30.9.

Auf dem dicht mit Passagieren bestandenen Bahnsteig nach Frankfurt und Raststatt kam es zu einer Art Epiphanie, als ein Vogel, den ich zunächst für eine Ringdrossel gehalten hatte, im Dickicht der blank polierten Schuhe einhergeschritten kam. Es handelte sich aber um einen Star im Schlichtkleid, wundervoll gepunktet, der sich dann wie selbstbewusst vor einem Anzugträger aufbaute, um ihn wie auffordernd anzuflöten. Der Mann vertilgte einen Hamburger, der Star ging vor ihm flötend auf und ab, und ließ ihn dabei nicht aus dem keck ihn anwinkelnden Auge. Es wurde still um diese Flötentöne aus dem schönen Schnabel des kleinen Tiers, das dort zu unseren Füßen, von unten her seine Forderungen stellte. Eher um der Blicke der Mitmenschen willens, als dem vom Tier geäußerten Bitten Folge zu leisten, ließ der Snackende einen Brocken des Briochebuns auf den Bahnsteig zu seinen Füßen fallen. Der Star wippte anmutig in den Knien, als ob er knickste und ergriff den Bissen mit seinem Schnabel. (Ist das dann auch noch ein Bissen, wenn er schnabuliert wird, fragte ich mich?) Sogleich stießen vom gläsernen Dach, das die obere Abfahrtshalle des Berliner Hauptbahnhofes überwölbt, zwei Spatzen herab, um sich um eventuell aus dem Starenschnabel herabrieselnde Brosamen kümmern zu können. Der deutlich größere Star, er zählt zu den Sperlingsvögeln – also bestand eine entfernte Artverwandschaft –, verjagte die beiden verwaschen bräunlichen Gesellen nicht, sonden teilte den Schnabulus (wie eventuell der Fachbegriff lauten dürfte.) Dann fuhr der Zug ein. Und es kam, wie auf der Internetseite der Bahn annonciert zu einem Grind, wie ich ihn selbst an den Weihnachtstagen noch nicht erlebt hatte. Sämtliche Züge an diesem durch den anstehenden Nationalfeiertag für Arbeitnehmer extrem langen Wochenende waren überbucht. Dies aber dergestalt, dass es selbst in der ersten Klasse nur noch Stehplätze gab. Das Bierfass im Bistro, das fand ich in den vier Stunden dort unter anderem heraus, fasst lediglich dreißig Liter.