Du musst nicht unbedingt Skateboardfahren können, um das zu verstehen

Der Nachbar lässt die Wohnungen streichen. Das macht man so, ist hierzulande usus im neuen Jahr. Die Leiter des Malers schaut von hier aus so aus wie eine Staffelei. Die Vorhänge sind gebündelt eingepackt in transparente Folie.

Shtëpia juaj është e gatshme për zbardhjen, wie es im Albanischen heißt. Zu Deutsch: »Du kannst dein Haus von innen neu streichen lassen«. Das habe ich von Ismael Kadare erfahren. Aus seiner Geschichte vom Zerrissenen April (Prilli i thyer). Die dortige Camorra fordert, dass nach dem Blutbade (beispielsweise, wenn der hereingeschneite Reisende, der es gewagt haben sollte, den Topfdeckel anzuheben, erschossen ward – und mit ihm dann auch seine fernab lebenden Söhne, die Töchter, die Enkelsöhne und Enkelstöchter und immer so fort) die Innenräume des Familienturmes gänzlich und sämtlich vom darob verspritzten Blute übertüncht zu haben sein sollen. Und müssen.

Wobei das, in meinem Falle und dem meines Nachbarn, lediglich und anscheinend das Turmzimmer betrifft. Und somit zieht dann demnächst dort ein neuer Kandidat ein. Vermutlich eine Kandidatin, denn im LCB, dem Literarischen Colloquium zu Berlin, wird den Dichtern von weiblicher Gestalt stets dies schöne Turmzimmer angewiesen. Man baut (sic!) dort wohl auf einen durch den Ausblick auf den See gemilderten, demnach auch weiblicher zu werdenden Blicke im Sinne der Brontës oder halt gleich Sister Woolf (bei Bedürfnis nach einigen Wackersteinen oder einem festen Mantel bitte einfach bloß formlos schellen, ich wohne gleich nebendran: Herzlich JB) 1987 sollte Thomas Meinecke seinen Text mit Ausblick aus dem Gartensaale abfassen. Au net schlecht.

Der Sturm mit dem Namen Burghild fegte hier um fünf Uhr in der Frühe durch. Das Prasseln der Tropfen gegen meine Scheiben machte mich wach. Und dann schaute ich nach meiner Post. Das ist das Herrliche an meiner Ära, dass ich jederzeit meine Korrespondenz erledigen kann. Sie ist online. Sie unterhält mich.

Bei Hermann Lenz gibt es ja noch diese Eintragungen im Tagebuch, dass er nach dem Nachmittagsessen von Käsebrot und Obstsalat (bereitet von Hanne) ein zweites Mal hinaufgestiegen ist in sein von ihm so genanntes Stüble, um Korrespondenz zu erledigen. Wahrscheinlich hänge ich an meiner Wohnung auch so arg, weil es darin eine Treppe gibt, die ich hinaufsteigen kann. Jederzeit.

Überall zu korrespondieren schmeckte mir nicht! Obstsalat schon.

Ingo ist demzufolge in Tokio. Auch gut. Er schickt ein Bild einer Zeichnung von Fröschen mit Hasen. Ich tippe auf Tommi Ungerer, aber die Bilder, also das von ihm Abgebildete und an mich Verschickte, sind beinahe 2000 Jahre alt.

Unter anderem gab es dort zu essen wohl Wal.