1.1.

Ich hasse meine neue Wohnung. Das ist schlimm, denn ich habe ja gerade erst damit angefangen, darin zu wohnen. Die Vorstellung, dass es noch lange so weitergehen soll, also das mit dem Wohnen, treibt mich anscheinend in den Wahnsinn – zumindest fand ich vorhin, als ich nach einem akuten Anfall von Wohnungsflucht zurückgekehrt bin, den Fußboden mit gekochten Mungbohnen übersät. Ich weigere mich, vor mir selbst zuzugeben, dass ich das selbst gewesen sein soll, der die Hülsenfrüchte gekocht und danach über den Fußboden gestreut hat. Aus lauter Hass auf die verhasste Behausung.

Alles, aber wirklich alles an dieser Wohnung ist mir derart und das auch noch zutiefst zuwider: zu hell, zu groß, zu weit oben im Haus gelegen und dann auch noch von jedem Fenster aus ein Blick auf den penetranten Fernsehturm. Es liegt halt in der sogenannten Natur der Sache, dass ein Fernsehturm stets im Bild sich befindet. Aber doch bitte nicht in meinem! Und schon gleich gar nicht in sämtlichen, die ich von hier aus habe.

Ich kenne Personen, die eine Wohnung allein deshalb angemietet haben, um mit einem Ausblick auf den Fernsehturm angeben zu können. Als conversation piece – genau so laufen die Abendessenseinladungen in diesen Wohnungen aber dann auch ab. Vermutlich ist der Fernsehturm daran mitschuldig. Meiner neuesten Meinung nach sogar voll und ganz alleine. Meiner allerneuesten Erkenntnis zufolge handelt es sich bei dem Fernsehturm um etwas mit den Osterinselstatuen oder dem Château Marmont vergleichbares: ein Totem des Bösen, ein mit negativer Energie vollgesogenes Herrschaftszeichen des Satans.

Ich hasse meine Wohnung schon alleine deswegen so abgrundtief und schwarz, weil sie mich dem zersetzenden Einfluss dieses Fernsehturmtotems schutzlos ausliefert. Ich finde auch deshalb keinen Schlaf, weil ich dann, schlafenderweise, den Todeswellen des Tragödienturmes vollends und in etwa so, wie ich mir das Gehäutetsein vorstellen, tja leider: muss, ausgeliefert daläge. Und bald schon er- (also läge).

Von allen Dingen, für die ich mich interessiere – und das sind schon ziemlich sehr viele –, interessiere ich mich überhaupt nicht dafür, was eigentlich mit mir passierte, wenn ich den Lockungen des Fernsehturmes nachgäbe. Eine in diesem Zusammenhang sympathische Vorstellung weckt bei mir das ansonsten verhasste Wort vom Einknicken. Aber nicht ich, bitte, sondern gefälligst er soll!