Ansprechen
Seitdem irgendein Faulpelz mal gesagt hat, es gefalle ihm, wenn das Mädchen „beim Kennenlernen den ersten Schritt unternimmt‘, ist es keine Besonderheit mehr, wenn auch Frauen mal den Mund aufmachen. Dagegen ist prinzipiell ja auch nichts einzuwenden, leider aber reden sie dann meist wie Jungs: „Zigaretten? Feuer? Kenn‘ ich dich nicht von der Party von Jeremias Rumpelbacher?‘ Oder: „Ich beobachte dich schon die ganze Zeit und würde dich gern zu einem Drink einladen.‘ Tausend Fehler sind drin in diesem Satz: Beobachten, das klingt nach Überwa-chung, die ganze Zeit, das klingt nach Verzweiflung – das Beste an dem Satz ist der Drink, und dass es ihn umsonst gibt, aber die Einladung verwirrt den Jungen, ist ja eigentlich seine Sache.
Sicher: Der erste Satz ist wichtig, damit es einen zweiten gibt, aber kein Junge erwartet zu Anfang Poesie – allein, warum das Mädchen ihn anspricht und was es an ihm reizt, interessiert ihn, seine Außenwirkung also.
„Du siehst aus, als hättest du einen Hund!‘ – das klingt zwar angestrengt, aber ist klug. Denn selbst wenn ich keinen Hund habe, interessiert mich ja, warum ich so aussehe, als hätte ich einen. Auch ein Kompliment wie „Schöne Schuhe!‘ kann funktionieren, denn es zeigt, dass das Mädchen auch Details bemerkt – und Details sind wichtig, wenn es irgendwann später um Dinge wie das Mitsingen von Beach-Boys-Liedern geht oder darum, ob ihr der Lippenstift steht oder nicht.
Am besten aber beginnt ein Mädchen gleich mit der einfachsten und ehrlichsten Frage der Welt: „Und? Wer bist du so?‘ Das macht sofort klar, worum es geht: mehr wissen zu wollen über den Jungen und herauszufinden, ob ihre Begeisterung einen guten Grund hat. Das Glück der Mädchen: Selbst wenn mal die Sprache versagt, müssen sie nicht gleich zusammenbrechen und aufgeben, denn den Jungs gegenüber haben sie einen unschätzbaren Vorteil – dass sie eigentlich gar nichts sagen müssen, sondern es schon reicht, wenn ein Mädchen irgendwie den Mund verzieht oder seltsam mit den Augen rollt. Dann nämlich ist der Junge wieder dran und kann sagen: „Was zum Teufel ist denn mit deinen Augen los?‘ Aus solchen Dialogen entstehen in der Regel die hübschesten Paare. (Marc Fischer)