4.2.2020

Übrig blieb am Ende ein Exemplar von Die Ordnung der Dinge, dem einzigen Buch, das, unseren Planungen trotzend, doppelt vorhanden geblieben war. Ausgerechnet, oder wie es bei Kempowski heisst: «Argh, dieser Hohn!»

Gestern dann Termin auf dem Allgemeinen Bürgeramt zur Anmeldung. Im Warteraum, der, einem Gate am Flughafen vergleichbar, in luftigen Reihen bestuhlt war, schauten alle auf einen Flachbildschirm an der fensterlosen Wand, der ein Willkommensvideo zeigte. Wie bei der Ankunft in einem fremden Land. Winzige Menschen bewegten sich in Zeitlupe am Mainufer entlang, dabei ein Licht, als ob ewiger Frühling angebrochen war. Wie man das heute in Filmen mit Großstadtsujet so darstellt, wuchsen auch ihnen hin und wieder feine weisse Linien aus den Händen und Köpfen, an deren Enden die Portraits ihrer Gesprächs-, oder Chatpartner in Vignetten emporgestiegen waren wie mit Helium gefüllte Ballons. Keiner ist jetzt mehr für sich und allein, alle stehen und gehen allzeit, wie unaufhörlich Verliebte, im stillen Zwiegesprächen mit ihren anderen umher.

Der junge Beamte trug Ehering und stammte ursprünglich ebenfalls aus Baden-Württemberg. Während er meine Fingerabdrücke ins System einspeicherte, unterhielten wir uns über meinen Geburtsort Bietigheim, der inzwischen durch den Musiker Rin zu einem popkulturell relevanten Ort der deutschen Ideengeschichte geworden ist. Allerdings, so der Beamte, war das Bietigheim am Neckar meiner Geburt schon 1975 durch die Eingemeindung der benachbarten Kleinstadt Bissingen zu Bietigheim-Bissingen umbenannt worden. Eine Bietigheimification, deren Process er mit einer dreizeiligen Formulierung auf meinem neuen Personalausweis abzubilden gedachte: «Geburtsort: Bietigheim-Bissingen, vormals Bietigheim».

Right on. Die Willkommensfibel mit dem Grußwort des Oberbürgermeisters Peter Feldmann heisst Ei Gude!