Bushido – „Mama hat immer gesagt, du bist toll, Junge“

Interview
zuerst erschienen am 11. Dezember 2011 in Welt am Sonntag, S. 17
Der deutsche Rapper Bushido spaltet mit seinen Texten die Nation. Beim Hausbesuch im Berliner Villenvorort Lichterfelde spricht der Musiker über die Angriffe gegen ihn und seine Pläne in der Politik, über Guttenberg, Rap, Liebe, Sex - und Fischstäbchen.

Popstars leben normalerweise derart abgeschottet, dass wir gar nicht genau wissen, wo. Wer kann schon genau sagen, in welchem seiner 17 Häuser sich gerade Puff Daddy aufhält? Bei Bushido ist es leichter: Da gibt’s eine Adresse, man ruft an, und dann fährt man einfach hin. Die Straße liegt sogar noch innerhalb des Stadtgebiets, in so einem herrlich-schnarchigen, ganz gemütlichen Familien- und Rentnerparadies: Lichterfelde-West.

Der Name steht mit Filzstift am Klingelschild: Ferchichi, so heißt Bushido mit bürgerlichem Namen. Ein Holztor schiebt sich zur Seite. Dahinter steht ein gelbes Haus wie jedes x-beliebige, ein bisschen größer halt. Eine Art ausgebaute Walmdach-Scheunenangelegenheit mit angehobenem Dachstuhl. Bestimmt ist da oben sein Studio, wo er singt und dichtet bei Sonnenlicht. An der Haustür empfängt kein Leibwächter, sondern eine knuffelige, kleine Frau mit Brille: seine Mutter. „Tachchen, kommen Sie rein, Schuhe können Sie ruhig anbehalten. Wr frühstücken gerade …“ - um zwölf Uhr mittags. So nett und entspannt hatte man sich das nicht vorgestellt. Im Treppenhaus steigt der Duft von Weichspüler in die Nase - hier wird gerade gewaschen. Hier wird gelebt!

Klar ist Bushido „nouveau riche“: Das knallgelbe Haus, sein über 500 PS starker Mercedes CL AMG, sein teurer Jogginganzug - und er ist auch stolz darauf. So sind auch Teile seines Hauses eindeutig repräsentativen Zwecken zugedacht, etwa das 16 Meter lange Sofa aus weißem Leder im Wohnzimmer. Darauf kann man auch mal meckernde Nachbarn empfangen und schön auf Distanz halten. So ein Möbel ist aber auch deshalb so wichtig, weil man gern zusammen abhängt. Der Rapper neigt ja zur Großfamilie. Das heißt, alle Freunde leben mit ihm in einem Clan-ähnlichen Zusammenhang und er ist teilweise auch ihr Ernährer, das gehört mit zu der Kultur dazu. Das lebt Bushido: Komm rein, da ist der Kühlschrank. Hier sprudelt kein Schokoladenbrunnen, in den morgens schon Erdbeeren getaucht werden, wie in diesen MTV-Cribs. Dekadenz kommt Bushido nicht in die Tüte, er ist auf dem Teppich geblieben und frühstückt immer noch die Schrippe mit Lachsschinken. Einzige Deko auf dem Kaffeetisch: ein Weihnachtspappteller mit Duplo, Hanuta, Kinder-Schoko-Bons.

Vier Menschen wohnen in diesem Zweifamilienhaus auf circa 500 Quadratmeter: Bushido mit Freundin Anna-Maria Lagerblom und deren neun Jahre altem Sohn oben. Die Mutter unten. Sie ist überhaupt die wichtigste Frau in seinem Leben - er lebt da etwas vor, was unsere Gesellschaft nicht hinzubekommen scheint: einen Mehrgenerationenhaushalt. Er schiebt die Mutter nicht ab ins Altersheim oder in irgendeine Stadtwohnung. Er verehrt sie. Darum ist Bushido immer da für sie. Und weil Muttis Caffe Latte lieben, hat er ihr auch einen echten Latte-Vollautomaten in der Küche aufbauen lassen, wie es den eigentlich nur in Großküchen gibt. Die meisten Leute scheuen sich ja, sich so was zu kaufen, weil man das Ding auch sauber machen muss. Aber darum kümmert sich die Mutter gern - und schäumt vor Freude Lattes am laufenden Band für den gesamten Frühstückstisch.

Im ersten Stock betritt man schließlich sein Reich. Vor seiner Wohnungstür: Etwa 100 Paar Nike-Schuhe, die dünsten dort aus. Bushido kommt von der Straße, der weiß, dass der Dreck von draußen nicht ins Haus gehört. Der Rapper ist gar nicht so groß und muskulös. Das Kraftvolle, das, was Bushido auf dem Bildschirm so big wirken lässt und so angriffslustig, das sind vor allem seine Tattoos. Der Mann hat bestimmt 20 Gramm schwarze Tinte unter der Haut. Ein Blick in seine Augen: Da ist viel Gefühl. Was ist der für ein Mensch? Das will man doch von so einem, der eine Gefährdung fürs Volk sein soll, jetzt wissen. Im Gespräch lacht er wenig, bleibt konzentriert. Allenfalls das Knibbeln am Handy verrät seine Nervosität.

