Jener Sommer

Portrait
zuerst erschienen im Juli 2011 in Die Zeit
Bernd Cailloux war dabei, als 1968 die Welt umgekrempelt wurde. Das Heldenmilieu hat sich aufgelöst, und er ist übrig geblieben

Bernd Cailloux hatte eigentlich damit gerechnet, berühmt zu werden. Wäre er berühmt geworden, als Schriftsteller, als Chronist, als Überlebender der westdeutschen Studentenrevolte, hätte er zu jedem Jubiläum und Jahrestag in Talkshows und im Radio, in Zeitungen und Magazinen von diesem längst vergangenen Sommer 1968 erzählen können, der eigentlich viele Jahre dauerte. Er wäre bei Maybrit Illner und Anne Will, er könnte jedes Mal von Uschi Obermaier, von den revolutionären Tagen und Nächten, von der ersten großen Jugendbewegung Deutschlands erzählen. Er wäre die schnörkellose Abwechslung neben den Erinnerungsprofis Joschka Fischer oder Rainer Langhans.

Bernd Cailloux fehlte, als 2008 dieser Sommer unter die Lupe genommen wurde und sich die deutsche Diskursgemeinde verhielt, als sei sie noch ganz verkatert von dem orgiastischen Ausbruch. Die 68er wurden im Jahr 2008 zu einer Hassgeneration – zu hedonistisch für die einen, zu faschistisch für die anderen, man behauptete sogar, die Republik stünde noch immer unter geheimer Führung der 68er, die einen unvergleichlichen Aufstieg ins Establishment geschafft hätten.

Weil Bernd Cailloux dabei war, als die Welt umgekrempelt wurde, schrieb er einen brillanten Roman darüber: Das Geschäftsjahr 68/69 . Das Buch hätte einschlagen müssen wie eine Abrisskugel. Es hätte die schöne Fassade aus Toskana-Revolutionären, Ströbele-Fraktionen, Fischer-Folklore wegreißen können. Tat es aber nicht. In dem Roman berichtet sein Ich-Erzähler, wie es war, 1968 mit einer Idee, mit einer Vision eines neuen Lebens, jedenfalls mit großem Idealismus eine Revolution in Deutschland anzuschieben. Doch unterwegs begannen Idealismus und Revolution sich aufzulösen, im Geld, in Drogen, im Erfolg. Die 68er, erzählt Cailloux im Roman, haben recht eigentlich erst das Denken in Projekten erfunden. Mit der Erfindung des Stroboskops verdienen seine Romanfiguren das große Geld, in dem „Geschäftsjahr 68/69“ werden sie Millionäre, und die Gruppe bricht auseinander. Fünf Jahre Koks, Geld, Partys halten sie durch, dann zerreißt alles vor ihren Augen. Man wacht auf und hat Hepatitis, hat das Geld verprasst, den Anschluss an Realität und Freunde verloren.

Das Buch verkaufte sich, als es 2003 erschien, um die 15.000 Mal. Die Kritik lobte das Buch. Gut geschrieben, hieß es, schnell, witzig, schmutzig, schön, Club und großes Geld, Drogen und Düsseldorf. Alles drin, was in einen Pop-Roman reinmuss. Was das Jahr 68 war, kann man auf 253 Seiten nachlesen. Cailloux leistete Trauerarbeit um einen deutschen Mythos, der sich am Ende beinahe banal zusammenfassen lässt: Beim Geld hört die Freundschaft auf. Die Revolution. Alles wurde zur Firma. 1968 zu einer Marke.

Zur Gründung der Zentralen Intelligenzagentur in Berlin wurde das Video Geschäftsjahr 2006/2007 gedreht, das man auf YouTube sehen kann, und Kathrin Passig, Mitbegründerin der Agentur, verteilte an alle Mitglieder Cailloux’ Roman. Als eine Art Warnung. Ina Hartwig schrieb über Das Geschäftsjahr: „Der Ich-Erzähler lamentiert nicht.” Später ist klar, es gibt nur einen, der nicht lamentiert, und das ist Bernd Cailloux als Bernd Cailloux.

