20.03.

Mein Tropenarzt hat mir einen Auftrag mitgegeben. Er arbeitet seit Jahren an einer Liste, die das Wort für »Aua« in allen Sprachen der Welt versammelt. Nigeria eignet sich besonders gut als Forschungsfeld. Ich frage die Leute also, welche ihre Muttersprache ist und was sie sagen, wenn sie sich den Kopf stoßen. 

Yoruba: lua
Igbo: chineke
Hausa: wayooo
Mandra: kauweguye

Fehlen noch 513 Sprachen. 

Tramadol ist so etwas wie das Oxycontin Westafrikas: ein starkes Schmerzmittel, nur billiger und leichter zu beschaffen. Arbeiter von Accra bis Lagos nehmen es, um die Tage zu überstehen, Farmer geben es ihren Rindern, damit diese länger auf dem Feld durchhalten, man fand es in den Taschen von festgenommenen Boko-Haram-Kämpfern. Olamide hat es als Droge in Science Student thematisiert, was die nigerianische Behörden dazu veranlasste, das Stück als »nicht für den Rundfunk geeignet« zu labeln. Wir treffen den Arzt und Pastor Tony Rapu, der mit seiner Kirche Drogenabhängige von der Straße holt. Er sieht aus wie ausgedacht, das aber so gut, dass es unheimlich ist: groß und attraktiv, mit schwarzer Brille, crispen weißen Hemd, knöchellangen schwarzen Hosen und nackten Füßen, die in Lederschuhen stecken. Ein Lächeln, dass er nach Bedarf anknipsen kann. 75.000 Follower auf Instagram. Selbstbezeichnung: husband, father, pastor, doctor, mentor, social reformer. »Er hat PILF vergessen«, flüstere ich Kathrin zu und wir kichern ein bisschen in uns hinein. 

Lieblingssatz heute (er kam von Deyemi Okanlawon, einem der erfolgreichsten Nollywood-Schauspieler): »Nicht nur Schwule müssen wegen ihrer Sexualität Kämpfe austragen. Auch als heterosexueller Mann muss man sich fragen: Will ich monogam oder polygam leben?« Mit dem kleinen Unterschied, dass auf Homosexualität 14 Jahre Gefängnis stehen, aber das sagt er nicht.