31.8.

Für die Vermietung seines Hinterzimmers an die Ortsgruppe der AfD bezahlt der Besitzer des kleinen Hotels gegenüber einen hohen Preis auf Raten: Über Nacht wurde die dem Café zugewandte Seite seines Hauses bis auf Höhe des ersten Stockwerks mit rosafarbenen Plakaten tapeziert, die für ein profeministisches, antirassistisches Festival werben. Die seitliche Eingangstür des Hotels war ebenso unter diesem Belag verschwunden wie das einzige Fenster zum Hof, auf dem bei Tage die Liegestühle des Cafés stehen. Der Hotelbesitzer saß telefonierend vor seiner mit Preisschildern zugehängten Fassade, die die einige Tage zuvor aufgesprühten Antifa-Fahnen verdecken sollen. Kurze Zeit später hielt der Transporter eines Malerbetriebes und zwei Männer in weißen Latzhosen machten sich an die mühselige Arbeit, den zentimeterdicken Papierbelag von der Wand zu kratzen. Beim Freilegen der Eingangstür zeigten sich großflächige Beschädigungen an der Lackierung.

Im Café war kein Gast zu sehen, was an dem pestilenzartigen Geruch liegen musste, der mir gleich beim Betreten entgegenstach: Buttersäure! Ich holte mein Döschen Carmex heraus (Methode Albert Rosenfield), um mich mit Tim auf die Suche nach der Gestanksquelle zu machen. Wir fanden gleich hinter dem Café, an der Grenze zum Hotel, einen Einkaufswagen, in dem sich ein Müllsack mit den Plakatieruntensilien fand, sowie einige aufgeschraubte Alete-Gläser, gefüllt mit einem rostbraunen, stinkenden Gel. Vermutlich wurden die nächtlichen Rächer von einem der Taxifahrer, vielleicht auch von einem der seltenen Streifenpolizisten überrascht und ließen auf ihrer Flucht über die Bahngleise ihr stinkendes Utensilio hinter dem – in ihrem Sinne – unschuldigen Café zurück.

Der Morgen war, zumindest halb: im sogenannten Eimer. Aber ein Gutes hatte das Ganze: Tim verriet mir die Zahlenkombination für die rote Metalltruhe, in der die alten Ausgaben der Zeitung bis zu ihrem Abtransport zum Altpapiercontainer gelagert werden. Und zwar seit dem Tag der Eröffnung. Hunderte Ausgaben liegen darin. Durch das Zahlenschloss und die wetterfeste Metallkiste in mint condition erhalten. Ein Schatz!!!