31.3.

Es scheint so, als hätten die Vögel nichts von der Zeitumstellung mitbekommen. Jedenfalls besingt der Amselvater den Sonnenuntergang neuerdings zweifach - erst zum regulären, das bedeutet: zeitlich gesetzten Zeitpunkt nach der Winterzeit, dann aber noch einmal, wenn die Sonne tatsächlich ihren Schein ganz golden und breit über die Fläche des Sees legt, dessen Wasser, gestern, gegen 19 Uhr 23 den Anschein machten, als bestünden sie aus flüssigem Blei.

Die Ozeane auf dem Planeten Titan, so meldete es der New Scientist gestern, sprudeln vermutlich wie Soda und sind ebenso vermutlich noch kälter als -180 Grad Celsius, weil es sich bei der sprudelnden Flüssigkeit gar nicht um H2O handeln wird, sondern um Methan, oder, so der New Scientist: Ethan. Um solche Unterwassergase hat Thomas Meinecke ja mal einen ganzen und ganz großartigen Roman ankristallisiert - Hellblau -, spekulativ damals noch, und allein aus der Musik heraus abgelauscht (Drexciya) und aus einer winzigen Dreizeilennachricht aus dem Münchner Merkur, die er mir in einem noch kleineren Briefumschlag überließ. Ich liebe und verehre Thomas Meinecke. Das darf er selbst freilich nie erfahren.

Andererseits liebe ich Matthew Dear und das darf der ruhig wissen.

Für alle, die sich, wie ich selbst leider auch, fragen mögen, was denn ausgerechnet Christine Westermann im Literarischen Quartett von Maxim Biller zu suchen hat: Es sei ihnen, wie einst schon Thomas Mann schrieb, die Lektüre der Sendungsfolge Zimmer Frei mit Campino, datierend vom November 2008, a n e m p f o h l e n. Dort also ging es quasi voreingestellt um den Sänger und sogenannten Frontmann der Punkband Die Toten Hosen, der mir infolgedessen derart ans Herz sozusagen wuchs, dass ich, dabei nicht seines Engagements für die Antilopen Gang außer Acht lassenderweise ihn, Campino direkt, für immer und ewig in mein Herz schließenderweise liebhaben tun wollte. Und tat.

Was also geschah in dieser Sendung. Was ging da „vor sich“?

Folgendes: Campino, dessen Klarname überflüssigerweise im Vorwort der Sendung erwähnt wird und deshalb auch hier nun nicht weiter erwähnenswert bleiben soll, betritt in einem Kaschmirpullover von Eric Bompard die Szene. Das mit dem Kaschmir scheint wesentlich, denn Christine Westermann scheint bereits dieses des von ihm vorgeführten Pullovers wegen interessiert an seiner Person, ferner allein durch das Begrüßen eines Gastes aus Düsseldorf. Und es ist dann ihre Fragetechnik*, denn es ist eben keine Taktik, die mir dabei, im Anschauen dieser Sendung, auch Christine Westermann derart sympathisch machte, dass ich mir noch sehr viele Sendungen mehr mit ihr wünschte. Aber halt bitte keine Auftritte mehr im sogenannten Literarischen Quartett. Christine Westermann fragt direkt aus dem Herzen, manche wollen auch Seele dazu sagen, das hat in einer MännerMuskelnUndRotoren-Show wie dem Literarischen Quartett naturgemäß und leider nichts zu suchen, schließlich und endlich ist ja Romaneschreiben auch ein beinharter Männersport für Typen aus Eisen und in diesem Geiste fragt Ulf Poschardt in seiner Zeitung Rainald Goetz dann wörtlich: „Wo bleibt das nächste Buch!?!“

Ja, wenn es dann mal so einfach wäre.

Ich finde das respektlos, es ist unverschämt. Die fein ziselierten, dabei ganz golden auf mich wirkenden Instrumente Christine Westermanns sollten mit solcherlei, nun ja, ölverschmiertem Gehabe rein gar nicht in Berührung kommen dürfen.

Matthew Dear übrigens hat noch nie bei Lampenschein einen Track komponiert. Und Thomas Meinecke, ich will annehmen: Ihm geht es eh supergut.

Campino jedenfalls sagt in dieser Folge von Zimmer Frei einen Satz, den ich mir morgen schon in ein Geschirrhandtuch sticken werde:
„Ich bin ordentlich aus einer puren Faulheit heraus - ich bin ordentlich, denn dann brauche ich es nicht aufzuräumen.“

*Betony Vernon sagt: „I am a technician of love and a philosopher of sex.“