Herr Ferchichi, Sie wohnen in Berlin-Lichterfelde. Einen Botanischen Garten gibt es hier, die Straßen sind nach Schriftstellern und Architekten benannt. Wie kommt es, dass es Sie hierhin, zu den Dichtern und Denkern zieht?

Zufall. Sagen wir so, als ich jung war, war das immer so mein Traum: Ich wollte ein Haus, ein teures Auto. Ich wollte ein bisschen Schmuck haben und ‚ne hübsche Frau. Bis vor fünf Jahren habe ich ja noch in einer 3-Zimmer-Wohnung gewohnt, 60 Quadratmeter, bei meiner Mutter. Dann wurde mir das Haus hier angeboten, ich mach ja schon länger auch so in Immobilien. Also habe ich das hier gekauft und das Haus gegenüber gleich mit. Da wohnen jetzt Kumpels von mir drin, unten zieht demnächst mein Bruder ein.

Die Mutter nehmen Sie immer mit - Sie leben das Prinzip „Hotel Mama“ umgekehrt.

Auf jeden Fall. Meine Mutter heißt ja Engel mit Nachnamen - dieser Mensch genießt einfach meine uneingeschränkte Liebe. Manche lachen ja darüber, dass ich immer noch mit ihr zusammen lebe. Solche Leute tun mir echt leid. Abgesehen davon finde ich es auch praktisch, die Familie um sich zu haben. Haste eine Mutter, haste immer Butter: Im Sommer grillen wir oft hier, sie macht dann Koteletts für alle, und dann sitzen hier bei uns schon mal 200 Jahre Knast im Garten. Oder auch, ich sag mal, Berufe, die für die Gegend jetzt nicht so normal sind wie der Kollege bei der Bank. Wir fahren halt auch alle teure, laute Autos. Alle bringen ihre Kinder mit. Dementsprechend kucken die Nachbarn schon mal komisch. Die sind hier natürlich alle auch gerade so ein bisschen Bushido-sensibilisiert. Egal, wir sind hier ‚ne gesellige Runde, wir haben uns gut etabliert. Zusammen haben wir viel erreicht, wir können unsere Kinder auf Privatschulen schicken und ihnen mehr bieten als uns unsere Eltern damals. Darum legen wir auch viel Wert darauf, als Freundeskreis zusammenzuhalten.

Wo stecken eigentlich Ihre Pitbulls?

Ich habe drei Labradore - Sherlee, Misha und Sucki. Drei Mädels …

Die Ralph-Lauren-Hunde. Okay, ich sehe spitze Nadeln - an einem kleinen Tannenbaum. Dahinten brennt was - eine Kerze. Als Gewaltverherrlicher haben Sie reichlich wenige Waffen hier an Bord.

Ich habe noch nie Waffen besessen. Ich habe nur eine Machete am Bett, so ein Riesending. Kam auch mal zum Einsatz: Fuchs im Garten. Für alles andere gibt’s ja 110. Selbstjustiz hab ich mir abgewöhnt, haben die Leute ungern hier - obwohl ich mich ja schon ganz gern selbst um die Dinge kümmere. Gut, bei Gaffern am Zaun gehe ich schon mal raus vor die Tür. Dann machen die aber auch zack, zack die Fliege.

Die Rollen im Haus sind ja verblüffend klassisch verteilt: Die Männer schwingen die Keule, die Frauen schäumen den Latte.

Ich bin für klare Verhältnisse. Das hat mit Macho nichts zu tun, es macht das Leben nur sehr viel einfacher. Ich liebe nun mal eine gewisse Häuslichkeit - und dafür sind die Frauen zuständig. Ich wasch‘ doch keine Wäsche, Kollege. Hat immer meine Mutter gemacht. Jetzt müssen wir natürlich etwas differenzieren, weil seit vier Monaten auch meine Frau mit im Haus wohnt - ich sag immer „Frau“, obwohl wir noch nicht verheiratet sind, aber „Freundin“ klingt so pubertär. Und das Lustige ist: Meine Frau hat so viel Ähnlichkeit mit meiner Mutter! Also von der Art jetzt. Ist echt krass. Hab ich Anna-Maria auch letztens gesagt. Ich mein so, Scheiße, Alter, das totale Abziehbild. Jedenfalls, in unserer Dreier-Beziehung gibt es eine strikte Geschlechter-Trennung was einzelne Pflichten betrifft - und ich erwähne jetzt bewusst nicht die Rechte, weil, da gibt es keine Trennung für mich. Beide Seiten haben einfach früh erkannt, welche Vorzüge sie aneinander haben, darum haben wir auch ein sehr harmonisches Verhältnis.

Nach dem Motto: Jeder darf machen, was er will, solange gemacht wird, was Sie wollen.

