21.11.

Abschied und Abreise. Ich werde dann drei Wochen in Burkina gewesen sein. So lange hat es gedauert, um die Feinheiten wahrzunehmen: Dieses Geräusch, das manche Leute im Gespräch machen, das klingt, als würden sie bei geschlossenen Mund einen kleinen Stein in der Kehle bewegen. Es hat Ähnlichkeit mit dem Keckern der beiden Geckos, die immer an der Decke meines Badezimmmers sitzen, und bedeutet Wohlgefallen oder Zustimmung. Das Abstützen des rechten Arms mit der linken Hand auf Höhe des Ellenbogens, beim Überreichen einer Sache oder beim Händeschütteln: Ausdruck besonderer Höflichkeit. Dass man unverpackte Lebensmittel wie Kochbananen, Gewürze und Lammspieße auf der Straße nicht nach der Anzahl kauft (nach Gewicht sowieso nicht), sondern indem man sagt, wieviel man bezahlen will und die Händlerin oder der Händler weiß, wie viel man an diesem Tag dafür bekommt. Und vielleicht noch was extra. Viele Burkinaben lieben es, zu handeln, aber Geschenke machen lieben sie auch. Beim Essen in Denises Hof, wo sie mit einem ihrer Söhne und all ihren Tieren lebt, gestern Abend gelernt: Ziegen können sich erkälten und dann husten sie. Ich dachte mehrmals, da säße ein Mensch im kleinen Stall. Etonnant.

Was nicht fehlt:

Die Laufschuhe und -klamotten, die unangetastet in meinem vollen Koffer in Accra liegen. Was hab ich mir dabei gedacht? Dass ich um 5 Uhr, wenn die Temperaturen mal kurz angenehm sind, zum Schwitzen gehe? Andererseits fand Ende Oktober der Accra-Marathon statt, zu dem nicht wenige Europäer angereist sind. Warum nur, warum?

Bücher. Von dem Dutzend, das ich mitgebracht habe, bislang genau eins gelesen. Keine Zeit, kein Bedarf. Ich stellte mich auf Einsamkeit und Langeweile ein, hatte ich Nina vor meiner Abreise erzählt. Ich hatte ja keine Ahnung.

Die Hälfte meiner mitgebrachten Klamotten: entweder zu schick oder zu zerlöchert (abgerissene Klamotten sind genau wie abgelatschte Schuhe ein Armutszeichen, warum sollte man so etwas freiwillig tragen), zu warm oder vom Material her zu empfindlich. Nie den Staub unterschätzen und seine Färbekraft. Fürs nächste Mal: Fünf T-Shirts reichen, wirklich. Handwäsche ist sehr erfrischend. Jeans: nicht mal daran denken.

Was fehlt:

Ein paar Kenntnisse heimischer Sprachen. Und eine unkorrumpierbare Instanz, die man bei moralischen Fragen die eigenen Privilegien betreffend konsultieren kann. Zum Beispiel: Ob man die verschimmelte Marmelade wegwirft, auf die Gefahr hin, dass jemand anders sie findet und isst, oder ob man den Schimmel entfernt und sie doch lieber selbst aufbraucht. Oder ob man den Schimmel entfernt, bevor man die Marmelade wegwirft. Wie reagieren, wenn einem zum wiederholten Mal im Scherz der halbwüchsige Sohn als Reisebegleiter und -beschützer angeboten wird, zum Mitnehmen bis nach Deutschland.