Im Café Grundmann

Durch Leipziger Wesen sollte ich schlußendlich genesen. Am Palmsonntag war dort das Wetter genau so, wie es der Brauch verlangt. Die Stadt hatte sich seit meinem letzten Besuch vor einem Jahr, der von seinem Charakter her mit einer Stippvisite vergleichbar gewesen war, stark verändert. Vieles, vor allem die Atmosphäre und wie die Einwohner sich kleiden, erinnerte mich jetzt an ein Berlin vor zwanzig Jahren, das ich noch gekannt habe, das aber seit nachfolgend dem Jahr 2008 unwiederbringlich verschwunden scheint.

Auf Fahrrädern fuhren wir durch den Clara Zetkin-Park, wo auf der Brücke viele Menschen saßen, bis hinunter nach Connewitz, wo wir uns auf der Laderampe des legendär gewordenen Rewe-Markts eine Vita Cola teilten. Die schäumte lebhaft und hatte ein zitrisches Aroma. Von den Gebäuden her ist vieles schon fertig, manches aber zum Glück noch nur halb, so dass ich noch gedankenlösende Lücken fand im Text dieser Straßen; dort wieselte meine Fantasie hinein. Ganz leer, es war schließlich Sonntag, war der Platz vor dem imposanten Tempel des Bundesverwaltungsgerichts. Verwaltung mit L—als Eselsbrücke, dass Du nie mehr vergisst, wo das Bundesverwaltungsgericht seinen Sitz hat.

Vor dem Maître sitzend, einer Leipziger Paris Bar, und später dann eben auch noch im Café Grundmann sprachen wir beim Schnitzel über die Zeitumstellung. Warum hat die, wenn schon, im Schlaf stattzufinden? Tags müßte das angesagt werden, mitten im Tag. Beispielsweise zur elften Stunde. Wie eine Schweigeminute dergestalt, dass es beinahe jedem, der dann das Zurückspringen seiner Displayuhr vor Augen geführt bekommt, oder gar noch selbst am Kronrädchen schrauben muß, bewußt gemacht wird, dass in diesem Moment nun die Zeit von uns neu eingerichtet wird. Und wenn es einem dann abends noch fühlbar anders licht erscheint, dächte man an den Moment, da die Stunde geraubt wurde, anders zurück.