Erste Frage: Wie war das mit den 68ern? Sind sie die Guten? Bernd Cailloux schaut in den Raum, als suche er den Notausgang, dreht sich eine Zigarette, steht da wie ein verschlossener Schrank, bestellt sich eine Cola. Café Einstein, das Stammhaus natürlich in der Kurfürstenstraße, es bröckelt ein bisschen das Leder von den Sitzen. Am Morgen hat er noch an seinem zweiten Roman mit dem Arbeitstitel Mein Leben Teil 2 und 3 geschrieben.

„Hören Sie mal. 68, das können Sie sich vielleicht nicht vorstellen, da haben die Omas auf den Straßen mit den Regenschirmen um sich geschlagen, weil wir lange Haare trugen. Deshalb gab es 68 ja überhaupt.“ Er ist dünn („Ich nehme nicht viel zu mir“), hat tiefe Falten im Gesicht und ist blass. Wirkt gelangweilt. Oder müde. Er raucht nur in Gesellschaft. Maximal vier am Tag, während wir uns treffen: vier in der Stunde. „Ich rauche schon wieder so viel“, sagt er und schaut vorwurfsvoll in die Augen seines Gegenübers.

An einem Tag im Jahr 68 ff. setzte sich Bernd Cailloux eine Opiumspritze und drückte sich nicht nur den himmlischen Frieden, sondern auch das Hepatitis-Virus ins Blut, das er erst vor ein paar Jahren mit einer Interferontherapie aus seinem Körper herausbekam. „Pamela Anderson”, sagt er, „hat es auch versucht, aber die Interferontherapie ist hart und unangenehm. Sie hat’s nicht geschafft.“ Cailloux ist auch Soldat. Er ist streng. So einfach kommt ein Virus nicht davon. Er hat es erledigt. Damals aber sei das Opium „nicht zufällig in die Runde gefallen. In einer Zeit voller Fremder ist es das Harmonium gewesen. Sofort fühlt man sich, egal wo und mit wem, zu Hause und geborgen. Alle sind dann sofort Freunde.“ Das „echte“ Opium kam über die GIs direkt aus Afghanistan. „Ein Jahr stand es auf meinem Speisezettel.“ In den siebziger Jahren war dann von der Revolution nur noch das Opium übrig geblieben, Cailloux hat Freunde und Bekannte auch an die Droge verloren. Er hat versiffte Wohnungen und die zittrigen Junkies gesehen, sich selbst schließlich aber ins Schreiben und nach Berlin gerettet. Von dem Geld, das er und seine Geschäftspartner mit dem Verkauf des Stroboskops verdient hatten, blieb nichts übrig.

Noch ein Versuch: Was haben die 68er erreicht? Und warum trotzdem verloren?

Die Unruhen haben natürlich die Welt verändert, einerseits, sagt er, dann blickt er auf die Straße, Sommer in Berlin, viel weißes Fleisch in weißen Socken. Er stöhnt. „Aber das haben wir nicht gewollt. Das ist wohl auch ein 68er-Erfolg: das T-Shirt für alle, die Boxershorts, die Hawaiihemden, Surferhosen.“ Pause. „Niemand hatte vor, dass jeder Mann Shorts trägt.“ Wie kam es, dass Bernd Rabehl und Horst Mahler und Rudi Dutschke 1968 in einem Interview für das Kursbuch erzählten: Wer die Revolution nicht mitmachen wolle, dem stelle man frei, auszuwandern. Also implizit allen alten Menschen, Gegnern und so weiter. Wie kommt es, dass nun aber Dutschke tot ist, die anderen beiden ganz weit am rechten Rand zu finden sind? „Mit denen habe ich nichts zu tun und will ich nichts zu tun haben.“ Er wird wütend. Pause. Das Diktiergerät nimmt Vogelgezwitscher auf. „Ich überlege mal, das können Sie so ja nicht aufschreiben.“

