2.1.

Das Fahrrad verkaufen. Von den Einnahmen eine Bahncard 100 kaufen. Die Bahncard 100 im Thermomix unter der Zugabe schwarzer Lackfarbe zu einem dunklen Püree verarbeiten. Das dunkle Püree über den Fleck an der Wand spachteln. Kein Gast vermisst die Katze. Alle bewundern meinen ungewöhnlich kleinformatigen Soulages.

So ist das hier. So ist Berlin, diese Stadt ohne Seele. Als ich gestern über die allerherzloseste aller Berliner Straßen, nämlich die Prenzlauer Allee rannte (und dieses mit Grund, weil ich andernfalls längst totgefahren worden wäre), shuffelte der iPod mir »New York, I love You«, und ich dachte: Ja! Aber eben nicht bestätigend, auch nicht auffordernd, sondern es war mein Eureka. Tut mir ja leid, Philosophiegeschichte, dass es in meinem Fall anscheinend bloß noch zu Minimalerkenntnissen reicht, aber ich finde sie trotzdem epochal!

Jedenfalls wurde mir in diesem Moment klar, dass ich sofort wegmüsste aus Berlin. Nicht bloß heute. Nein, so lange wie möglich. Wenn möglich sogar: für immer.

In Berlin heißt es unter Berlinern dann: Klar! Bloß: wohin?

Tjaja, so ist das. Es fragt hier nämlich nie jemand: warum?

Im Verlauf eines milden Schubes von Wohnungsflucht verbrachte ich einen nachweihnachtlichen Nachmittag im Späti in der Choriner Straße. Ein magischer Ort, besonders schön ist es dort in dieser Jahreszeit, wenn es schon um 15 Uhr wieder eindunkelt. Im Schein der kleinen Kerze blätterte ich durch eine Ausgabe der »Zeit« und musste mich beim Entziffern der Artikel doch ziemlich anstrengen (also mein Gehirn musste). Aber dann war dort plötzlich eine Seite, die für sich selbst sprach: auf dunklem Grund zwei weiße Zeichen und ich dachte: Geil, endlich mal ein Special über Hasen!!!

War dann aber leider doch nicht der Fall, denn was ich für die Ohren, also die Löffel, des Hasen gehalten hatte und darunter die Knopfaugen desselben, sollte in Wahrheit zwei Ausrufezeichen darstellen. Eine perfide, den Hasenfreund täuschende Aufmachung, denn die angeblichen Ausrufezeichen waren ja nicht parallel senkrecht, wie es sich für zwei Ausrufezeichen gehörte, sondern leicht schräg aufeinander zuweisend, von daher deutlich ein Hasen-Emoticon formierend (wie es sich ja, sozusagen: in der freien Wildbahn herkömmlicher Tastaturen gar nicht erzeugen ließe!), gesetzt. Laut Vorspann beschäftigte sich der zugehörige Text auf der nächsten Seite mit der Sorge der Autorin, durch ein Zuviel an Ausrufezeichen, insbesondere aber durch Superlative, könnte die deutsche Sprache den Rückhalt des differenzierten Denkens verlieren. Stichworte, ganz klar: Internet, beziehungsweise Smartphone from hell. Vermutlich lag es am Nachwirken der Hasenenttäuschung, dass ich die Seite trotzdem geschickt beiseite schaffte (Methode Chinatown), um sie zu Hause einer kritischen Lektüre zu unterziehen. Licht genug war es dort immerhin.