21.9.

Mein Friseur im Salon Marwan hat einen goldenen Humor! Auf der Facebookseite des Salon Marwan gibt es seit kurzem ein Mosaik aus vier Bildern, da zeigt er, wie er aus einem full blown Afro eine für diesen Salon typische Brikettfrisur formt (Methode Buchsbaum). Darunter steht »Egal, was für Haare. Bei mir ist alles möglich«. Da hat er recht. Gestern habe ich mir dort zum ersten Mal seit Februar die Haare schneiden lassen von ihm, sonst durfte er immer nur an den Bart, und was soll ich sagen? Es war ihm eine gewisse Nervosität anzumerken. Nicht umsonst besteht das Logo des Salons aus zwei gekreuzten Rasiermessern, damit können die Jungs auch super umgehen — in einem Sinne von unblutig, aber der Rest, also soweit ich es bislang beurteilen konnte, wird dort mit elektrischen Scherblättern erledigt, von denen eine ganze Batterie auf dem Sims vor dem großen Spiegel bereitsteht, rötlich blinkend, um stets aufgeladen zuhanden zu sein. Mein seidig glänzendes, hasenzartes Haar allerdings darf nicht gestutzt werden, es will geschnitten werden (so ähnlich wurde im Manufactumkatalog einst die eineinhalb Meter lange Schneide des Brotmessers von Güde beworben: »Weil Brot geschnitten werden will, und nicht gerissen«).

Ich machte dann noch einen Umweg und besuchte Oliver in seiner Behausung. Die Putzfrau war gerade da, also lud er mich auf seinen Balkon auf einen Kaffee. Ich bewundere Oliver um seine Seelenruhe, mit der er es in seiner Wohnung aushält, während dort jemand für ihn putzt, ja, dass er währenddessen sogar noch Besuch empfängt — könnte ich nicht. Wenn Eric sich ankündigt, verlasse ich das Haus und komme erst wieder, wenn er garantiert längst fort ist. Mir wäre das so peinlich, anwesend zu sein, während jemand für mich etwas tut, das ich, genau genommen, auch selbst machen könnte. Wenn auch nicht so gut. Na ja, wo es schon einmal so war, wie es war, probierte ich einen der angebotenen Schokoladentrüffel. Die Sonne schien. Wir unterhielten uns über das Umsatzsteuersonderprüfungsamt, die Genialität von Max Küng und über Japan. Und darüber, dass die Hauptstraße noch immer Hauptstraße heißt, obwohl die Google-Lokatoren dort längst David-Bowie-Straße anzeigen. Beziehungsweise: dass es nur noch eine Frage der Zeit sein wird – wie so vieles, wie fast alles –, bis es keine Straßenschilder mehr geben wird, sondern bloß noch Lokatoren. Wer schaut denn da eigentlich noch hin? Und praktisch wäre es sozusagen obendrein, der Übersetzungsfunktion wegen. Beispielsweise in Japan. Vor allem aber in China.

Eigentlich hatte ich bloß noch Tintenpatronen kaufen wollen. Geriet dann aber kurz vor dem Abbiegen in die Akazienstraße in die Fänge eines Ladens namens Flying Tiger, den ich bis dato des tiffigen Krams vor seinen Türen wegen ignoriert hatte. Was ein kapitaler Fehler war, wie ich, angelockt von einer David-Shrigley-Sockenkollektion, umgehend feststellen musste. Ich leistete Abbitte in Form eines Megakaufs von etwa 1200 Artikeln nur nützlicher kleiner Dinge, die, wie ich erst beim in Tüten Verpacken feststellte, allesamt rosa waren. Ich habe nur wenige Kaufräusche erlebt in meinem Leben. Beinahe jeden davon habe ich hinterher schlimm bereut und war danach wieder für Jahre ein eher disziplinierter Typ. Aber Flying Tiger? Jederzeit wieder. Eventuell sogar schon morgen.