Wollen wir ein Stück gehen? „Ja.“ Dann gehen wir. Jetzt ein Versuch im Gehen: Und wie hat das mit dem Schreiben angefangen? Vielleicht sei es gut gewesen, sagt er, all das Geld zu verlieren. Von Düsseldorf kam er nach Hamburg, man machte sich generell nicht so viele Sorgen, was man mit seinem Leben anfangen solle, also schrieben alle oder machten Musik, wurden Künstler, dann zog es ihn wegen einer Frau nach Berlin, so kam er in den Siebzigern nach Schöneberg. Ins Schreiben, sagt er, sei er gewissermaßen reingerutscht. Nicht unpassend: Die 68er haben sich vor allem durch Sprache, durch ihr Vokabular abgegrenzt. Cailloux bringt zu jedem Treffen Notizzettel mit, gibt Literaturhinweise, hat die Fußnoten immer am Mann. Es ist die Seminarmentalität seiner Generation. Manisches Lesen und Schreiben. Und dann eben: Weiterschreiben. Weitermachen. Weitergehen.

Mit Bernd Cailloux biegt man nicht einfach um die Ecke, man betritt in jeder Straße eine neue Zeit. Schöneberg. Das Zentrum von Westberlin – jedenfalls bis zum Fall der Mauer. Straße um Straße: Marlene Dietrich. Jüdische Intellektuelle um den Bayerischen Platz. Gottfried Benn. Reich-Ranicki ist um die Ecke zur Schule gegangen. Später Liza Minelli und das Musical Goodbye To Berlin. Dann David Bowie. Neue Deutsche Welle. Die Schöneberger Unruhen in den achtziger Jahren gaben, obwohl die jungen Hausbesetzer eine gute Generationsschicht unter der Cailloux’ lagen, den alten 68ern neuen, unerwarteten Schwung. Während die schwäbischen Autonomen entspannt auf den Dächern frühstückten und unten die Polizei mit einem Rammbock das Haus zu erobern versuchte, radelten Ströbeles herum und organisierten Abendsitzungen, wieder politische Programme, wieder Transparente. Der zweite Versuch, die Welt zu verändern oder wenigstens einen Kiez, scheiterte schnell. Zu „schluffimäßig“ seien die jungen Leute in den besetzten Häusern gewesen, mehr Künstler als Politiker.

Heute hat längst eine neue Dekadenzphase Berlins begonnen unter dem Motto: Geh in eine Bar, und komm mit einem Job wieder heraus. Jetzt gibt es frisch gepresste Zitrone mit Cranberrysaft und Sirup, Cappuccino dulce de Leche oder Latte doppio con lactosefreie Leche with one shot Espresso plus double topping Caramel. Bernd Cailloux ist gelangweilt, und er ist allein. Er ist übrig geblieben. Irgendwann sagt er, die Toten hätten es gut.

Noch stärkeres Missvergnügen befällt Cailloux, wenn er an den Mauerfall denkt. „Die Wende“, sagt er, „hat uns ja viel eingebrockt. Das war einfach nur eine Katastrophe.“ Wie? „Sie hat uns die vielen Ausländer hier reingespült, hier ist jetzt richtiger Stellungskampf, die Potsdamer Straße ist voll, nur Goltz- und Motzstraße haben sie noch nicht.” Er guckt über das Schlachtfeld, wo Schöneberger an ihrem Milchkaffee nippen. Noch ahnen sie nichts. „Meiner Ansicht nach passen sie nicht zusammen, Deutsche und die, auf die sie hier treffen.“

Diese Ansicht zu verstehen ist nicht schwer. Da ist eine schillernde Revolte, eine hyperpotente Generation, die letzte Jugendbewegung, Genießer, Spinner, Moral-Abreißer, Anwesende bei der Revolution der Revolutionen, ein geschlossenes Heldenmilieu, wagenburgmäßig nach außen abgeriegelt. Und dann: Sprengung des Biotops, sehr langer Kater – und die Welt dreht sich trotzdem weiter. Ohne sie.

Warum sind Sie eigentlich so unfreundlich?

