4.10

Beinahe voll stand der Mond über dem Gallusviertel. Darunter, auch rund und beinahe ebenso hell, auch alt: das Signet des klugen Kopfes, der sich hinter einer aufgeblätterten Zeitung verborgen zeigt.

Im TGV erhält der User eine Nachricht, sobald der Zug auf über 300 km/h beschleunigt wurde. Die Nachricht enthält die Option, einen vorformulierten Tweet oder ein vorformuliertes Posting auf Facebook abzuschicken, mit dem man von seinem Geschwindigkeitserlebnis an Bord des TGV, dem Durchbrechen der 300-km/h-Mauer, Bericht erstatten kann. Im Restlicht der Dämmerung leuchteten draußen die Leiber der Kühe vor dunklem Wiesengrund. Die Tiere standen zur Rosette formiert um einen einzigen Trog herum.

Aufenthalt in Karlsruhe, in dem schönen und wie leergeräumten Bahnhof der ehemaligen Residenzstadt. An der Wand des Hallengewölbes steht ein Gedicht, der Verfasser bleibt ungenannt: 

Ich bin ein Individuum.

Weit mehr als jede ausgedachte Figur aus irgendeiner Erzählung.

Ich atme. Ich fühle. Ich lebe. Und das jeden Tag. 

Ich esse. Ich arbeite. Ich schlafe. Ich bin wie Du.

Ich renne. Ich springe. Ich klettere und fliehe. Ich stelle mich. Ich schreie. 

Ich erschaffe und zerstöre. Ich mache das, weil ich es machen kann. 

Und das mein Leben lang.