17.11.

Geschäftsideen für den Fall, dass ich einfach hier bleibe:

Die Früchte der Wüstendattel, die die Kinder jeden Tag von den Bäumen schütteln und deren weniges bitter-süßes Fruchtfleisch sie essen, als neues Superfood vermarkten. Das Öl hilft laut der hiesigen traditionellen Medizin bei Hautproblemen, die Kerne bei Verdauungsschwierigkeiten, der Saft bei der Produktion von Muttermilch. Die Stengel dienen als Zahnbürsten, aus der Schale kann man Seife machen. Millenial-Mütter: Bitte schon mal aufgeregt werden.

Design-Beratung für westliche Modelabels. Für Marni und Prada habe ich diverse Musterideen, für Ermenegildo Zegna das Leitmotiv für die kommenden Sommerkollektion: Motandi lief hier heute in einem Anzug-Ensemble auf, das die Welt der Herrenmode revolutionieren könnte (wovon ich so träume): einen hellgrauen Anzug, der aus einer weiten Hose mit Aufschlag und Bügelfalte bestand und einem kurzärmligen Sakko mit vier Knöpfen, aufgesetzten Taschen und weichen Schulterpolstern, das er geschlossen trug und somit als Hemd behandelte. Mood: halb Armani, halb Safari. Dazu schwarze Stiefel. Irre gut sah das aus. 

Ich gebe, so werde ich das nennen, Native Meditationskurse für europäische High-Potentials mit Stressproblemen, bei denen sie einfache burkinabische Alltagsaufgaben bewältigen müssen: bei der Bank Geld holen, zum Beispiel, wenn da mal wieder das Internet kaputt ist. Nervös werden bringt gar nichts, brüllen nicht, fluchen oder drohen, jemanden feuern zu lassen: rien.

Visa hat die Ersatz-Karte geschickt, sie sieht aus wie eine Chinakopie einer echten Kreditkarte, mit verschwommen aufgedrucktem Logo, ohne Chip, keine dazugehörige PIN. Geld bekomme ich damit hier keines, an keinem Automaten oder Schalter des Landes. Bezahlen kann ich damit – das kann man sich im Visa-Headquarter in Miami nicht vorstellen – ausschließlich in den drei Luxushotels Burkinas, die sich alle in der Hauptstadt befinden. Das rechteckige Stück Plastik ist in dieser Ecke der Welt genau das und wertlos. 

Meine Mutter hat mir also über Western Union eine größere Summe gekabelt. Aber die Dame bei der Ecobank, wo ich die Security-Männer mittlerweile mit »Ich bin’s!« begrüße, schickte mich nach einer ersten Konsultation zurück in den Vorraum, wo ich ihrem Kollegen bei der Arbeit zuschaute, der der erste Mensch hier war, den man einen schwulen Habitus unterstellen könnte - die Art, wie er sich bewegt etc. Anders als in Ghana ist Homosexualität in Burkina nicht illegal, in Ouaga soll es sogar einen verdeckten Gay Club geben, er heißt Matata. Nach einer dreiviertel Stunde werde ich wieder reingerufen und weggeschickt. Keine Verbindung zum Computer möglich. Tja, ja. Y’a pas de problème. Dann versuche ich es morgen wieder. Schönes Detail allerdings: Im Wartebereich saß einer in einem grünen Poloshirt des Heimat- und Kirmesvereins Niederreißen, »Die Scheune rockt«.

Derweil verrohen auf unserer Küchenterrasse die Sitten: Issa ist mittags zum Flughafen gefahren, meiner Ansicht nach viel zu spät, um seinen Flug nach Dakar noch zu erwischen, aber offenbar haben sie ihn mitgenommen. Zum Abendessen teilen Jeannette und ich uns eine Packung Chips.