Disco in Dhaka

Reportage
zuerst erschienen am 29./30. April 2000 in Berliner Zeitung Magazin, S. 5
Fassung des Autors

Die Türsteher in den violetten Livrees sind devote Diener. Die fünf haben viel zu tun, hier, wo sonst alles langsam, „morgen, morgen“, vorangeht, ist das, was sie haben, Hektik. Trotzdem sind sie untertänig, so überhöflich, daß es nicht mal mehr höflich ist, sie haben den Kopf nach vorne gebeugt, schauen keinem richtig ins Gesicht. Aber sie tasten jeden Mann ganz genau ab. Die Frauen nicht. Bei Allah, da müssen sie natürlich Abstand halten.

Dagegen wirken die Soldaten in Kampfanzügen selbstbewußt. Sie lungern an der schimmernden Marmorwand herum, ihre Maschinenpistolen geben ihnen das Gefühl der Macht. Sie versuchen, gelangweilt zu wirken, doch hin und wieder können sie nicht anders, sie schauen neugierig zu, blicken sogar den jungen Frauen ins Gesicht.

Es ist fast Mitternacht, das Licht in dem Las-Vegas-artigen Foyer ist künstlich golden. Vier Mädchen kommen die Stufen hoch, alle sind schön, eine wunderschön. Sie ist wohl zwanzig, einundzwanzig. Ihr Gesicht unverschleiert, ihre Kleopatra-Nase und ihre Wangenknochen markant, ihre Augen groß, tief, dunkel, die Brauen dünn und schwarz, ihre Stirn majestätisch hoch, ihre Haut ganz leicht braun, makellos glatt. Ihre Schönheit schimmert, ruft, drängt. Ein paar schwarze, lockige Haarbüschel sind zu sehen, sonst aber ist sie von weißer Baumwolle verdeckt, ihre Figur ist nicht zu erkennen. Zwei junge Männer in schwarzen Anzügen gehen hinter den Mädchen, vier, fünf Schritte Abstand.

Sie, die Schöne, wird zum Aufzug geleitet. Die Soldaten schauen ihr nach. Sogar einer der Untertanen in Livree. Jeden durchsuchten Besucher und seine Begleiterin geleiten sie einzeln die acht Treppenstufen und die paar Schritt zum großen, glänzenden Aufzug, mit der rechten Hand deuten sie hinein, machen devot ihre Verbeugung. Der Aufzugfahrer und die Gäste müssen fünf Minuten warten, dann sind fünfzehn Menschen drin. Es geht los, ab in den siebten Stock. Rein ins Vergnügen.

Donnerstag, in Dhaka, der Hauptstadt Bangladeschs. Das Land ist arm, hat 180 Millionen Einwohner, Dhaka offiziell acht, in Wahrheit aber zehn, vielleicht sogar zwölf und eine Disco. Dhaka wächst zur Zeit schneller als die meisten Großstädte der Welt, die Slums, Wellblechhütten für die Armen, Basthütten für die ganz Armen, wuchern. Staatsreligion in Bangladesh ist der Islam, Alkohol natürlich verboten. Der Donnerstag ist, weil Freitag hier Sonntag ist, unser Samstag oder Freitag oder beide zusammen, der Tag jedenfalls, an dem was abgeht. Wenn man Geld dafür hat.

Die einzige Disco im menschrenreichen bitterarmen Land, das Tramps, in einem der Hochhäuser im Nobelviertel Banani: In der Nähe sind die Villen der internationalen Hilfsorganisationen, auf den Straßen lungern mehr bettelnde Kinder und Frauen als in anderen Vierteln. Hier könnten sie was abbekommen.
Wenn wo Reichtum ist in diesem Land, dann hier. Es gibt Villen mit drei Meter hohen Mauern und Stacheldraht oben drauf. Da wohnen die reichen Bangladeschi. Reich heißt hier unfassbar reich, wegen des Gegensatzes.

Trotzdem, einige der Hochhäuser sehen auch in dieser Gegend aus wie verfault. Die unteren acht bis zehn Stockwerke sind fertig und werden als Büros genutzt. Dann ragen noch mal einige Etagen rostige Metallträger hoch, waagrecht und diagonal durch weiteren Rost miteinander verbunden, spießen sie den Himmel.

