Fifty Shades of Greis

Am Sonntagmittag erschienen weiße Tüpfel am Blau, flüchtig, mit langgezogenen Schlieren dazwischen, als müssten sie gleich wieder los. Im Wald ging ein schöner Wind, der Sandweg warm, eine Kiefer quietschte wie eine Schloßtür auf einer meiner Märchenplatten.

Im Gastgarten des Ausflugslokals wurde schon gegessen, der Wind fuhr dort durch die Hecke und ich fühlte mich sanft geschaukelt. Am Nebentisch ging es um den neuen Pfarrer, er spricht undeutlich. Und die Speisekarte wirft eine Frage auf: Was denn ein Ofenschlupfer sei? Erklärte ich freilich gerne. Es gab eine neue Kellnerin, die hat eine Stimme wie Kimmy Robertson. Die, nach ihrer Rolle als Polizeireviersrezeptionistin in Twin Peaks, später noch einen Staubwedel in einem Film von Walt Disney sprechen sollte. Das war also ein erstes Zeichen. Dann aber brachte sie mir die Käsespätzle, die ich dort immer bestellte, und ich fand die mißraten. Die obere Schicht eingetrocknet, wie unter dem Salamander verpennt. Darunter ganz lustlos. Offenbar hat dort also auch noch der Koch gewechselt. Wieder ein Schneckenhaus mehr, in das der falsche Krebs eingeschlüpft ist. Und ich fragte mich, ob der innere Qualitätssturz meines ehemaligen Lieblingslokals damit zusammenhängen könnte, dass ich den Grünen Baum einst meinem Nachbarn für einen Ausflug anempfohlen hatte — wider meines Empfindens hatte ich mich dazu hinreissen lassen! Denn wo dessen Saum das Land bloß streift, vergeht bald alles Leben.

Aber das Sitzen unter den Greisen dort tat mir gut. Ausgerechnet dort sollte ich erste Lieferungen erhalten. Mir fielen die ersten Sätze ein für den Roman. Das hat ja leider wieder ewig und drei Tage gedauert. Als ob ich es nicht besser wüßte. Weiß ich doch, aber trotzdem ist die Wartezeit sogenannter Inkubation eine Quälerei. Die sollte nun zumindest gemildert werden. Und vom Kirchturm kam um zwei das Glockenspiel »Geh aus mein Herz und suche Freud.«

Kaufte dann auf dem Nachhauseweg der Mutter Fourage vier hängende Geranien ab, rote. Ihrer Ansicht nach die einzigen Gewächse, die auf meinem Balkon gedeihen könnten. Dort geht, was wohl am Wind vom See her liegt, sonst alles ein: sogar Lavendel. Auch Rosmarin. Hatte freilich auch in dem Fall den Nachbarn verdächtigt. Bislang aber blühen die Pflanzen fleißig auf seit ihrer Ankunft in der windigen Bucht.