9.7.2020

Friederike ist zur Zeit auf einer Dienstreise durch die Pfalz, das habe ich gestern zum Anlass genommen, meiner Passion als Vorkoster nachzugehen. Es hat in den vergangenen Wochen etliche Neueröffnungen gegeben — vor allem indische — das Interessanteste schien mir aber eine chinesische zu sein, spezialisiert auf Nudeln. Von außen konnte ich bislang nicht recht erspähen, wie der Gastraum aufgeteilt wurde, ich war dann sehr angenehm überrascht. Man sitzt dort an einem von seinem Prinzip her endlosen Tresen, der im Viereck um ein ein leeres Zentrum herum geführt wird. Das kenne ich vor allem von Sushi-Bars, aber ein modelleisenhaftes Vorüberziehen der Speisen scheint den Chinesen fremd (habe ich zumindest auch in China selbst nirgendwo entdecken können). Man sitzt also selbst als einzelner Gast ideal, weil es im Zweifel gegenüber andere zu beobachten gibt. Außerdem hängen mehrere große Fernseher von der Decke, die Bilder wachsen einem direkt in die Augen, wo sie mühelos aufgesaugt werden können. Gezeigt wird ein Film ohne Ton, der mehr eine Szenenfolge sein will ohne Höhepunkt, in dem eine alterslose und beinahe auch geschlechtslos wirkende Gestalt diverse appetitlich wirkende Speisen herstellt — kühle und warme —, diese auf hübschen Tellern dekoriert und dann selbst aufisst. Dabei wird sie aufmerksam beobachtet von ihrer Katze, die ein vollkommen weißes Fell hat. Und blaue Augen. Allein das papierweiße — oder reisweiße? — Fell dieser Katze nährte in mir den Verdacht, es müsste sich um eine animierte Katze handeln. Und: War denn ihre ephebenhafte Herrin aus ebensolchem Material (jenem Stuff, von dem schon Shakespeare Punktpunktpunkt)?
Die Nudeln übrigens auch ganz ausgezeichnet, aber sind sie das nicht beinahe überall? Friederike wird es dort jedenfalls gefallen.