10.7.2020

Seit langer, langer, langer Zeit wieder ein Lexikon bestellt. Ich hatte die herrlichsten Lexika und Enzyklopädien, einst, allesamt weggeramscht, Wikipedia rules, aber halt doch nicht bis in die schattigen Nischen, in denen ich mich derzeit aufhalten will (erzählerisch). Geliefert wurde ein, wenn nicht das Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten, erste Stichprobe führte ohne Umschweife nicht etwa zur Schweife, sondern zum «Stielauge»:  …Die junge, durch student. Kreise verbreitete Rda. ist nicht von den an einem Stiel sitzenden Gläsern der Lorgnette hergeleitet, sondern vom Bild der bei Überanstrengung stark hervortretenden Augen, die gleichsam an einem Stiel zu sitzen scheinen. 1190 Seiten, üppig illustriert. Was war Lutz Röhrich für ein Mensch? Ein Schwabe, selbstverständlich, ein Erzählforscher natürlich. Vom Typ her also nicht so unangenehm verbissen wie Arno Schmidt, vom Humor-Level aber dürften sich die beiden ebenbürtig gewesen sein. Erster Band von Aal bis Glied, ein Schelm!
Wobei die steigende Hitze im Süden des Landes derzeit die schönsten Blüten treibt, wie heute früh schon (technisch also gestern Nacht) im Newsletter des Splendido-Magazins, wo Juri Gottschall schreibt «Nun muss man dazu sagen, dass es ohnehin ein kulinarischer Genuss ist, im Sommer die Po-Ebene zu durchstreifen.»
Im Feuilleton unterhält sich der Opernkritiker Jan Brachmann mit Dirk Mürbe, einem Phoniater an der Charité. Es scheint mehrere davon zu geben, aber halt bloß einen, der Dirk Mürbe heißt. Wobei ja leider zu befürchten steht, dass unsere Spülmaschine demnächst ihren Geist aufgibt. Sogar die Putzfrau hat sich schon beschwert über den ungewohnten Lärm. Schriftlich (die Beschwerdeform). Ein bronchiales Rasseln und Würgen. Ein kraftloses Wühlen im Saft chemischer Reinigung (frei nach Th. Mann).