WIE SIND SIE HIERHER GELANGT, UND WARUM HÄNGEN SIE HIER HERUM?

Dann war es so, als ob der Sommer einfach noch nicht gehen wollte. Wie der Letzte auf der Party, man selbst ist schon ganz müde und will ihn aus der Türe schieben, aber ihm fällt immer noch etwas ein.

Das Gespräch mit Bowie endet so. Bloß andersherum. Auf einmal, es gibt darin auch trockene Phasen, auch Wiederholungen, wollen Sie, Balthus und seine Ehefrau, dass er, DB, nicht weggeht. Und dann diese Erinnerung an einen, der nur einen Tag lang zu Gast war. Biblisch in jedem Sinn und auch sonst noch mehr. Ich habe mir Notizen gemacht. Vor allem darüber, wie wenig es eigentlich braucht, um anderen Menschen etwas begreiflich zu machen. Es ist wie mit der Kindererziehung (ach nee!): Man lebt es vor; stellt es dar. Und hofft auf das Gelingen der Performance.

Ich habe richtige Schmerzen, genauer: es ist ein Weh, das ich habe, aber das wußte ich vorher, im vorhinein, dass ich es mir damit zuziehen würde wie einen Spreißel, und totzdem. Für immer und bis alle Ewigkeit wäre ich gerne in dieser Textwelt geblieben. Aber dann fällt der Schuß, dann ist Schluß, es wird taghell und ich musste bald raus aus meinem Paradies. Nun liegt es hinten. Ich schaue es gern an. Und frage mich, wie immer: Warum kann es das mitsamt der Vertreibung nicht noch viel öfter geben dürfen in meinem Leben?

Weil wenn ich erst Patti Smith übersetzen könnte, dann stünde Jeanne erst richtig am Marterpfahle, während auf dem Scheiterhaufen zu ihren Füßen der Walkman verglüht.

Am Schluß des Gespräches geht es schließlich um die eigene Kunst. Um die haben sie stundenlang herumgeredet, freilich auf die allerkultivierteste Art. Und Bowie erzählt von einem Bild, dass er für sein Problem in sich trägt, da fliegt er in einem Flugzeug, das in der Wüste zerschellt, und er geht einfach weiter. Und Balthus sagt »Ganz  genau so muß es sein.«, und dabei fiel mit George Condo ein, den ich, das war kurioserweise in einem anderen Teil dieses Hauses, in dem ich heute lebe, und wir saßen im Hochsommer draußen auf der Terrasse, und Condo hatte sich zum Essen Rouladen mit Rotkohl gewünscht. Ich zeigte ihm meine Tättowierung, nach einem seiner Gemälde, aber das interessierte ihn nicht so sehr wie dieser Film, den er gerade gesehen hatte. Es war irgendwas mit einem Piloten, ich kann mich auch nicht mehr gut genug daran erinnern, wer der Hauptdarsteller war — wahrscheinlich Will Smith?, aber er beschrieb uns diese eine Szene, wo der alkoholkranke Pilot von den Leuten der Luftfahrtsgesellschaft aus dem Hotelzimmer abgeholt wurde, ganz einfach, weil er für sie fliegen mußte. Ich glaube, sie hatten ihm sogar Kokain gegeben, gegen seinen Rausch. Und Condo sagte, mehr sagte er nicht mehr, soweit ich mich erinnerte: »I’ve got to land the painting. Land the painting.«

Daran mußte ich denken, heute. Dass es wirklich so ist.