„Finden Sie? Ich finde nicht, dass ich unfreundlich bin.“ Er sei vielleicht nicht mehr der Optimistischste. Die Anerkennung fehle. Für sein Werk, für ihn, für alles. Für die Sprache, die Literatur, also seine. Wir biegen am Schwulenclub Goya in die Motzstraße. „Riechen Sie was?“ Was? „Es riecht schon etwas nach schwul.“ Zwei Mädchen kommen die Straße herunter, essen Eis. „Komisch, sonst sieht man hier nur Männer.“ Man kann nicht sagen, dass Cailloux ernsthaft schwulenfeindlich wäre. Es gehört eher zu seiner Wagenburgmentalität, nichts wirklich gut zu finden. Das gilt für Schwule, Frauen, junge Frauen, junge schreibende Frauen, junge Schriftsteller im Allgemeinen, lärmende Kinder („Ich habe die Kinder in der Wohnung über mir langsam als eine Art Spatzen akzeptiert“), Winter („Den irgendwo in der Karibik zu verbringen ist mir zu weich“) und Ausländer („Die breiten sich unglaublich aus“). Es klingt alles originell.

Was mögen Sie denn? Filme von Werner Schroeter zum Beispiel, sagt er, er hätte ihm gern – denn er saß fast jeden Tag gegenüber vom Café M – gesagt, wie gut er seine Filme finde, aber da starb Schroeter. Und er mag Juan Carlos Onetti. Auch tot. Im Allgemeinen hätten die Toten es besser. Warum? Sie sind tot. Sie lassen sich besser feiern. Haken wir noch ein paar Berühmtheiten ab: Wie ist das denn mit Uschi Obermaier gewesen? „Achgottchen“, Cailloux winkt ab. „Die war, als ich sie kennenlernte, noch gar nicht richtig in der Szene, eher auf St. Pauli, und hatte dort einen Kneipenbesitzer als Freund, mit dem sie dann im Truck durch die Gegend gefahren ist.“ Mehr gebe es nicht zu sagen. Und Jörg Fauser lebte ja praktisch hier um die Ecke, Potsdamer Straße? „Für mich war das ein seltsamer Vogel mit Plastiktüte.“

Die legendärste Legende aber war das Café M, und da setzen wir uns mal hin. „Jetzt machen die hier auch schon Kunst“, sagt Cailloux, verdreht die Augen über die Bilder, die an den Wänden hängen. Das war früher ja auch anders, da saß die Kunst als David Bowie, Nick Cave, als Blixa Bargeld und Jörg Fauser direkt an der Bar, vor ihnen ein großes Helles. Sie alle superberühmt. Bernd Cailloux, übrig geblieben: „Man trank ja auch kein Beck’s, mal sehen…“, wirft einen Blick hinter die Bar, „jetzt haben die auch noch Beck’s!“ Entsetzter Cailloux. Kopfschüttelnder Cailloux. Er bestellt ein großes Kristallweizen. Er trinkt ja nicht viel, höchstens zwei kleine Bier am Abend. „Und jetzt rauche ich schon wieder so viel.“

Etwas später gibt er mir den Rat, mich gut um die Rente zu kümmern, auch mal Verträge zu lesen, ich würde später dafür dankbar sein, sagt er. Er, sagt Cailloux, hätte ein Erbe hinterlassen müssen, aber „68 hieß es: Wer zweimal mit derselben pennt…“ Aha. „Wussten Sie, dass 70 Prozent der Berliner Haushalte Singlehaushalte sind?” Was war in Ihrem Leben einer der glücklicheren Momente? „Als Unseld gestorben ist“, sagt Cailloux, „er hatte eine Art, pro Saison zwei Autoren von der Liste zu streichen, mein Name war damals auch dabei, dann aber starb er, und ich konnte Das Geschäftsjahr 68/69 schreiben.“

