7.12.2020

Gestern ein Paar zum Spazierengehen abgeholt, wir wurden hereingebeten. Wie es sich angesichts der überall im Vorraum verteilten Päckchen und Tüten aus knisternder Folie herausstellte, hatten auch sie den Christstollenvergleich in der Sonntagszeitung gelesen und — erstaunlicherweise anders als ich — die Testergebnisse einer persönlichen Nachprüfung unterziehen wollen. Es waren dort also die Spitzenstollen aus deutschen Konditoreien auf dem runden Tisch im Vorraum ausgelegt, wo im Sommer noch ein Trog gefüllt mit Blumen seinen Platz gefunden haben sollte. Immerhin kamen wir so um ein Tütchen mit Versucherle aus dem Café Schafheutle, von dessen Existenz in der Welt außerhalb von Literatur ich auch bei der Lektüre dieses Stollenvergleichs erfahren hatte. Sie mundeten so lala. Was nichts gegen den Stollentest beweisen kann, denn dort waren ja nur Stollen zum Zuge gekommen, aber halt auch nichts gegen die Qualität im Café Schafheutle, denn Weihnachtskekse sind wie Weihnachtslieder: Am besten sind sie selbstgemacht.
Anschließend der Spaziergang, der uns unter fremder Leitung auf eine vage vertraute Route führte. Die Paarungen wurden nach Geschlechtern aufgeteilt, mein Begleiter hatte sich vorgenommen, mir die unbekannte Welt des ukrainischen Autorenfilms näherzubringen. Zum Glück bloß durch seine Erzählungen; für das Zeigen von Filmausschnitten auf seinem Telefon gingen wir in seinem Tempo auch einfach zu geschwind. Im Augenwinkel bestaunte ich die erhabene Schönheit des Bundesbankgebäudes. Daraufhin ging es kurz um Mies van der Rohe oder Le Corbusier. Auch wie man am besten einen Hahn grillt, wurde zum Thema. Kaum daheim, klingelte auch noch das Telefon.
Beim Nachtessen konnte ich kaum noch die Augen offen halten. Bin es anscheinend nicht mehr gewöhnt, in Anspruch genommen zu werden. Früh zu Bett.