Nee, nee, wir sagen uns schon ehrlich, was wir können und was nicht. Heißt im Klartext: Die Frauen sorgen für die Nahrung, Wäsche, Saubermachen - wobei die sich natürlich gut ergänzen. Wir haben zum Beispiel eine Waschküche im Keller. Das bedeutet, die Mädels sammeln einfach alle Wäsche und waschen gleich unten alles zusammen. Dann müssen sie nicht so viel laufen. Ich bin aber der, der den Wäschekorb runtertragen muss! Alles, was mit Kraft zu tun hat, macht der Mann. Und, klar, ich hol natürlich auch die Kohle ran. Darum brauche ich auch viel Schlaf. Ich liebe mein Bett, Alter, ich könnte den ganzen Tag im Bett liegen. Vor zehn bin ich gar nicht ansprechbar. Dann kuck ich erst mal „Mitten im Leben“ - bis halb zwölf. Dann steh ich schnell auf für eineinhalb Stunden: Frühstücken, E-Mails checken. Um ein Uhr lege ich mich dann wieder hoch, da kommt „Britt“ bis 14 Uhr. „Mitten im Leben“, die neue Folge, und „Familien im Brennpunkt“. Danach muss ich ein bisschen arbeiten, Telefonate und so. Abends kommt dann das komplette RTL-Asi-Programm, schön mit Fischstäbchen, Kartoffeln und Spinat dazu. An diesen Soaps kann ich mich ja so richtig ergötzen. Das ist ja sozusagen mein Leben, nur dass ich nicht mehr dazugehöre. Und das Irrste ist, in jeder Sendung hängt auch noch immer irgendwo ein Bushido-Poster!

Dann wissen Sie ja in etwa um den IQ der breiten Masse und deren Probleme. Wer eben auch Ihre Musik hört und Sie als Held verehrt. Ist es da nicht fahrlässig, wenn man dann wie Sie in Ihren Liedern mit Sätzen zündelt wie „Ich jage jetzt zehn Kugeln Schrot in dich Miststück“ und pubertierenden Jungs vorsingt, dass man Frauen wie Bitches zu behandeln hat?

Huu, ja, der böse, böse Bushido jagt Schwule und hasst Frauen! Ich lass gleich die Labradore los!

Reden wir vernünftig: Wegen gewaltverherrlichender Texte stehen Sie als Rapper derzeit in der Kritik. „Von der Skyline zum Bordstein zurück“ - da sind Sie scheinbar angekommen in der gesellschaftlichen Wahrnehmung: Schelte vom Rosenstolz-Sänger, von Heino, von Alice Schwarzer. Letzte Woche hat sich scheinbar auch noch Ihr letzter Fürsprecher, Peter Maffay, von Ihnen abgewandt. Mit ihm haben Sie gerade einen Song aufgenommen. Maffay klagt, er vermisse bei Ihnen eine klare Distanz - kündigte die Zusammenarbeit. Mal ehrlich: Das ist doch schlimmer als Gaffer am Gartenzaun, da zuckt doch die Hand nach der Machete! Fühlen Sie sich nicht allein gelassen?

Ich find das ja süß, piepsende Krümel. Okay, das mit Maffay bedaure ich. Er konnte dem öffentlichen Druck einfach nicht standhalten. Egal, man darf mich ja ruhig kritisieren. Ich mag das ja, ich brauch das auch - dieses Reiben. Ich mein, es war schon sehr ruhig um mich herum, es war so ruhig geworden, auch weil ich selbst so viel ruhiger geworden bin, dass ich schon manchmal dachte, Alter, das wird jetzt fast ein bisschen zu soft.

Mit dem Rücken zur Wand - ist das Ihr Aggregatzustand, Ihre Betriebstemperatur? Legen Sie erst richtig los, wenn alle gegen Sie sind?

Sagen wir so, die Rede beim „Bambi“ von Peter Plate, dem Sänger von Rosenstolz, hat mich schon sehr getroffen, dass er gesagt hat, ich verdiene keine zweite Chance. Das hat mich echt traurig gemacht. Dass Menschen so unfair sein können. Wo ist die Toleranz, Leute? Man kann doch reden. Und wirklich schlimm war diese DuMont, die mir die goldene Klobrille verleihen wollte. Ich mein, da hört der Spaß echt auf. Ich bin schon jemand, der einiges aushält, aber diese letzten Wochen, seit ich diesen „Bambi“ bekommen habe, waren schon anstrengend. Ich war schon ganz schön fertig. Ich lag dann hier teilweise oben im Bett mit meiner Frau und habe echt gemerkt, wie nervenaufreibend das war. Und darauf habe ich keine Lust.

Selbstzweifel gibt es überhaupt nicht bei Ihnen? Wenn Sie Selbstzweifel haben, dann gehen Sie zum Arzt?

Ich sag mal so, man kann jemandem einmal eine Murmel an den Kopf werfen, und Sie sagen: „Hey, sorry, aber bitte hör mal auf damit.“ Dann nimmt er die zweite Murmel und du sagst noch mal nett: „Ey, Kollege, ich habe dir gerade schon mal gesagt…“ Irgendwann ist die Geduld zu Ende und dann musst du dich wehren.

Würden Sie was zurücknehmen?