Seit Jahren versuchen Journalisten und Kollegen ihn zu überreden, auch über die Schöneberger Zeit zu schreiben. Er hat in der Zwischenzeit zwei Erzählungsbände veröffentlicht. Der gelernte Berliner und german writings . Während es im ersten um den zugezogenen Berliner geht, wird in german writings, das 2006 erschien, das Schriftstellerleben noch einmal beleuchtet. Es sind Szenen darin, wie ein Autor auf Wettbewerbe hinschreibt, um sich finanziell über Wasser zu halten, und am Tag des Einsendeschlusses mit Hunderten anderen Schriftstellern am Nachtschalter der Post nervös in der Reihe steht. Im LCB liest er daraus vor einem dreiköpfigen Publikum. „Ich schreibe keine Erzählungen mehr. Damit ist Schluss.“

Im Augenblick schreibt er also am zweiten Roman. Darin noch einmal die Anfänge: auf der Flucht seiner Eltern aus Lothringen geboren 1946 in Erfurt. Die Mutter verlässt sofort die Familie. Er wächst mit dem Vater in Salzgitter auf. Salzgitter, Hermann-Göring-Stadt, eine halbe Million Einwohner, 27 Dörfer um sie herum, Schulbus, riesige Straßen. Der Vater arbeitet beim Stahlwerk der Salzgitter AG. Er erinnere sich besonders an die Artistengruppen, die damals in solchen Gegenden überwinterten und im Sommer auftraten. Es waren vor allem Seiltänzer, die er fasziniert beobachtete. Ein Junge, fünf Jahre alt, genau wie Cailloux damals, wackelte da oben auf dem Seil und fiel einfach nicht runter. Es klingt wie eine Metapher für Cailloux’ Leben. Der Mann, der nahe am Ungesunden balanciert und nie herunterfällt. „Das erste Kapitel“, sagt er, „schreibe ich erst, wenn der Rest des Buches fertig ist.“ Das Leben schmelze irgendwann zusammen. „Ob das dann ein Roman ist, wissen nur die Götter.“

In einer heißen Schöneberger Sommernacht rennt eine Ratte über die Straße, gejagt von einem Fuchs. In der Mitte der Straße bleiben sie beide erschrocken stehen, weil ein Auto kommt. Die Tieraugen reflektieren das Licht der Scheinwerfer. Groß und grün schillern sie in die Nacht. Wie Fremde. Dann rennt die Ratte dem Fuchs hinterher zurück hinter einen Bauzaun. Potsdamer Straße. Am Bülowbogen wird gerade eine Vorabendserie fertig gedreht. Unten in einer stinkenden Kneipe findet ein Gedenkabend für den Schriftsteller Jörg Fauser statt. Auf Bierbänken sitzt das Publikum, veteranenartig. Es ist das letzte Mal, dass ich Bernd Cailloux treffe, ein Zufall. „Rohstoff”, sagt Cailloux, „ist ein wirklich guter Roman“, er beugt sich konspirativ und lächelnd vor, „also die ersten 50 Seiten.“

„Ach, Jörg“, sagt eine Frau im Publikum, „das war ’ne Zeit. Wunderbar. Ach.“ Auf dem Podium die Begrüßung: „Jörg, du kannst uns vielleicht sehen.“ Eine seltsame Stimmung. Eine Mischung aus Gottesdienst und Klassentreffen. Jemand flüstert: „Er hat ja immer so viel geschwitzt.“

Alexander Wewerka schlägt ein Buch auf. In dem vorgelesenen Text läuft Jörg Fauser die Potsdamer Straße rauf und dann wieder runter und guckt, welche Läden so da sind. Man klatscht aus Angst, vielleicht etwas Wichtiges überhört zu haben. Der Verleger Wewerka rollt, als er das Buch unter zusammengepressten Lippen wieder zuschlägt, die Augen nach oben, schaut an die Decke, von wo aus ihn eine kleine Plastikspinne anlächelt: „Na, Jörg, das war aber noch nicht so.“ Rollt die Augen wieder runter und liest. Dann die Frage ins Publikum: „Kannte jemand den Jörg noch persönlich, der möge sich bitte melden.“ Zwei müde Ärmchen melden sich, man will aber nichts weiter dazu sagen.

„Irgendwann, wenn ich nicht mehr bin“, sagt Bernd Cailloux und rollt sich eine Zigarette, „werden die so einen Abend auch über mich machen.“