29.10.

In der Nacht mehrfach vom Sturm geweckt worden, gewaltiges Dröhnen aus einem langen, gebogenen Rohr. Der See ist grau und treibt schäumend weiße Wellen in die kleine Bucht am Jadebusen. Ein Anblick wie das Gemälde von August Strindberg mit dem Titel Inferno, das trotz seiner geringen Abmessungen, selbst noch auf Briefmarkengröße, als Thumbnail, gewaltig auf mich wirkt.

In der Neuen Zürcher Zeitung wurden die auf der New Yorker Tefaf gezeigten Kunstwerke als langsam bezeichnet. Ein trotz aller Schweizer Bizarrerien merkwürdig treffender Begriff. Im Rahmen der Vorberichterstattung wurde ein Gemälde von Louis Maurice Boutet de Monvel beschrieben, La Dame Blanche, das wohl auschließlich in Nuancen von Weiß gemalt wurde. Der Artikel erschien ohne Bebilderung im Blatt. Auch auf der Website der Kunstmesse wird dieses Gemälde zwar beschrieben, aber es fehlt die zu der Beschreibung gehörende Bilddatei. Eine Bildersuche bei Google fördert unterschiedliche Abbildungen von Gemälden aus dem Internet hervor, darauf sind überwiegend in Weiß gekleidete Frauenfiguren zu erkennen, aber dieses eine, bestimmte Bild wird nicht aufgespürt. Je weiter ich in diesem unendlichen Strom von Bildern nach unten scrolle, desto abstrakter sind die Lieferungen zusammengestellt. Es sind dann nicht mehr bloß Frauen in Weiß zu sehen, sondern auch Armbanduhren und eine Tischlampe. Doch werden alle diese Bildersuchergebnisse unter meinem ursprünglich eingegebenen Suchbegriff subsummiert. Google sucht hier nicht mehr zu dem Begriff zugehöriges, die Maschine stellt die Ergebnisse nach ästhetischen Gemeinsamkeiten zusammen, analysiert Formen und Farbwerte nach Ähnlichkeit.

Diese neue Funktion von Google, die mir in Paris im europäischen Headquarter vorgestellt wurde im Rahmen einer Party, die dort von der Oligarchentochter Mira Duma sozusagen geschmissen wurde, sorgt dafür, dass es keine ergebnislose Bildersuche mehr geben kann. Wird die spezielle Datei nicht gefunden, organisiert der Algorithmus einen unendlichen Strom aus Ähnlichem, in dem der Suchende sich verlieren kann. Eine dazugehörige App mit dem Symbol eines antiken Tempels soll, deshalb wurde diese Anwendung während der Pariser Modewoche vorgestellt, insbesondere Kreative ansprechen. Mir wurde das erklärt von einer jungen Frau aus Dänemark, die Google-Mitarbeiterin ist. Sie erläuterte mir die endlos inspirierende Wirkung dieser App an dem Beispiel, dass ein Modedesigner auf der Suche nach einer Idee zum Beispiel gelbe Hose eingibt und schon färbt sich das Ergebnisfenster in eine gelbe Mannigfaltigkeit von tausenden Bildern, auf denen etwas gelblich scheint, oder hosenförmig. Da kann er scrollen soviel er will, die Bilder quellen unerschöpflich nach. Gefällt ihm Gelb dann doch nicht mehr so gut, kann er in der beigefügten Farbleiste auf einen anderen Ton umschalten. Und schon sortiert sich der Bilderstrom auf ein Neues, dieses Mal etwa bläulich, oder ganz so, wie er sich das wünscht.