Die großen weißen Vögel

Vom Seifenkauf heimkommend, begegnete ich im kleinen Park bei den Schiffsanlegestellen einem Blässhuhn, das, so hatte ich die noch nie gesehen, mit einigen seiner Artgenossen an Land herumstand. Da blieb ich stehen, setzte meine Tüte ab, um ein Foto aufzunehmen. Das Blässhuhn watschelte auf mich zu, als ob es um mein Vorhaben wüsste, hielt dann in einigem Abstand zu mir inne, verharrte in einer Pose, so als ob es genau wüsste, dass so seine grotesk überdimensionierten Füße am besten zur Geltung kommen. Denn in der Tat hatte ich es auf ein Bild, das diese Füße zeigen würde, abgesehen. Als ich die Aufnahme auf dem Display betrachtete, legte das Huhn seinen Kopf schief – vielleicht war es ja auch ein Hahn, man kann die vom Gefieder und den Farben und den Körpergrößen identisch aussehenden Geschlechter lediglich am Klang ihrer pickenden Rufe unterscheiden – so als ob es nun mein Einverständnis suchte; mehr noch, so als kennte es die Aufnahme, die ich von ihm und seinen Füßen gemacht. Als ich die Tüte aufnahm, kehrte es um und ging fort, um sich mit den anderen wieder wie zuvor mit Tierhaftem zu beschäftigen.

Ich war versucht gewesen mit ihm zu sprechen. Aber nicht, wie das die Besitzer von Haustieren tun, wobei es ihnen um eine Kommunikation des tierhaften Verhaltens nach anderen Menschen geht, sondern wirklich so, als könnte das Blässhuhn mich verstehen. Im Grunde wollte ich mich bei ihm entschuldigen, dass ich seine Füße lustig finde. Je länger man sich mit Vögeln beschäftigt, desto dringlicher schreibt man ihnen menschliche Eigenschaften zu. Man sucht sie einzugemeinden, um sie zu verstehen; um eine Erklärung zu haben für die seltsam einfühlsame Beziehung, die zwischen Mensch und Vogel entstanden ist. Das Rotkehlchen beispielsweise, das an den Nachmittagen auf meinen Balkon vorbeikommt, um dort vom Boden Reste aufzulesen, die den anderen Vögeln von den Futterplätzen heruntergefallen waren, springt ruhelos herum und schaut mich dabei ständig an. Nicht unbedingt nervös, das sind die flatterhaften Meisen, auf mich wirkt es scheu. Als fragte es mit jedem Blick aus seinem schwarzen Auge, ob es darf, was tut. Ob ich gestatte. Und auch wenn es von seiner Form her kaum anders auf mich gebaut wirkt als die Meisen oder Spatzen, so ist es wohl nicht in der Lage, wie diese anderen Arten, die hängende Futtersäule anzufliegen, um dort auf der Stange Platz zu nehmen, um sich mit den Körnern direkt zu bedienen. Am Boden ist sein Platz, ein Reh der Lüfte. Er scheint ihm zugewiesen.