13.11.

Um 3 Uhr 30 von einem Licht geweckt, als ob mir die Sommersonne ins Gesicht schiene (dabei lag ich auf meiner dem Sonnenaufgang abgewandten Seite): Es war der Mond. Für morgen ist der sogenannte Supermond zwar erst angekündigt, der heute aber war auch schon mal nicht schlecht. Ich ging gleich raus, denn mir war eingefallen, dass der Sternenhimmel aufgrund der Kälte ja auch so schön sein soll. Und wirklich! Roch wie Silvester (also so gegen 20 und 22 Uhr, wenn alle essen, kaum jemand knallt). Schade, wirklich schade, dass man bei solchem Traumwetter derart frieren muss. Rein optisch wäre es nämlich ein Hochgenuss.

Machte ich mir halt einen Kaffee. Wobei – mir war es ja auch zu laut, aber nicht nur um diese Zeit. Dazu ein Glas vom Birkensaft direkt aus dem Kühlschrank. Im Stehen zu trinken: soll angeblich gut sein für die Knochen. Schmeckt vor allem gigantisch (steht auch so auf der Packung, allerdings auf kyrillisch. Wozu gibt’s Wörterbücher!). Derweil, ich bin, wie es so schön heißt, immer wieder aufs Neue erstaunt: Wie schnell das dann geht, wenn hinter den Bäumen, die ich, seit die ihr sämtliches Laub verloren haben, Bäumchen geneigt bin zu nennen, aus dem Dunkel der Sonnenaufgang wird. In Schichten von unten dunkel bis oben hell: ein einheimischer Drink. Über den fernen Wipfeln ein blassrosa Streifen und nach oben hin blutet es wasserhell aus. Die Bäumchen als Fries, als ein Scherenschnitt. Filigran filigranst filigranstestens.

Neulich sagte Lorenz: Du ziehst ganz schön oft um. Und ich gab ihm recht. Aber hatte ich jemals irgendwo derart schön gewohnt? Ich glaube es nicht nur nicht, ich weiß es. Noch nie. Mit dem genau richtigen bisschen mehr Grün, als auf einem Schnittlauchbrot sein muss, aber noch immer nicht so viel davon, dass ich den Traktorschein machen müsste. Mit Nachbarn, die mich lieben (und nur ganz leise mit den Zähnen knirschen im Halbschlaf, wenn meine Kaffeemühle über die Herdplatte schlackert), mit Kindern, die jubelnd mich begrüßen, um darauf zu berichten, was es Neues gibt in ihrer Welt (die meiner manchmal verblüffend ähnlich sieht: »Wir spielen heute Restaurant!«). Nicht zuletzt die Tiere. Und zwar alle. Bis auf Möwen. Und bis auf die Motten, die, wie ich heute Morgen ebenfalls beim Packen herausfinden musste, in exakt zwei meiner Pullover jeweils zwei Löcher gegessen haben, so als wären das Fahrkarten und sie spielten Kontrolleure. Naja. Na gut. Ich hatte eigentlich noch nie Motten, wenn ich mich recht erinnere (und das tue ich eigentlich). Vermutlich ist das der Preis für das schöne, nein schönste Leben, das ich je hatte. Wenn es weiter nichts ist – im Radio liest einer die Lebensgeschichte Martins vor: »Die Dienstzeit im Römischen Heer betrug damals 25 Jahre«.