Frühlingsanfang

Über Nacht ist der See zugefroren. Auf das Eis fällt Schnee, vielleicht ist es auch Graupel, den man ja bloß aus dem Autoradio kennt.

Die meisten Menschen, denen ich je begegnet bin, denen ich je begegnen wollte, sind nun tot. Kein schönes Gefühl.

»Tod in Berlin«—Wie dünn Der Spiegel geworden ist! Bei uns zuhause gehörte der Spiegel zum Guten Ton. Ich erinnere mich an ein telefonbuchdickes Produkt, mit dem ich mich im Klo einschloß, um mir in aller Ruhe die Holocaustgeschichten anschauen zu können. Wenige Fotos damals noch. Schwarzweisse Judenleichen. Ja, damals legte man noch Wert darauf, dass Bad und Klo in getrennten Räumen untergebracht sind.

Spatzen, eigentlich Sperlinge, kommen anscheinend erst dann angeflogen, wenn es sich lohnt. Seitdem ich meinen Balkon zum All You Can Eat ausgebaut habe, fliegen sie andauernd an wie Easy Jet. Aber, auch hier wie die »Orangenfarben gefiederte Flotte«: können sie weder auf der Sitzstange der Futtersäule platznehmen, noch aus dem Meisenknödelgefängnisturm etwas picken. Spatzen sind unverwöhnte Abfallfresser. Sie nehmen‘s vom Boden. Hauptsache reichlich. Das wird auch im Naturkundemuseum in der Invalidenstraße (sic!), mithilfe eines noch aus DDR-Zeiten stammenden Schaukastens plastisch gemacht. Dort heißt die Überschrift Vögel in der Stadt.

Nach einem so kurzen wie strengen (dafür liebe ich sie) Telefonat mit Friederike habe ich verstanden, dass man die Meisenknödel von ihren sie umgebenden Netzen befreien muss, indes die Vögel sie verspeisen können. Jetzt läuft‘s. Der Kleiber sogar überkopf. Am Abend war in dem Knödel eine Grube. Sah aus wie der Todesstern.