5.10.

Nach einem herbstlichen Abendbrot (Bergische Pferdeknacker, Käse mit Meerrettich, geräuchertes Torfbier von der Brauerei Rittmayer) fuhr Jan mit mir noch stundenlang durch die malerischen Straßen von Nordsteglitz bis hinein nach Friedenau. An den Kreuzungen lag das Laub hüfthoch zu gelben Haufen aufgeschichtet. Wehmütig dachte ich an Paris zurück, wo an den Platanen noch nicht einmal die Färbung eingesetzt hatte. Bedeckt war der Himmel dort, wie beinahe immer eigentlich, wohl. Aber trotzdem ließ die graue Decke noch massig viel Licht hindurch, es umgab uns von allen Seiten (und die Dämmerung setzte erst eine Stunde später ein).

Das Café hatten wir im Vorbeigehen entdeckt, es war das einzige in unserer direkten Nachbarschaft. Allein die Erinnerung an den hübschen Fliesenbelag dort, hübsch abgetreten, aus ockergelben und weinroten Mosaiksteinchen, darin eingelegt mit weißen Steinchen der Name: Carillon. Dort am Fenster sitzen und auf die Straße schauen. Stundenlang. Das Fenster war ideal proportioniert, cadrage für eine unaufhörliche Einstellung der Straßenszene, die nie langweilig wurde. Exzellentes Casting: jung alt, hell dunkel, mit Telefon, aber auch ohne. Einer zückte seinen abgewinkelten Arm wie ein Instrument, bevor er in einer Toreinfahrt verschwand. Um auf die Uhr zu sehen.

Im Hinterzimmer hing das gerahmte Bild einer Katze neben einem historischen Familienportrait, einer Fotografie, auf der Monsieur Amokhrane, damals noch mit weißem Turban, als Ankömmling in Frankreich zu sehen war. Daneben ein Gipsrelief der Mutter Maria mit vergoldeten Händen.

Wir fragten Amokhrane nach der Katze. Er sagte »Kommt gleich«. Sie kam aber nicht mehr.

Ist kitschig, ich weiß. Auch ein bisschen einfach halt, aber: Ich liebe Paris.