30.7.

Nach zwei langen Nächten in der Obhut der Höhle verspürte ich erste Gedanken; am Neocortex tat sich etwas; minimal zwar, aber immerhin. Ich zog den Vorhang beiseite, öffnete die Tür und setzte mich, die Dunkelheit im Rücken, vor das leuchtende Bild, das vergleichbar schön anzuschauen war wie diese Fotografie von Günther Förg, die den Ausblick durch das große Fenster der Casa Malaparte zeigt.

Casa come me: freudvoll, sanft und heiter. Ich dachte an Enea, der, das zeigte mir die Armbanduhr, nun schon wieder seinen Wohnsitz in der Toskana erreicht haben würde. In einer Pause hatten wir neulich noch über sein mögliches Vorgehen gegen die Stachelschweine gesprochen. Es gibt dort sehr viele. Seine Frau benutzt deren abgefeuerten Stacheln, die wohl so hart und auch aus einem durchscheinenden Horn wie unsere Fingernägel sind, als Haarnadeln; sie steckt die durch ihren Dutt.

In einem italienischen Rezeptbuch aus dem Seicento fand ich ein Rezept für die Zubereitung der Nagetiere: man hölt sie aus und reibt sie mit Schmalz und irgendwelchen Gewürzen reichlich ein – vermutlich, um den Eigengeschmack des Stachelschweinfleisches zu überdecken. Wobei Enea erzählte, dass die Stachelschweine sich rein vegetarisch ernährten. Weswegen er überhaupt bloß gegen sie vorgehen muss, weil sie sich nachts in seinem Gemüsegarten mit Salat und Tomaten vollfressen. Das Schmalz übrigens, so stand es in dem Rezept, müsste aus den Vorderläufen des zum Grillen vorgesehen Stachelschweins gekocht werden. Warum ausgerechnet aus denen, war uns beiden nicht klar. Wahrscheinlich gibt es dort ein Fettdepot.

Der Himmel heute ist in Weiß und Blau gestreift, so gleichmäßig wie ein Zebrastreifen im Limonadenland. Der See liegt wie gestrichen da, über den dunkler erscheinenden Untiefen kräuselt es sich, sobald es in den Baumkronen rauscht. Die Nachbarn sitzen en famille an einer Riesentafel auf dem Rasen. Es wird, in der Unterhaltung der Männer, mit Riesensummen hantiert. Auf einem sarghaften Holzkasten steht eingebrannt »Crocket«.

Im Zauberberg gab es für mich immer nur diese eine Stelle, die rätselhaft blieb. Wenn Hans, während Joachim stirbt, zu der verborgenen Stelle im Wald hinaufsteigt, um »zu regieren«. Heute früh, am Fenster sitzend, habe ich begriffen, was damit gemeint ist.