Und ein Buch schreiben wie Guttenberg? Bestimmt nicht. Geht auch gar nicht. Ich kann nicht aus einem Verein austreten, in dem ich nie Mitglied war. Okay, ich sag’s jetzt ein für alle mal: Ich habe weder was gegen Frauen noch gegen Schwule noch gegen sonst irgendjemanden. Mir so etwas zu unterstellen ist einfach nur dumm und im Übrigen auch diskriminierend gegenüber meiner Person. Wenn trotzdem jemals der Eindruck entstanden ist, ich sei irgendwie feindlich gegen irgendjemanden - dann tut mir das leid. Ich sage aber auch: Was ich gemacht habe, habe ich gemacht, und ich werde weder Alben vom Markt nehmen, noch mir vorschreiben lassen, was ich in Zukunft zu singen habe. Ich bin kein Kanarienvogel. Im Gegenteil, ich habe den Menschen da draußen, die mit dem Zeigefinger auf mich gezeigt haben, immer gesagt, ey Leute, so funktioniert das nicht. Ich habe meine eigene Moralvorstellung.

Was ist denn Moral für Sie?

Glücklich oder zufrieden zu sterben. Ich möchte die Zeit hier nicht als Einzelhaft. Natürlich gehört auch Kampf dazu und eins auf den Sack kriegen, auch mal verlieren, auf die Fresse fallen. Aber im Endeffekt ist das Leben - das ist einfach was völlig unglaublich Schönes! Ich meine, es ist doch so: Ich hab mir hier was aufgebaut, und das lass ich mir auch von niemandem kaputt machen. Fünf Uhr aufstehen, zur Baustelle, für 180 Euro im Monat. Das war Kampf, Alter. Es ist so super, super, super schwer, da rauszukommen. Du bist der letzte Dreck, ey, und träumst nur davon, einmal ruhig aufzuwachen, ohne Angst, ob du deine Miete bezahlen kannst. Sicherheit. Darum habe ich mein Ziel ja auch so bedingungslos verfolgt. Da bin ich auch ohne Rücksicht echt über Leichen gegangen.

Was heißt das?

Berlin hatte Ende der 90er eine große Hip-Hop-Szene. Wir waren eine große Clique und haben bei mir im Kinderzimmer Musik gemacht. Ich bin da wie ein Messer durch, egoistisch, die Schwächeren hast du weggeboxt.

Sie sind in Bonn-Bad Godesberg geboren und in Berlin-Kreuzberg aufgewachsen.

In der Yorckstraße. Schlimme Erinnerungen. Arm, eng, kalt. Mit zwölf die erste Zigarette, mit 13 das erste Mal Gras, mit 14 der erste Bruch: Zigarettenstangen im Kiosk, Kasse geplündert im Videoladen. Mit 19 kam ich ins Erziehungsheim. Ich hatte Drogen verkauft, um mein Taschengeld aufzubessern.

Genau wie man sich das vorstellt: Straßen-Abi. Von der Pike auf gelernt.

Das Leben ist brutal. Auf der Straße lernen Sie schnell, wer das Alphatier, wer schwach, wer Mitläufer ist. Ich seh’s ja auch an unserem Kleinen hier, der greift sich auch gern mal zuerst zu essen, sodass der Letzte kaum mehr was abkriegt. Da muss ich dann auch manchmal einschreiten und sagen, so läuft’s nicht. Ich war immer ein Alphamann. Ich war nicht stark, ich war schlau. Okay, wenn Benjamin in der Schule am Hermannplatz „Scheiß Ausländer“ zu mir gesagt hat, habe ich ihm schon mal eine gegeben. Aber ich habe nie angegriffen. Alles in allem war es ein ziemlich langweiliges, monotones, kiffendes Leben. Wir haben uns von morgens bis abends die Birne zugeknallt: Kokain, Marihuana, LSD, Ecstasy, alles außer Heroin. Wegträumen, raus hier.

Getto bei uns ist immer Christiane F.

Ich habe sogar meine eigene Mutter beklaut, um an das Zeug zu kommen. Dafür schäme ich mich heute noch. Bevor um acht Uhr die Schule losging, waren wir schon bekifft. Man hängt rum, schweigt, hört Musik. Das war schon nach dem Mauerfall. Plötzlich kam die Hälfte der Klasse aus dem Osten. Sonst waren wir immer die Ausländer und wurden angekuckt. Plötzlich waren die Ossis die Fremdkörper. Das war so ein Kastensystem, es ging um die Coolness: Die Westberliner waren ganz oben, dann kamen wir, dann die Ossis.

Ihre Mutter ist Deutsche, Ihr Vater Tunesier.

Er hat uns verlassen, da war ich drei. Er war Alkoholiker. Mein Vater und auch mein Stiefvater später, beide haben sie meine Mutter geschlagen. Das ging, bis ich 19 war. Ich habe heute noch dieses Klatschen im Ohr - Haut auf Haut. Oder diesen dumpfen Schlag und dann dieses Nachklingeln des schweren Telefons mit Hörergabel und Wählscheibe noch, wenn es zu Boden fiel. Damit warf mein Vater immer nach meiner Mutter oder er haute es ihr an den Kopf. Anfangs habe ich mich versteckt, ich hatte Angst, war wie gelähmt. Später habe ich immer den Fernseher lauter gedreht, damit mein kleinerer Bruder nichts mitbekommt. Danach war immer das gleiche Szenario: Vater haut ab, Mutter schweigt. Ich sah ihr dickes Gesicht, geschwollen, verheuelt. Sie hat dann immer versucht, so zu tun, als ob nichts gewesen wäre - uns Kindern zuliebe. Schwierig, das zu ertragen und zu begreifen, weil du eigentlich beide liebst.

