RALF DAHRENDORF BEI DER VORSTELLUNG SEINES PORTRAITS, 1984

Beinahe zufällig – während Recherchen im Internet weiß ich ja nie, wohin die Reise führen wird, weshalb ich auf die mir eingebaute Wünschelrute vertrauen muss – stieß ich durch einen Hinweis auf einen Text, mittlerweile obskur geworden, weil im Internet selbst nicht verfügbar, der mir, aufgrund der natürlich dort verfügbaren Kommentare, vielversprechend erschienen war: David Bowie schreibt über seine Begegnung mit Balthus. Angeblich, so die Kommentare, war der daraus hervorgegangene Text, geschrieben von Bowie selbst, zwanzig Normseiten lang.

Das hat jetzt mehr als zwanzig Stunden gedauert, bis ich diesem Text habhaft werden durfte. Zahlreiche Telefonate, das erfreulichste dabei mit René Kemp, ganz einfach, weil wir dann sekundenschnell über die Malerei an sich und den darum sich molluskenhaft zusammenziehenden Markt, der wiederum und sowieso, genau, sprechen konnten.

Am Nachmittage dann erhielt ich einen blassblauen Scan des Artikels, der ja einst, im Jahre 1994 erschienen war. Zur Lektüre desselben zog ich mich in das Baumkuchencafé zurück, das eigentlich ganz ungemütlich ist, aber was ist schon gemütlich in Moabit?

Besonders ungemütlich wird speziell mir dort der Aufenthalt gemacht, weil der einzige Promi unter den Besuchern ausgerechnet der jüdische Publizist Hendryk »M.« Broder zu sein scheint, mit dessen gerahmten Kolumnen der Vorraum zu den Waschräumen behängt wurde. Broder hat bekanntlich mich in den späten Neunzigerjahren mit einer beispiellosen Schmutzkampagne zu überziehen versucht, auf deren traurigem Tiefpunkt er im Spiegel behaupten durfte, ich sei ein Nazi. Weswegen meine arme Mutter sich lange kaum mehr trauen konnte, auf die Straße zu gehen. Denn zu der Zeit hatte der Spiegel noch Impact. Später dann, sehr viel später, begegneten wir uns persönlich. Mittlerweise war ich erwachsen geworden. Und er (Hendryk M. Broder) hatte sich beim Verlag Axel Springer fest anstellen lassen. Man nennt das goldene Hochhaus in der ehemals Koch-, heute Rudi-Dutschke-Straße auch Journalistenfriedhof. Eines Tages, es war um elf Uhr, traf ich ihn an der Espressobar. Er befummelte seinen Laptop. Ich stand vor ihm auf und sagte: »Herr Broder: Mit Verlaub, Sie sind ein Arschloch für mich.« Er tat ganz verwirrt, machte auf Künstler.

Das Gespräch von Bowie und Balthus ist exzellent!

Auf dem Weg ins Café, den vierfarbigen Ausdruck in der Umhängetasche, war es mir, als hätte ich Gold.