Reishase
Im Weltspiegel wurde über den Stand der feministischen Bewegung im Reich der Mitte berichtet: der Slogan Me Too ist dort natürlich per Dekret verboten. Wer ihn hinschreibt oder eintippt, kommt in Haft. Aussprechen aber ist erlaubt, deshalb lautet der Slogan unter Chinesen jetzt halt »Reishase«, weil das Wort für Reis wohl wie me klingt und das für Hase wie too. Aufmalen darf man den Slogan auch, es waren Bilder zu sehen von einer Schüssel Reis und einem miffyhaften Hasen daneben. Selbstverständlich vor rosafarbenem Hintergrund. Signalfarbe der Aufständischinnen weltweit.
In seinem Eintrag zum 6. Juli 1998 schreibt Rainald Goetz: »Neulich waren in der E-Mail folgende zwei Zeilen:
Du: ich werde ein Kind von dir bekommen.
felicitatis
Danke. Das ist eine Frau aus Frankfurt, mit der ich dreimal telefoniert habe, weil sie eine Radiosendung mit mir machen wollte, und ich sagte, okay, einmal im Jahr mache ich eine Radiosendung mit Text und Musik, wieso nicht mit ihr. Gut. Dann rief die mich in der Praxiszeit an und steuerte auf so komische Themen hin, mit Traum, Bett, hoppla. Und ich sofort: entschuldigung, wir kennen uns doch gar nicht, das ist mir unangenehm, wiedersehen. Nach der letzten Praxis-Veranstaltung kam sie zu mir her, hallo, ich bin Felicitas, und ich dachte gleich, alles klar. Vier Sekunden, fertig. Jetzt kriegt sie ein Kind von mir. Und daran soll man sich dann wohl erfreuen und erheitern und das lustig finden. Super Witz. Ich glaube, dass sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz in beide Richtungen komplett gerecht verteilt vorkommt. Und dass es alles auch viel weniger schlimm ist, als dauernd behauptet wird. Au, da gibts jetzt Aufschreie, bei sexuell TÄTLICH belästigten Frauen. Wenn ich sage, dass so eine Mail für mich schlimmer ist, als wenn mich jemand REAL sittlich und intim berührt, das gilt nicht. Das IST aber so.«