The Winner Takes it All

Später, beim Verlassen des Waldes, fand ich auf den grell erleuchteten Gehwegplatten das erste Tagpfauenauge in diesem Jahr. Es saß dort und hielt seine Flügel mit der Schauseite offen, ventilierenderweise. Sind das Sonnenkollektoren? Mein Vater hätte ihn, beim Anblick des Insekts, einen Metterschling genannt. Von ihm habe ich vermutlich meine Lust an der Sprache. Von ihm und von Arno Schmidt. Ich habe zwei Väter. Ich bin zwei Öltanks.

Im Wald: Ein Vogel bahnte sich zwitschernd seinen Weg durch den Parcours aus bloßen Stangen. Schnirren eines weit entfernten Spechts. Meisenmachos behaupteten ihre Plätze durch leuchtturmhaftes Tsitsi-Bäh. Nur die Krähen sangen noch das Winterlied. Einen anderen Text können die sich nicht merken.

Es muss um diese Zeit im Jahr gewesen sein, dass Ernst Ludwig Kirchner und die Artverwandten ihre Bilder malten - zumindest ihre Inspirationen dazu empfangen haben, mit den bläulichen Baumschatten und dem glühenden Grund. Im Gasthaus Grüner Baum hängen einige davon. Auf einem ist ein abenteuerlich ausgefurchter Weg hin zur Kirche auf dem Montmartre zu sehen. Ein anderes zeigt einen ländlich gekleideten Mann, der, mit einer Pfeife zwischen den Lippen, auf einer Stehgeige streicht. Ich bin wie einer dieser Wirtshausmaler. Meine Bilder werden niemals im Louvre gezeigt. Was ich malte, ist zu flüchtig gewesen, zufällig. Vielleicht kenne ich auch einfach die falschen Leute.

Beim Verzehr meines Beutelsbacher Filettopfes mit Spätzle stellt sich Behaglichkeit ein. Draußen noch immer die Sonne, die Glocke am Kirchturm schlägt um 12 Uhr nicht Geh aus, mein Herz, sondern einfach bloß Läuten. Mir ist das recht, da wird mir die Schwere des Gerätes akkustisch fassbar gemacht; nichts lenkt mehr davon ab, wenn der Glockenkelch gegen den Schwengel stößt.

Indes füllt sich der Gastraum mit Greisen. Am Nebentisch unterhält sich ein Vater mit seinem Sohne, dem er, das stellt sich während des Weinflaschenverkostens, des Durcheinanderbringens der Menüreihenfolge und etlichen Extrawürsten heraus, die von ihm selbst begründete Immobilienberatungsfirma noch zu Lebzeiten überantwortet hat. Aber der Sohn schlägt sich wacker. Zumindest klingt es danach. Der Vater, ganz in Bronze gekleidet, hat die Kopfform von Nick Knatterton. Und einen Mund wie ein Bankomat. Gleich spuckt er Scheine aus.