Wie haben Sie das ausgehalten?

Ich habe meiner Mutter immer gesagt, Mama, das kann doch nicht sein, das kannst du nicht mir dir machen lassen. Aber sie wollte nicht, dass ich mich da einmische. Sie hatte Angst, dass es eskaliert. Du bist toll, Junge, hat sie jeden Tag gesagt. Wir lebten am Limit, wie gesagt. Aber sie hat meinen Bruder und mich immer über alles gestellt. Sie hat nie Sozialleistungen bezogen, selbst als mein Bruder geboren war, ist sie putzen gegangen, nachts um drei los, in der Bibliothek am Kottbusser Tor. Und ich habe die Windeln gewechselt. Meine Kumpels standen alle auch deshalb so zu mir, weil sie meine Mutter so mochten. Später hat sie in einer Bäckerei gearbeitet, auch immer mal was umsonst gegeben, wenn die nicht genug Geld hatten. Oder wenn die Polizei zu ihr kam, weil einer geklaut hatte, hat sie zu uns gehalten und gesagt, nee, nee, so was macht der nicht. Als ich meinen ersten fetten Vorschuss bekam, 60 000 Euro für „Electro Ghetto“, habe ich die Hälfte erst mal ihr gegeben. In 50er-Scheinen, damit es nach noch mehr aussah. Ich so: „Hier Mama, das ist hier erst mal für dich.“ Sie hat geweint.

Sie haben Ihren Namen tätowiert.

Ja, auf meinem rechten Innenarm steht Luise Maria. Auf meiner rechten Faust trage ich ein japanisches Zeichen für Wahrheit. Ein Symbol, auch weil meine rechte Hand fürs Schaffen steht.

Sie rappen mit der rechten Hand?

Ich war Rechtsausleger. Ach, was, nein. Mit der Hand schreibe ich, sage ich Guten Tag. Am Hals steht „B“ für Bushido, auf meinen Unterarmen, außen: Electro Ghetto. Und auf meinem linken Innenarm: Berlin. Berlin hat mich geprägt, ich bin Berliner. Und Berlin ist auch nicht wie etwas, Berlin ist Berlin. Eine Lebenseinstellung. Die Stadt hat viele Dinge, auf die man stolz sein kann, auch oder gerade als Deutscher: Das Lebensgefühl, die Möglichkeiten, die du hier hast. Das Aggressive, das Versöhnliche, das Stupide, im Altbaupuff rumhängen, aber die Chance auch. Berlin macht dich entweder kaputt oder es macht dich zu einem sehr interessanten Menschen.

Erster Kuss?

Mit 13. Flaschendrehen mit Augen zu. Meine Kumpels gingen schon in den Puff, ich war noch voll holperig und stolperig.

Erster Sex?

Mit 15 oder so. Kino, fünf Wochen quatschen, dann hat sie dich mal rangelassen. We die aussahen, hat man gar nicht gerafft. Von wegen schöner Hintern, schöner Busen - Hauptsache es passierte irgendwas. Später in meinen 20igern, als ich schon Musik machte, wurde es dann krass. Das hatte nichts mit Gefühl zu tun, du hast weggeknallt, was dir in den Weg kam. Gesicht war egal, Hauptsache in die Kiste. Damals war ich echt schlimm, nur Drecksauparty, furchtbar. Aber es wurde einem auch so leicht gemacht. Der Erfolg. Es gehörte zur Position im Rudel: Eine Frau war Statussymbol, wie ein Auto.

Ihr erster Liebeskummer?

Weinen habe ich mir abgewöhnt, als Kind schon. Ich bin ein logisch denkender Mensch, ich versuche sogar Gefühle logisch zu erklären. Bei einer Frau habe ich immer gesagt, wenn es mir wirklich wichtig gewesen wäre, dann hätte ich mich auch anders verhalten. Damit ging’s mir immer besser.

Wer hat Ihnen die Liebe gelehrt?

Liebe ist ein großes Wort, Mann, schwer zu beschreiben. Das ist kein Hotelzimmer, in das man einfach ein und aus geht. Liebe ist Anna-Maria jetzt. Sie ist die erste richtige Beziehung, so was hatte ich noch nie: Zusammenwohnen, Namen am Klingelschild, nach Hause kommen - verdammt schön.

Um bei Ihrem Bild zu bleiben: Was macht sie zum Top-Modell in Ihrer Garage? Was hat Anna-Maria, dass Sie sich jetzt zum ersten Mal fest binden?

Sie ist einfach unglaublich hübsch. Wir haben uns auf einer Party kennengelernt, dieses Jahr. Ich hab Sie gesehen und konnte mein Glück gar nicht fassen. Irgendwann willst du einfach zur Ruhe kommen, auch weil du selbst ruhiger wirst - sie macht mir das möglich.

Sie scheinen im Glück angekommen. Woher dann der Groll gegen Frauen und Schwule, was braut sich da in Ihrer Feder zusammen?