Der Abedin-Tower, etwas zurückversetzt von der Banani-Hauptstraße hinter dem Iqubal-Tower, hat vierzehn Stockwerke, er ist einer der wenigen kompletten, drin ist eine Einkaufspassage, einige Restaurants, Büros. Davor sitzen und liegen, auch jetzt um Mitternacht, magere, nackte Kinder, heben immer wieder die Hand, betteln mit Piepsstimmen. Dreijährige, vierjährige im Matsch, neben Kühen. Einige Feuer lodern und sorgen für Sicht. Die Kinder sind dreckig, hungrig, großäugig. Vielleicht sind sie älter. Das ist schwer zu schätzen, weil Kinder in Bangladesch kleiner und dünner sind als Gleichaltrige in anderen Ländern.

Sie werden nie hoch in den Tower kommen, für sie wäre das Nirwana. Aber eigentlich ist es dort kitschig, zu leuchtend, schrill, amerikanischer Stil, nicht wirklich schön: Die Aufzugstür öffnet, der Fahrstuhlführer deutet freundlich lächelnd mit der rechten Hand nach vorne, zwei Diener verbeugen sich, deuten dabei gleich weiter auf den Eingang des Tramps, eine große Glastür, undurchsichtig.

„Rhythm is a dancer“ dröhnt laut heraus. Die Musik im Tramps läuft immer etwas schneller, selbst die Balladen rasen hier. Der DJ sagt, das sei Absicht, die Leute sollen tanzen. Er scheint zu wissen, was er macht, seine Übergänge sind glatt und sauber, sie passen, wirken aber viel zu clean. Die Musik-Mischung ist seltsam, ergibt keine Einheit, es kommen die Corrs, Janet Jackson, ein House-Teil, Ace of Bass, „House, Un dos tres Maria“, in der Reihenfolge, ohne Pause.

Der erste Eindruck der Disco: sieht in etwa so aus wie das „E 1“ in Eppingen im Herzen des Kraichgaus, Mitteleuropa, um 1982. Die Tanzfläche des Tramps hat allerdings Parkettboden, sechs mal sechs Meter, drumherum ist roter, richtig tiefer Teppichboden. Zu den Zweier- und Vierertischen am Rand des Raums muß man waten. Die Lautsprecherboxen hängen an der Decke. Einige Spiegelsäulen stören die Übersicht.

Vorne an der Gardarobe passiert jetzt etwas, das so sexy ist, daß … vor allem in einem Schleier-Land wie diesem, … die schönen Mädchen ziehen sich die Saris über Kopf aus. Darunter hat sie, die wunderschöne, ein extrem geschlitztes gewagt oranges Seidenkleid an. Einer der beiden Anzugsmänner gibt ihr Schuhe mit Absätzen, die sie umhertänzelnd und dabei lachend anzieht. Sie wirft ihm die Sandalen zu, lacht dabei richtig toll.

Mit den Klamotten hätte sie 1985 perfekt ins „E 1“ gepasst. Nicht besonders stilvoll, aber auch nicht friseusenhaft, nicht zuviel Klasse, aber richtig auffällig. Die Röcke der andern sind kürzer als in Europa üblich. Nein, stimmt nicht. So kurz wie Miniröcke nun mal sind, nur wirken sie in Bangladesch viel kürzer. Wegen des Kontrasts. Hier sind sie obszön.

Eine Film-Szene: Vier Mädchen werfen ihre Panzer ab, kommen aus dem Nichts, tauchen plötzlich auf mit der Wirkung eines Hammerschlags, sind da, um wahrgenommen zu werden. Lachen, Lebenslust, Spannung, Knistern. Alle vier auf Stöckelschuhen. Die Anzugsmänner nicken zum Abschied und gehen, die Mädchen ignorieren die Leibwächter und suchen sich einen Tisch.

