24.12.2019

«Die Augen des Tieres sind, wenn sie einen Menschen betrachten, aufmerksam und wach» schreibt John Berger. «Das gleiche Tier wird wahrscheinlich andere Tiere auf die gleiche Weise ansehen. Für den Menschen ist kein besonderer Blick reserviert. Doch keine andere Gattung als die des Menschen wird den Blick des Tieres als vertraut empfinden. Andere Tiere nimmt der Blick gefangen. Der Mensch jedoch wird sich, indem er den Blick erwidert, seiner selbst bewusst.» 

Warum sehen wir Tiere an? heisst der Aufsatz (aus dem Jahr 1980), darin lässt sich unter anderem auch ein köstliches Stück aus einer ostafrikanischen Kosmogenie finden, aber vor allem taucht schon während der Lektüre das Gefühl auf und gewinnt dabei Konturen, dass mit dieser Selbstgewahrwerdung sich der Mensch seiner Kreatürlichkeit nächst dem Tier bewusst werden kann. Dass es nicht, oder: nicht mehr, absolut so sein wird, davon handelt Bergers Text. Er präpariert den am Tier interessierten Blick des Menschen für eine Szene des Abschieds von der unmittelbaren Nachbarschaft des Menschen zu den Tieren heraus, die sich, unter anderem mit den auf dem Jahrersrund angeordneten Tierkreiszeichen anschaulich machen lässt. 

Zur Entstehungszeit von Bergers Text, am Ende der siebziger Jahre, war die Lebensmittelindustrie noch vom Territorium der Vereinigten Staaten aus in ihrer weltweiten Entfaltung begriffen. Dort macht Berger den Ort des vollendet durchgesetzten Kapitalismus aus, dessen Konsequenz eine scharfe Trennung vom Menschen zu seinen Tieren verlangt, die fortan Ressource sind, Haustiere, Material für Tierdokumentationen oder Roadkill. Als Momumente dieser Spaltung in die Welt und die Tierwelt sind für Berger die Zoos: Der Jardin des Plantes wird Ende des 18. Jahrhunderts in Paris eröffnet, dann einer in London, dann einer in Berlin. 

In der New York Times war gestern als Empfehlung für das Festtagsmenü ein Rezept für ein Spanferkel mit knuspriger Haut mit der Überschrift An Unforgettable Holiday Centerpiece. Die Autorin, Gabrielle Hamilton schreibt zur Vorbereitung des Ferkelfleisches: «Wash it, including the cavity, under cold running water, and towel-dry thoroughly, the way you would dry a small child after a bath — ears, armpits, chest cavity, face, legs, backs of knees.»

Die Augen schält am besten mit einem Apfleausstecher aus den Höhlen und «ersetzt sie mit Murmeln». Sonst schaut das knusprige Ferkel grauslich aus.