Diese Songs, die heute noch für Zündstoff sorgen, entstanden, als ich noch vor 15 Leuten sang. Da stand ich mit Sido zusammen auf so Europaletten, Kabel-Mike und hab im Jugendheim gerappt. Ich habe mir eine Homepage gebastelt und alle 20 Minuten die Klicks gezählt. Heute bin ich in der „Bravo“, überall, auf dem Schulhof. Ich sitz im Auto und jeder Typ zwischen 13 und 73 erkennt mich. Heute, das weiß ich auch, trage ich eine ganz andere Verantwortung. Aber damals? Mit Reimen wie Haus und Maus hört dir doch keiner zu. Ich musste die Leute wecken, packen.

Mit Sätzen wie „Ich verkloppe jede Schwuchtel“ oder „wir vergasen jede Tunte“?

Um das jetzt auch noch mal zu korrigieren: Dieser Satz „Wir vergasen jede Tunte“ ist zwar mal von mir geschrieben, aber so natürlich nie veröffentlicht worden. Im Übrigen, das will ich hier auch mal sagen, ist mein Presseberater homosexuell, also so homophob kann ich gar nicht sein. Und der ist jetzt auch kein Quoten-Ali, wir sind seit vielen Jahren befreundet. Nein, was ich da singe, meine ich ja nicht so. Das ist Rap, Battle-Rap. Und Rap ist nun mal intolerant. Da geht’s um die Existenz: Fressen und gefressen werden. Das kommt aus dieser Armut, und der Stärkere gewinnt. Gehen Sie mal in ein Wolfsrudel und nehmen Sie denen das Essen weg, dann wissen sie aber was passiert. Diese Texte richten sich gegen MC‘s, andere Rapper, Kollegen. Das ist wie musikalisches Boxen, da gibt’s richtige Veranstaltungen, die „Battles“. Es geht darum, den anderen verbal fertigzumachen, die dicksten Eier zu zeigen. Dazu sucht man das stärkste Bild und das findet man eben im Krieg oder in der Sexualität.

Es gibt auch Zwergewerfen - muss man auch nicht mitmachen.

Na, ja, wir bringen ja keinen um. Klar sollte man vieles nicht sagen, darüber müssen wir gar nicht reden: Vergast - uhhh - ah, gerade in Deutschland, ganz böse … Das Nonplusultra des Tabubruchs! Für solche Aussagen wird man gefedert und geteert, und ich gebe zu, es wäre mein schlimmster Satz geworden. Auf meinem Album „Staatsfeind Nummer 1“ hört man aber nicht „vergast“, sondern „verarscht“. Okay, auch hart. Genau wie „Schwuchtel“, „Schlampe“, „Nutte“! Aber so ist nun mal der Sound des Raps. Das ist wie eine Rede halten, das hat was Demagogisches, aber das ist auch nicht in Stein gehauen. Politiker machen nichts anderes den ganzen Tag - darum kuck ich ja auch immer so gern Bundestagsdebatten auf Phoenix.

Wer ist denn da der beste Battle-Rapper?

Na, ja, was hat denn der Schill aus Hamburg mit dem Beust gemacht? Der hat ihn als Homosexuellen diffamiert, um sich selbst nach vorne zu bringen. Antihomosexuelle Tendenzen gibt es überall in unserer Gesellschaft, in jeder zweiten Eckkneipe, im Kartenverein. Und überhaupt, was ist denn in der deutschen Nationalmannschaft los? Ich sitz neulich in einer Talkshow und krieg da voll eins auf den Deckel, von wegen diskriminierend und so. Sagt der Talkmaster zu seinem Gast, einem Model-Coach: „Ich meine, Sie sehen ja gut aus, Sie haben viel mit Models zu tun, das ist ja ein Traumberuf, aber gut, bei Ihnen macht das ja nichts, Sie sind ja schwul. Das heißt, Sie sind ja für die Modelwelt verloren oder kann man bei Ihnen noch auf Heilung hoffen!“ Auf Heilung hoffen - hallo? In einem meiner Lieder heißt es zum Beispiel: „Und weil du eine Frau bist, und man dich in den Bauch fickt, heißt es nicht, dass ich dich nicht schlage, bis du blau bist.“

Furchtbar.

Dieser Satz allein klingt schlimm. Er taucht aber in einem Lied auf, das davon handelt, dass ich meine Freundin mit einem anderen Mann im Bett erwische. Genau diesen Schmerz, den ich oder tausend andere Jungs in einer solchen Situation erfahren, drücke ich mit meinem Bild aus. Und da ist das alte Problem der Perspektive in der Poesie: Das ist nicht Bushido, der da singt, das ist mein reimendes Ich. Eine Perspektive, die ich benutze, um ein Gefühl direkt an den Hörer ranzubringen. Sie sind so schockiert, als würde ich tatsächlich eine Frau vor Ihren Augen schlagen. Genau dieses Gefühl, diese Unfassbarkeit wollte ich in Ihnen erzeugen, um den Schmerz meines Themas zu transportieren.

Okay, das weiß man, wenn man sich damit beschäftigt hat. Nur 20 000 Menschen bekommen das in den falschen Hals. Ist es nicht die Pflicht eines Poeten, so zu formulieren, dass er nicht falsch verstanden werden kann?