Sie hat einen Namen, will aber namenlos bleiben, ihre Familie ist reich, Import, Politik, Immobilien, Textilien. Die anderen sind auch Oberschicht, mit Familien in Handel, Textilien, Zeitungen, Speditionen, Immobilien. Sie waren alle einige Jahre in England auf dem Internat, eine kurz auch in der Schweiz. Die mit der Kleopatra-Nase studiert zur Zeit in Dhaka, offiziell studiert sie zumindest. „Business“. Ihr englisch ist gut. Sie ist konversationsgewandt, lacht viel, ist aber anfangs etwas zu hysterisch, denkt, alle wollen sie nur anmachen. Die Schutzmaßnahmen, „Get off, leave me alone“ oder „Don‘t give me your shit, fuck off“, wirken übertrieben. Haben aber einen Grund. Hier ist alles anders als draußen in Dhaka, hier ist das Miteinander der Geschlechter ganz anders. Bei diesem Ausflug in die für sie frivole andere Welt knistert es, muß sie aufpassen.

Das Tramps war mal gedacht für Airline-People und Embassy-People. Also für Europäer, Amis, Australier. Deshalb hat die Disco eine Alkohol-Lizenz, das ist eine absolute Seltenheit. In Dhaka gibt es eine Alkoholgegend, nahe der Badda Road. Einige Hütten, aneinandergeklebt, dunkle Gassen. Wer vorne reingeht, muß hinten raus, es gibt keine anderen Ausgänge aus dem Labyrinth. Hier wird Schnaps aus Zuckerrohr gebrannt, solcher, der blind machen kann. Er heißt Kervu, ist illegal und teuer, nur was für wirkliche Alkis. Aus Sicherheitsgründen sollte man nach Mitternacht kommen. Die Polizei drückt zwar die Augen zu, ab und zu sind jedoch Razzien, pro forma, meist so um zehn, elf. Aus Sicherheitsgründen sollte man eigentlich gar nicht herkommen. Als Europäer kann man nicht herkommen.

Aber man kann ins Tramps. Anfangs waren da, wie geplant, nur Leute aus dem Westen, die tranken, tanzten, ließen die Sau raus, was in Dhaka nicht so leicht zu machen ist. Dann folgten nach und nach die Einheimischen. Die richtig Reichen. Die oft in London und in der Schweiz sind, die Geld in den USA angelegt haben. Deren vergnügungssüchtige, gelangweilte Kinder.

Inzwischen stellen die Bangladeschi die Mehrheit im Tramps. Heute nacht sind dreihundert Menschen hier. Zwanzig Europäer und Amis, in Jeans, einige mit Baseball-Kappen, falsch herum. Es hat sich noch nicht bis hierher herumgesprochen, daß das nicht mehr geht. Sonst aber nur Einheimische, herausgeputzt, Männer in Anzügen, Frauen übertrieben geschminkt, sehr sexy angezogen. Bei ihr, der Kleopatra, zeichnen sich die ganze Nacht über immer wieder mal die Brustwarzen ab unter ihrer weißen Bluse. Noch mal, hier in Bangladesch, am Rande der islamischen Welt, ist das völlig …

Es läuft der Titanic-Soundtrack mit einem harten Beat daruntergemischt. Auf der Tanzfläche: ein Mädchen im Sari, die schwarzen Haare als Dutt hochgesteckt. Sie tobt, ihre Arme fliegen unkoordiniert durch die Luft, ihre Augen strahlen, sind oft zu. Weite, schnelle Schritte in alle Richtungen. Sie wirbelt, Schweiß läuft ihre braunen Wangen hinunter, der Kragen ihres Saris wird naß. Sie kreischt, hüpft in die Luft, landet, dreht sich ganz schnell mehrmals um sich selbst. Ihr Begleiter hört auf zu tanzen, schaut sie erstaunt an. Was läßt die Frau hier raus? Sie öffnet ihre Haare, wirft den Kopf nach hinten, die schwarzen Haare sind sehr lang. Sie wirbelt weiter im Kreis. Verzückt.

Die Kellner tragen Smoking mit Fliege. Bringen ungefragt Bier in Riesenglaskübeln. Zwei Liter. Ein Kübel kostet 600 Taka, davon können die sechs bis acht Bewohner einer Basthütte zwei Wochen leben. Der Eintritt ins Tramps kostet 400 Taka. Es gibt kleine Biergläser, ein halber Liter, 150 Taka. Soviel kostet hier auch eine Cola. An den Straßenständen bekommt man eine für 10 Taka.

