24.5.2019

Ich besitze seit einem Jahr ein Portemonnaie, das ist ein kleines Wunderwerk, denn es ist aus einem einzigen Stück Leder gemacht, aber man weiss eigentlich nicht: wie. Seine Form ist mehr als halbkreisförmig. Der Deckel klappt auf, und dann ensteht eine Rutsche, aus der mir das Kleingeld entgegenrutscht, aber dabei nie herauspurzelt—weil der Deckel jetzt als eine Lade doppelt. Und das Rätsel seiner Gemachtheit entsteht bei diesem Gegenenstand, den mir Friederike zum Geburtstag geschenkt hat, wahrscheinlich vor allem deshalb, weil mir abends andauernd die Münzen aus der Hose aufs Parkett gerasselt sind beim Ausziehen, vor allem dadurch, dass man keine Naht entdeckt im Leder (und dabei gibt es sogar noch eine Vortasche, in die man etwas stecken kann; beispielsweise Abholscheine von der Reinigung).

Andrea Spottorno hat dies, mein Portemonnaie, einst mit Behagen betrachtet. Es handelt sich wohl um einen italienischen Klassiker. Deswegen aber musste er mich auch tadeln (weil ich einen Schein aus dem Vortäschle zog) «They’re only for coins».

Hier auf dem Vorplatz der U-Bahn gibt es dreimal wöchentlichs einen Markt, der wird von zwei bärtigen Sikhs veranstaltet. Die verkaufen dort billige Blusen und Lederwaren. Das Geschäft läuft anscheinend gut, weil die haben jetzt ein leerstehendes Ladengeschäft nebenan in Besitz genommen und eröffnen dort laut Schild einen «Asiatischen Afro Shop».

An ihrem Marktstand, wo es ansonsten Handtaschen und -täschle, sogar Schirme aus dick abgespaltenem Leder gibt, halten sie auch ein grob vergrössertes Modell meines italienischen Klassikers feil. Es ist allerdings, wie man es sonst bloss von den Jeanshosen bei Kölner Männern kennt: mit orangefarbigen Bindfaden umnäht.