16.8.2020

In der aktuellen Ausgabe der Schwäbischen Heimat, der dritten in diesem Jahr, steht eine unglaubliche Geschichte von einer Zeit, Mitte des 19. Jahrhunderts, als nach einer schweren Wirtschaftskrise einige Gemeinden ihre verarmten Bürger nach Amerika abgeschoben haben. Die Fahrtkosten für das Schiff wurden übernommen. Auf längere Sicht versprach man sich eine Entlastung durch den Wegfall der Armenspeisungen und Unterhaltszuschüsse. Den abgeschobenen Deutschen ging es damals wie den Heutigen von anderswo, die nach Deutschland zu gelangen hoffen: Die in Le Havre ansässigen Schlepper knöpften ihnen zuviel von der Wegzehrungspauschale ab, man kalkulierte die Zeit der Überfahrt nach New Orleans viel zu knapp, an der Hafenmündung dort kippte man sie ausgezehrt und teilweise unbekleidet an den Strand. Es war inzwischen Februar geworden. Sie werden von den dort lebenden deutschen Auswanderern gerettet und für eine erste Zeit versorgt. Allerdings regt sich bald schon Widerstand gegen diese Praxis, man schreibt Protestbriefe nach Deutschland. Der gesamte Artikel ist hervorragend geschrieben. Herzergreifende Szenen, wenn die Schwaben das Dampfschiff besteigen müssen, dass sie der Heimat entrücken wird. Ein Trompeter stellt sich in den Bug und spielt noch einmal den Abschied vom stillen Haus, während vom Kirchturm her die schwere Glocke läutet.
Auch sonst hat diese hervorragende Zeitschrift wieder einmal viel zu bieten. Beispielsweise wußte ich nicht, dass sich die Frau des Malers Rudolf Schleicher Speedy nannte (wohl nach einem damals populären Film mit Harold Lloyd). Und es gibt die Abbildung eines kleinen Gemäldes von einem Bach, von Otto Reiniger, das ich sehr, sehr gern hätte.
Nachmittags bei Eva und Jan im Garten. Auf einem Tisch lagen haufenweise winzige Äpfel, wie bei Handke. Alle reif. Sie fallen immer dann vom Baum, wenn sie reif sind, meint Jan. In jedem genau ein Loch, vielleicht sogar auch nur ein einziger Wurm.