Handschläge

Als ob ich an einem x-beliebigem Tage jedem in der Frankfurter Innenstadt meine Hand reichen müsste, um von meinen Gegenübern die Vornamen zu erfahren, bis dann einer endlich, schlussendlich sich mir als Bartholomäus vorstellt.

»Ja, aber bist du es auch – der Bartholomäus im Besitz des Schlüssels zur Zeit?«

Man glaubt sich von Sprache umgeben und ist es irgendwie auch, als Mensch lebt man von Sprache umgeben, die Wörter als ein Fluidum, und dann dauert es doch ewig und drei Tage, um dieses eine, das gedankenlösende Wort zu finden, den Barthel, der aufschließen kann, woraufhin es erst strömt.

Roland Barthes über die Lust am Anfangen. Die Lust am Text. Das Anschneiden des Laibes.

Gestern nahm ich mir das Manuskript noch einmal vor, hatte es schon beinahe vergessen, auch, dass es den Arbeitstitel Wannseeïfication hatte, bloß, oder auch, weil dieses Wort bei Google Nullkommanull Hits erzeugt.

Alles Schrott. Bei Ken Follet wütet im ersten Satz ein Schneesturm. Sowieso von keinem so viel gelernt wie von Rainald Goetz. Als er zu mir frech war und sagte: »Du musst eine Sprache verwenden, die jeder versteht« (damals nach der Lesung mit Ingo Niermann und Thomas Meinecke in Philomenes Galerie in der Schellingstraße 48); und auf meine Frage, wie er das gemacht hat, also leben zwischen Kontrolliert und Rave: »Ganz arm gewesen.«

Seltsam, dass ich eine Zeit lang wie selbstverständlich von Schriftstellern umgeben gelebt haben konnte. Auch Andreas Neumeister war da wichtig, wie er mich prüfend angeschaut hatte, aber halt auch auf seine runzlig freundliche Art. Das war auf einer Feier in der U-Bahnstation an der Maximilianstraße beim Völkerkundemuseum zu München, ich hatte ihm gesagt, dass ich nach Berlin zöge, um Bücher zu schreiben. Und Andreas sagte: »So lange es dich trägt.« Dann ging es um die Sonntagsausgabe der FAZ und er sagte, dass er die nicht lesen wird. Als ich fragte, warum: »Weil ich es gut finde, dass es auch mal einen Tag gibt ohne Zeitung.«