IM RESTAURANT DER ZUKUNFT

Ausflug ins Brandenburgische. Das mir nächstgelegene Restaurant der Zukunft findet sich laut der Findefunktion auf der Website von Mc Donald‘s nahe Teltow, unmittelbar hinter der ehemaligen Zonengrenze. Mit dem Regionalbus dauert die Fahrt über eine Autobahn lediglich fünf Minuten bis dorthin. Es geht vorbei an der verlassenen Zollstation von Dreilinden, einer Ansammlung schöner Gebäude, deren roter Anstrich mittlerweile ins Himbeer verwaschen ist. Das Ensemble steht unter Denkmalschutz. Wahrscheinlich wird darin bald schon ein Accelerator eröffnet; oder der Skulpturenpark einer Kunsthandlung. Eine steht dort ja schon: aus dem gegenübergelegenen Waldufer ragt eine Rampe aus Beton über den Wipfeln. An deren Klippe ist ein lebensechtes Modell jener Räumfahrzeuge befestigt, mit deren Hilfe dort einst die Mauer wieder abgebaut wurde. Man hat es rosafarbend angestrichen—wohl um es herauszuheben aus den Naturfarben der Umgebung aber wohl auch, um es nicht zu weit zu treiben, mit der Lebensechtheit des Modells.

Die Restaurants der Zukunft, es gibt derzeit schon mehrere hundert auf Bundesgebiet, sind daran zu erkennen, dass die Golden Arches, das »Mc Donald‘s M« dort auf tanngrünem Untergrund steht. Auch das Gebäude unter dem Schild erinnert mit keinem Merkmal mehr an die berühmte Corporate identity: Tanngrün statt Rot, Eichbraun statt Gelb. Gleich im Eingangsbereich tritt man vor mannshohe Touchscreens, mit denen das Menü bestellt und auch noch an diesen Bildschirmen bezahlt werden kann. Diese Bildschirme gibt es zunehmend auch schon in den Filialen, die noch in rot gestrichenen Gebäuden der ersten Generation firmieren. In den Restaurants der Zukunft aber, Grund meiner Reise, werden auch neuartige Speisen angeboten: die Burger der sogenannten Signature Collection. Es handelt sich, so zeigt es die wie gewohnt appetitanregende Produktfotografie des Konzerns, um Burger, die mit dem inzwischen deutschlandweit etablierten State of the Art der Burgerherstellung mithalten wollen: schwellende Buns, muskulöse Patties, strotzend vor gemüsigem Beiwerk. Dazu kommt das für Mc Donald‘s ungewöhnliche Angebot, vermittels eines Multiple-Choice-Menüs auf dem Touchscreen die Zusammensetzung eines Burgers nach gusto zu verändern. Einzelne Spezialzutaten lassen sich sozusagen hinzubuchen, Standards können weggebucht werden. Der Garungsgrad des ungefähr doppelt so dicken Pattys (à la medium, well done, black and blue) läßt sich allerdings nicht wünschen. Aber das kommt sicherlich noch. Im Lichte der Konzerngeschichte geradezu maschinenstürmerisch erscheint die Option, sich im Restaurant der Zukunft sein am Bildschirm bestellt und bezahltes Menü von einem Menschen an den Sitzplatz servieren zu lassen.

Das Mobiliar, hell war es ja schon immer gehalten, wirkt im Restaurant der Zukunft freundlich. Die Sitzbänke und Stühle sind mit tanngrünem und eichbraunem Kunstleder aufgepolstert. Der Signature-Burger wurde in eine voluminöse Schachtel aus mattschwarzer Recyclingpappe verpackt. Im Inneren befindet sich ein vermutlich von Andrée Putman entworfenes Wachspapier, das mit einer Art-Deco-Grafik bedruckt ist. Der Burger selbst sieht verblüffenderweise exakt so aus, wie auf der Produktfotografie am Schirm. Er leuchtet von innen heraus. Schmeckt allerdings dann haargenau so, wie ein klassischer Burger von Mc Donald‘s. Was ja andererseits auch etwas beruhigendes hat.

Die Fritten, noch gibt es keine aus Süßkartoffeln, werden auf Wunsch mit einem Dip in der neuartigen Geschmacksrichtung Hot Chili serviert. Das Töpfchen ist mit einer Lasche verschlossen, die, um auf die Schärfe noch extra hinzuweisen in jenem Farbton gehalten ist, der auf der Pantoneskala als Warm Red C ausgewiesen wird. Es ist dies jener alarmrote Farbton, mit dem der Suhrkampverlag aktuell das Büchlein »Gegen Judenhass« von Oliver Polak einbinden läßt. Hüben wie drüben wirkt das aber irreführend. Der im Restaurant der Zukunft servierte Dip schmeckt marmeladig und kein bißchen hot.