das habe ich möglicherweise von ihnen, wenn auch nicht in dem Maß.

Und jetzt stellt sich bei einem erneuten Aufenthalt im House of Horrors, es war der siebte oder achte insgesamt seit Februar, heraus, dass es sich bei dieser ominösen Herzkrankheit meines Vaters in Wahrheit um eine verschleppte und nicht diagnostizierte Rippenfellentzündung handelte, die diese Herzrhythmusstörungen ausgelöst hatte. Und diese Entzündung, so jetzt der von den Ärzten fairerweise geäußerte Verdacht, hatte sich mein Vater bei seinem ersten Aufenthalt dort in jenem Krankenhaus eingefangen; also den sogenannten Krankenhauskeim.

Jetzt, nachdem er dort eine Woche lang stationär behandelt wurde, geht es ihm wieder bestens. Er kann sogar telefonieren und erzählt, wie früher, seine interessanten Geschichten. Leider.

Aber freilich auch Gottseidank! Das Urlaubsbudget für dieses Jahr ist zwar aufgebraucht (und unter Schwaben gesprochen: verplempert!!! worden), aber sie planen bereits die Fahrten für 2017. Es besteht also wieder Hoffnung. Meiner Erfahrung nach stirbt die ja immer zuerst.