31.5.

Ein zu allen drei Seiten bis oben hin gekachelter Raum – alles in Blau, auch der Boden: Gar nicht so schlecht als Bühnenbild für Ghetto und Greise. Das Publikum würde, abwechselnd, mit den Düften von Waldbeeren-Shisha, Chlor, frisch gemähtem Rasen und warmer Sonnenmilch angeweht. Dazu Dichtergespräche im Elysium.

APHEX TWIN: Schon Alexander von Humboldt hat gesagt, dass man sich vor den Weltbildern fürchten soll bei Menschen, die ein Weltbild haben, aber die Welt selbst noch gar nicht gesehen.

WASH&GO: Ich hab mir jetzt das teuerste Handy gekauft, was es gibt auf der Welt.

LÖFFEL: Und, wo is‘?

WASH&GO: Net dabei.

Sieht natürlich gleich wieder supergut aus, in der schönen Schrift gesetzt und mit den Rollen und so fort. Aber es müsste halt schon noch irgendwohin führen. Ich weiß auch schon wohin. Zum Fischstein natürlich. Am Fuße des Mahnmales dort für die alte BRD auf dessen Gipfel in schönen silbernen Lettern steht HAUS DES STRASSENVERKEHRS. Drei Greise saßen dort auf einer Bank beim letzten Mal, biertrinkend, vorgestern Abend, als es schon hieß, man müsse sich beeilen, denn das Hitzegewitter sei gleich soweit. Man kann dort, von der Bank vor dem Fischstein aus, bis zu den blauen Zacken des Taunus schauen. Dort dräute es dunkel. Und die Rückseiten der Holunderbuschblätter zeigten sich silbrig. Daheim blitzte es dann auf der Hausener Seite des Bildes noch stundenlang träge vor sich hin. Dazu die Schwalben, wild entschlossen. Erst sehr viel später, als wir die Drohung schon wieder vergessen hatten, fing es zu regnen an.

Meanwhile in der großen Stadt Berlin hingegen: aber hallo! Das wird es freilich geben, eine richtig schöne, klassische, ganz traditionell in den Text hineingearbeitete Mauerschau. Die glücklichen Greise erhalten Lieferungen. Sie erfahren also, dass es in Berlin zu Überschwemmungen gekommen war währenddessen. Von Feuerwehreinsätzen in den Bezirken Mitte, Prenzlauer Berg und Friedrichshain-Kreuzberg, derentwegen die Bahnen nur äußerst unregelmäßig verkehren zwischen Hauptbahnhof und Ostbahnhof. Es kommt im Verlauf des Nachmittages noch zur Ausrufung des Ausnahmezustandes.

GHETTO

Und immer so weiter und immer so fort. Als ich nach Hause heimkehrte nach langer Irrfahrt ans Ende der Ghettowelt, atmeten die Fliesen im Badezimmer (nicht blau!) noch die Wärme aus von einer Reihe von sonnigen Tagen. Es roch nach Hitze. Man erinnerte sich daran. Es gibt Bewohner der Innenstädte von Frankfurt, aber auch in Berlin sicherlich, die glauben, dass sich in ihrem Innenhof ein Kuckuck angesiedelt hat. Aber sie missverstehen dann lediglich das Gurren der Tauben. Deren Gurren hört sich, das gebe ich zu, wenn die Windrichtung stimmt und es drumherum still ist, auch irgendwie nach einem Kuckucksruf an — also wie man sich den halt vorstellt, wenn man schon längere Zeit keinen veritablen Kuckuck mehr rufen gehört hat (live oder vom Band). Ich aber sage euch: Ein Kuckuck hört sich in Wahrheit und in der Wirklichkeit noch einmal ganz anders, noch verblüffend viel kuckuckshafter an. Klarer. Eindeutiger. Bezwingender somit auch. I can’t believe it’s not butter!

Oh doch, it is.

Er ruft aber nur in der Abendzeit.