10.6.2020

Ausführlich ist gar kein Ausdruck, wie es in meiner Heimatsprache heißen täte. Der Biograf lässt das Leben Warhols aus der Mitte beginnen, als Wiederauferstehung, nachdem er von Valerie Solanas niedergeschossen ward. Die Einlieferung des klinisch Toten (ein Rettungswagen traf viel zu spät erst am Union Square ein, schon damals Krise im Gesundheitssystem, Manhattan die Gehäutete) wird zur Rekonstruktion einer Obduktion an deren Ende der Patient wieder lebt, weil der zufällig in der Klinik Dienst habende Operateur zuvor in einer Klinik in Harlem hospitiert hatte und sich von daher auskennt mit Schussverletzungen «Residents sliced into the veins in Warhol’s elbows, pushing in tubes for fluids and blood; they left scars that could have passed for stigmata in the arms of this lifelong churchgoer. Without wasting time on the usual five-minute hand wash, …» Insbesondere letzteres kitzelt mich als Zeitgenossen des Biografen noch mehr vermutlich als einen zu Zeiten des Lebens und Sterbens von Andy Warhol. Mein innerer Lou Reed singt «Is Warhol really dead?» Die Frage blinkt tatsächlich «berechtigt», derart detailgenau wird im Folgenden die lebensrettende Operation beschrieben, wohl seitenlang*. Auch Schussverletzungen an sich, man sieht ja in Filmen und auf Fotos immer nur rote Punkte, das lernt man bei Gopnik: richten im Körperinneren auf unsichtbaren Wegen Verheerendes an. Mit einem Loch, einem türspionhaften Kanal zum Durchschauen bescheidet sich die sogenannte Kugel nicht. Der invasive Ansatz für eine Biografie wäre wahrscheinlich noch vor 30 Jahren als Geschmacklosigkeit empfunden worden. Im Grunde sehr wahrscheinlich auch noch vor 14. And now let`s party untill the break of dawn.

* Keine Ahnung wieviele in der konventionellen Auffassung von einer Seite — Ich lese das E-Book; knappe 1000 Seiten lassen sich im Bett nicht mehr angenehm handhaben. Keine der zur Textdarstellung zur Verfügung gestellten Schriften gefällt mir wirklich, ich habe einen Font namens Athelas ausgewählt als Ersatz für die fehlende Sabon, der Name stammt von einem fiktiven Kraut bei Tolkien «Angewandt wird Athelas immer als Aufguss mit dampfend heißem Wasser, in das die Blätter hineingeworfen werden. Ein bis zwei Blätter reichen meist aus. Wenn mit dem Aufguss eine Wunde ausgewaschen wird, wirkt er schmerzlindernd. Vom Kontakt mit einem Nazgûl taub und leblos gewordene Körperteile werden durch eine Waschung mit dem Sud wiederbelebt.» Hierbei scheint mir vor allem der Begriff vom Aufguss wesentlich.