13.3.

Die Krise überwindet Peter Handke in einem Bungalow vor der Stadt. Sein Verleger Siegfried Unseld besorgt ihm das Haus in Kronberg im Taunus. Peter Handke lebt dort als alleinerziehender Vater seiner Tochter, nachdem ihn die Mutter des Kindes während eines Jugoslawienaufenthalts sitzen lässt, um sich auf ihre Karriere konzentrieren zu können. So zumindest stellt es Peter Handke selbst in seiner »Kindergeschichte« dar. Das Ereignis der Geburt schildert er in einem Brief an Siegfried Unseld, datiert vom 22. April 1969:

»Lieber Siegfried,
Ich schreibe schon wieder, aber ich habe im letzten Brief vergessen, Dich zu bitten, von meinem Guthaben beim Verlag
10000 Mark
an meine Mutter,
Maria Handke,
Altenmarkt 6,
A-9112 Griffen, Kärnten, Österreich
überweisen zu lassen. Ich dachte, das sei einfacher, als wenn ich mir das Geld erst hierher überweisen lasse. In Griffen gibt es eine Sparkasse, die auch Bankgeschäfte erledigt. Ich würde mich sehr freuen, wenn die Überweisung recht schnell möglich wäre.
Über die 2. Auflage der Gedichte freue ich mich recht sehr. Hoffentlich geht es immer weiter. Auch die Tormanngeschichte müsste dann verkäuflich sein.
Vorgestern hat Libgart das Kind gekriegt, es ist ein sehr schönes Mädchen und heißt Amina. Es ging recht gut, Komplikationen kamen nicht vor. Das Kind ist 53 cm groß und wiegt 3,85 Kilo, das ist für ein Mädchen recht viel. Es ist vor allem gefräßig und müde. Libgart hat viel Blut verloren, ist aber schon wieder recht munter. Jetzt am Abend fahre ich wieder in die Klinik hinaus. Wir sind beide recht froh, ich selbst befinde mich in einem Zustand gelöster Langeweile, aber der ist sehr angenehm. Erst jetzt kommt heraus, daß ich vom Arbeiten doch recht erschöpft war.
Ich schicke Dir auch den Vertrag für den Hörspielsammelband zurück. Er liegt diesem Brief bei.
Ich bin unfähig, etwas Vernünftiges zu schreiben, geschweige denn zu denken.
Herzlich
Dein
Peter (Handke)«

In Kronberg entsteht »Die linkshändige Frau«. Peter Handke erzählt aus der Perspektive dieser Frau, einer Übersetzerin, die mit einem kleinen Jungen zusammenlebt. Es gibt darin eine Schilderung seiner Aussicht auf das Tal und ein aufsteigendes Flugzeug. Die lese ich seit Jahren immer wieder und kann sie noch immer nicht auswendig.

Gestern nachmittag habe ich vier Stunden lang Bücher und andere Gegenstände ausgepackt, sortiert, aufgestellt, vor allem aber die meisten davon lange angeschaut. 43 Monate ziemlich konsequenter Wohnvermeidung sind damit beendet. Es steht hier nun wieder alles versammelt, was mir gehört. Seltsam fand ich, dass ich jeden auch noch so belanglosen Gegenstand wiedererkannte. Sehr gut fand ich, dass ich endlich wieder Platz genug hatte für alles und nichts mehr aussortieren musste. Sogar der fadenscheinige Kissenbezug, in dem ich das äthiopische Silber aufbewahrte, ist wieder aufgetaucht. Und die geflochtene Giraffe aus Oaxaca, in deren schlankem Leib es von zig Körnchen, vielleicht Saatgut?, rasselt.

Ich schlief ganz anders als sonst.