Wer alles wörtlich nimmt, ist dumm. Wenn Heino „Hoch auf dem gelben Wagen“ singt, springen die Leute auch nicht auf ihre Autos! Da geht’s um das Gefühl gute Laune, Trallala. Zynischer Kitsch. Hip-Hop ist nichts anderes als vertonte Straßen-Literatur. Und wenn man eine gewisse Realität abbilden will, alle Aspekte des Lebens, dann gehört die Fäkalsprache in einem Moment dazu, wenn man nicht verklemmt und verlogen ist. Als ob noch nie jemand diese schlimmen Wörter benutzt hätte. Jeder benutzt die. Und ganz ehrlich, mir ist so ein Typ wie ich lieber als diese vermeintlichen Sonnenscheinleute, die mit Volksmusik Millionen verdienen und sich abends ihren Schäferhund ins Bett holen. Ich kann halt auch nicht über die Blumenwiese rappen wie es De La Soul gemacht haben. Das ist ‚ne Typfrage, das ist wie im Bett. Es gibt auch verschiedene Arten, miteinander zu schlafen. Ich brauche halt eine gewisse Konfrontation. Vielleicht weil ich eine dickere Haut entwickeln musste, muss ich mich auch mehr spüren.

Wie muss man sich das vorstellen, wenn man da so sitzt und schreibt, wie läuft das ab?

Wenn ich jetzt mit Sido wäre, würde ich das Instrumental anmachen, hier auf der Anlage. Man sitzt auf dem Sofa, isst Chips, trinkt Cola. Sido schreibt auf dem iPad, ich tipp das in mein iPhone klein rein. Du hörst den Beat, das Tempo, und dann überlegst du und überlegst. Du brauchst halt so ein Reinkommer, den ersten Satz, wie fängt das an? Das kann auch zwei Stunden dauern. Sobald du den ersten Satz hast, hast du dein Thema. Wobei der Text natürlich stark an die Musik gekoppelt ist. Also wenn die Musik ein bisschen härter ist, ein bisschen schneller oder nach vorne geht, dann schreibst du auch krasser. Du brauchst halt immer den Reim.

Gibt’s denn heute überhaupt noch genug Problemstoff für Sie, oder müssen Sie schon manchmal nachdenken, Mensch, über was rap ich denn heute mal?

Ja, das ist schon nicht leicht. Es gibt mehr Rapper als Themen. Und ich komm jetzt in mein 13. Jahr, ich hab bestimmt 600 Lieder geschrieben, irgendwann gehen die Themen aus.

„Die Zeiten ändern dich“, hieß ein Film über Sie. Sie sagten jetzt in Ihrer Bambi-Rede, Sie hätten gemerkt, dass das, was Sie gemacht haben, ein Fehler war. Wie viel Öltonne flackert heute noch in Ihrer Seele?

Es ist schon so, wie Sido neulich gesagt hat. Mit der Zeit, dem Erwachsenwerden, dem Erfolg auch, versöhnt man sich irgendwann mit der Welt und der Gesellschaft, und gewinnt dadurch inneren Frieden. Das überträgt sich auch auf die Musik.

In Zukunft also Kuschelrap?

Nein, ich werde bestimmt nicht zum Softie. Ich werde immer die Musik machen, die mir gefällt. Aber ich mache mir heute Gedanken, welche Werte ich mit meiner Musik transportieren kann, was ich aussagen will. Um andere lieben zu können, musst du zuerst dich lieben lernen. Das hört sich pathetisch an. Aber es ist leider so. Ich will keinen Kampf mehr, kein Krieg. Ich will nicht, dass meine Alben verboten werden, das ist auch schlecht fürs Geschäft.

Ihr Erfolgswillen erscheint unermüdlich. Kommt das ganz allein aus Ihnen selbst?

Das ist mein Überlebensdrang. Aber auch das Land, in dem wir leben, ist nicht so verkehrt. Wer fleißig ist, kann es schaffen hier. Man darf nur nicht immer jammern und den Schwanz einziehen, wie viele das leider hier machen. Je erfolgreicher ich geworden bin, desto depressiver wurde ich aber auch. Völlige Leere plötzlich. Ich leide an starker Migräne seit ich 15 bin. Ohnmachtsanfälle, Panikattacken. Es gab zwei Jahre, zwischen 2005 und 2007, da konnte ich nicht mal in die U-Bahn steigen. Ich hatte Panik vor Menschen, Platzangst, Herzrasen, Schweißausbrüche, Tunnelblick.

Was war da los?

Es war wie ein Horrortrip, der reinste Nervenkoller. Ich fühlte mich verfolgt, überall lauerte Gefahr. Ich bin 15 Jahre kein Flugzeug geflogen. Ich konnte nicht mehr auf die Straße gehen ohne Musik im Ohr, die mich ablenkte. Die Drogen hatten auf jeden Fall damit zu tun, obwohl ich mit 20 komplett aufgehört habe. Aber der Ruhm und dieser Erfolg haben mich auch in so einen Rausch gebracht, weg von mir.

Mal Therapie gemacht?

2007 war ich bei einer Psychologin, als meine Mutter sich plötzlich meldete. Ich hatte sie sieben Wochen nicht gesehen und auf einmal sagte sie - Krebs! Damals war ich am Tiefpunkt meiner Depression. Nicht, dass ich je an Selbstmord gedacht hätte, aufgeben ist nicht mein Ding. Aber ich dachte, Alter, du bist jetzt ein seelisches Wrack und da kommst du nie wieder raus.