Die Tanzfläche ist voll. An den Tischen sitzen noch einige. Einige dicke, alte Männer. Im Tramps ist leichter Männerüberschuß, nicht dramatisch, wirklich nur ein leichter. Frauen tanzen miteinander, Paare, einige wenige tanzen für sich allein. Die älteren Männer schauen, Bierhumpen in der Hand, offensiv auf die Tanzfläche. Wenn sie rauchen wollen, holen sie sich die Prestige-Marlboros, ein Symbol für Reichtum, aus der Schachtel und die Smokingträger kommen angesprintet, geben Feuer.

Die Frau im Sari auf der Tanzfläche kommt zurück ins Jetzt. Sie steht auf der Tanzfläche, hält sich an den Schultern ihres Begleiters fest, lächelt zufrieden und erschöpft, es ist eine postkoitale Szene. Er küßt sie schnell auf die Wange. Sie lächelt. Einige der dicken Männer an den Tischen sind geschockt, völlig aus dem Konzept. So was geht in Bangladesch eigentlich nur daheim, wenn alle Türen zu sind.

Der DJ heißt Farhand Nadeem, ist 26, macht tagsüber nichts anderes als MTV schauen. Er legt großen Wert darauf, daß er nicht das asiatische Programm sieht, „sondern Western-MTV“. Wie alle DJs kann er endlos über Musik reden, hat eine Philosophie, die, stark verkürzt heißt: Die Leute müssen tanzen und
ich wäre eigentlich gerne in London oder New York und irgendwann einmal werde ich da auch hinkommen. Eine Zeitlang hatte das Tramps einen englischen DJ. Der bildete nachmittags fünf Einheimische aus, auch Farhand. Ich denke, ihm fehlt der kulturelle Background, um ein richtig guter DJ zu werden. Er hat vor fünf Jahren zum ersten Mal Popmusik gehört.

Das Tramps hat zwei Räume, die Disco und nebenan noch eine Disco. Zur Zeit läuft in beiden die gleiche Musik. Um zwei ist aber drüben ein anderer DJ und der wird eher langsamere Lieder und die einiges ruhiger spielen. In dem Raum kann man sich besser unterhalten, in den Raum dürfen nur Paare. Eigentlich. Er hat kein Parkett auf der kleinen Tanzfläche. Nur Sessel an den Tischen, keine Stühle wie drüben. Manchmal laufen hier Hollywood-Filme, Mittwochs. An einer Wand eine Leinwand. Letzte Woche Striptease mit Demi Moore und noch „ein gewagter Film“, dessen Namen das schöne Mädchen vergessen hat. Für die nächsten Wochen sind angekündigt: Two Moon Junction, Heat, Sea of Love, Casino. Die Filme kommen an den eher schlappen Tagen, Dienstags und Sonntags.

Das Tramps hat nicht zwei Räume, das Tramps hat drei Räume, die beiden Discos und dann ein kleines, dunkles Kabuff, in dem Bunty Islam sitzt. Der Besitzer. 46 Jahre alt, richtig fett. Kommt früh, setzt seine drei Zentner in seinen Stuhl auf Rollen, sitzt, bis das Tramps am frühen Morgen schließt, bewegt sich nicht. Schaut durch die Glaswände den Tanzenden zu. Die können ihn nicht sehen, nur er kann rausschauen. Er hat kein Licht an in seiner Kommandozentrale, weil Licht vielleicht zu erkennen wäre von der Tanzfläche aus.

Bunty Islams linkes Auge ist starr, die Fettwulste auf den Wangenknochen machen seine eigentlich großen Augen klein, er sieht schlecht aus und sagt: „Es war Zeit für eine Disco in Bangladesch. Ich habe einen Antrag gestellt, die zuständigen Behörden wußten nicht, was eine Disco ist. Die sahen nur die Alkohol-Lizenz, die ich wollte und die Worte für Ausländer und haben irgendwann ja gesagt. Ich hatte ihnen gesagt, nur für Mitglieder und Paare. Aber es hat lange gedauert.“ Das sei aber normal in diesem Land. Die ganze Zeit, während er spricht, hält er seine linke Hand hoch und reibt den Daumen auf Zeigefinger und Mittelfinger. Das heißt, daß er schmieren mußte. In der rechten hat er sein Siemens-Handy und spielt damit. „Den Namen habe ich vom Club Tramps in London, da war ich mal drin.“ Er lacht so stark, daß der Stuhl auf Rollen sich bewegt. Er bekommt einen Schreck und grunzt: „Nein, ich habe noch nie getanzt.“

Bunty Islam hat mehrere Video-Shops, importiert Kassetten und auch das Tramps sei ein gutes Geschäft. Er spricht mit mir, schaut mich aber nicht an, er schaut die ganze Zeit durch die Scheibe. Jetzt habe er keine Zeit mehr, sagt er. Ich drehe mich um. Da sind die vier Mädchen und tanzen zu „Safety Dance“. Bunty Islam schaut sie an, sie sehen ihn nicht. Eine beugt sich mit dem Oberkörper nach hinten, bewegt dabei die Arme im Takt, natürlich ist ihr Busen so stark betont, sie steht, geht dabei aber nach hinten in die Knie. Die Knie biegen sich immer weiter, ihre linke Hand berührt den Boden und stützt ihren Körper. Sonst würde sie nach hinten fallen. Sie hat einen weißen Slip an, der im kurz Schwarzlicht schimmert, auch durch Bunty Islams Scheibe. Das ist, in einem Land, in dem Frauen unbedingt als Jungfrauen in die Ehe müssen, …

Sie schnellt hoch. Die Mädchen tanzen wild. Jetzt kommt Trockeneisnebel. Einige auf der Tanzfläche kreischen, einige gehen zu den Tischen. Der DJ blendet über zu Donna Summers „Hot Stuff“. Bunty Islam merkt, daß ich noch da bin und sagt, während das Handy sich in seiner rechten hektisch bewegt: „Gehen sie raus!“ Dann, um es nicht wie einen Rausschmiß klingen zu lassen, „amüsieren sie sich, sie sind mein Gast, tanzen sie!“

Die Schönen trinken Bitterlemon und erklären, daß sie natürlich nicht mit Fremden tanzen können. „Das geht hier nicht, wäre schlecht für den Ruf“, sagt die Schöne. Die vier zählen auf, was für Musik sie mögen. Backstreet Boys sind in Bangladesch anscheinend bäh, House gerade angekommen. „Ich muß weinen, wenn ich den Titanic-Soundtrack höre, das geht an mein Herz“, sagt eine, die eine verrucht tiefe Stimme hat. Eine andere, es ist die, die vorhin so wild auf der Tanzfläche tobte, zuckt die Schultern. „Die Musik ist nicht so wichtig. Das Tanzen ist es.“

Es bahnt sich eine Art Konversation an, doch da schaut die Kleopatra auf die goldene Uhr. Es ist zehn vor vier. Sie sagt: „Sie müssen jetzt unseren Tisch verlassen.“ Darüber reden wir noch kurz. Aber auch die anderen drei sagen, obwohl es vorher doch ein nettes Geplauder und, wie ich fand, ein guter Einstieg zu der Frage nach dem Verhältnis zwischen Dolce Vita in der Disco und den Hungernden unten auf der Straße war, wir haben das Thema angerissen, die Mädchen müssen aber, so mein Gefühl, noch mal erklärt bekommen, wo ich das Problem sehe, aber wie gesagt, auch die andern drei werden plötzlich hart und streng und sagen: Weg hier! Und ich gehe.

Gerade noch rechtzeitig. Die beiden Männer in den schwarzen Anzügen kommen, die Mädchen stehen auf, gehen am mir vorbei ohne zu nicken, zu lächeln oder was zu sagen. An der Garderobe eine markante Schlußszene: Sie ziehen ihre nivellierenden Baumwollumhänge über die Disco-Klamotten, schlüpfen in flache Sandalen, geben den Leibwächtern die Stöckelschuhe. Und verlassen Disco Dhaka. Die Leibwächter, einige Schritte hinterher, packen die Schuhe in eine Ledertasche. Die goldene Aufzugstür geht auf, der Liftboy beugt den Kopf nach unten. Sie steigen ein. Ende.

Das wäre eine gute Schlußszene. Doch es kommt noch eine: Unten steigen sie in eine schwarze, amerikanische Riesenlimo, in der ein Chauffeur sitzt, alle vier und die beiden Leibwächter. Die vielen kleinen Kinder, die teilweise wach waren, teilweise aber aufgewacht sind, weil was passierte, betteln vergeblich.