Was passierte dann?

Nach zwei Stunden habe ich abgebrochen, weil ich gemerkt habe, dass ich die Dame therapiere und nicht sie mich. War schwierig bei mir. Ich hatte ja nicht nur diesen inneren Fetisch, ich war ja auch immer eine Ein-Mann-Firma. Jetzt mal doof gesprochen: Bushido hat immer Ärger bekommen und musste allein dafür geradestehen. Und dann sagen Sie mal dem Bushido 2007, der gerade über 200 000 CD‘s verkauft und Millionen verdient hat, der zwei Echos bekommen hatte, sagen Sie dem mal, er soll was anders machen. Warum sollte er? Der Speck, der schmeckt. Es gibt sowieso schon wenig Menschen, die sich wirklich hinsetzen und zu sich selbst sagen: „Jetzt pass mal auf!“ Für mich war es noch schwerer, andere Meinungen zu akzeptieren.

Und dann der Krebs der Mutter.

Da war ich echt von mir selbst entsetzt, dass ich nur an mich gedacht habe mit meiner Erfolgsscheiße, und wer wirklich litt, war sie. Da hat sich mein Leben verändert. Ich glaube, da bin ich erwachsen geworden, da habe ich was kapiert.

Wie lange braucht der Anis morgens im Bad, um zu Bushido, dem Rapper, zu werden?

Drei Minuten. Aufstehen, rein in die Klamotte. Ich habe heute noch nicht mal geduscht.

Auch Sport - oder nur Essen und Fernsehen?

Klar, Muskeln. Meine Idole waren immer Rocky, Van Damme, Schwarzenegger. Heute trainiere ich für meine Bandscheiben, mein wunder Punkt. Aber ich bin auch eitel natürlich.

Es gibt ja Menschen, die behaupten, dass Sie deshalb in Ihren Texten so homophob sind, weil Sie davon ablenken wollten, dass Sie insgeheim selbst eine Affinität zum gleichen Geschlecht haben.

Haha! Ja, das sind die Besten, das sind die Besten! Da fragen Sie mal meine Frau, was die dazu sagt! Nein, mal im Ernst: Man braucht beides, finde ich. Frauen und gute Männerfreundschaften. Mit Männern besprichst du Dinge, wenn sie akut sind. Da geht’s um Problemlösung. Mit Frauen kannst du dafür Emotionales besser besprechen. Wahrscheinlich, weil du in ihnen immer auch den potenziellen Liebespartner siehst, um den du wirbst. Ich bin ein ganz guter Frauenversteher, ich hör auch zu.

Ein Rapper im Schlafrock.

Ich bin alles: Faul, fleißig, Arschloch, Freund. Sagen wir so: Ich bin echt, ich bin nicht gemacht. Und: Ich hab’s gepackt. Mit 33 Selfmademillionär, das schaffen wenige Deutsche mit Migrationshintergrund - außer sie sind Drogendealer.

Hip-Hop feiert den Aufstieg. Was stellt man an, wenn man oben ist? Und was macht man mit 60, wenn man mit 30 schon alles hat?

Chillen, ganz viele Kinder großziehen und einfach so viel Zeit wie möglich für sie haben. Anna-Maria und ich wollen eine Familie gründen, wir wollen mal drei, vier Kinder haben. Und klar, wir werden auch heiraten.

Sie wurden neulich mit Ihrer Frau zusammen vor einem Frauenarzt-Zentrum gesehen - Sie werden Vater?

Dazu möchte ich jetzt nichts sagen. Aber wir ziehen bald mal um. Wir haben uns gerade ein Grundstück gekauft, 16 000 Quadratmeter mit einer dreistöckigen Villa drauf - 1000 Quadratmeter Wohnfläche. In Potsdam, Kleinmachnow. Wr haben gerade den Bauantrag eingereicht.

Da werden sich die Hunde aber freuen. Feiern Sie eigentlich Weihnachten?

Christliche Feste haben wir nie gefeiert, mit Anna-Maria und ihrem Sohn gibt’s natürlich einen Baum. Ich bin Moslem, aber allen Religionen tolerant gegenüber. Ich glaube an einen Gott, ich bete auch mal, trinke keinen Alkohol, esse kein Schweinefleisch, aber das ist es auch schon.

Wie beten Sie?

Kein Kommentar.

Sie wurden vor einigen Wochen für Ihre Integrationsleistung ausgezeichnet. Was bedeutet Integration für Sie? Ist Integration, einen Mercedes vor der Tür zu haben? Sie sagen, Sie haben Eichinger getroffen, Seehofer, Sie saßen in der Kerner-Show. Sie haben es geschafft. Haben Sie sich dadurch integriert, sind Sie jetzt Deutscher?

Ich hab immer gesagt, ich bin Deutscher. Und ich bin stolzer Deutscher auch. Ich bin vielleicht ein neuer Deutscher, aber ich fühle deutsch. Ich bin deutscher Steuerzahler, kein Hartz-Vl, ich spreche Deutsch. Ich hatte Deutsch-Leistungskurs, 13 Punkte. Voll integriert!

Was tun Sie genau für eine multikulturelle Verständigung?

Ich will helfen, nicht darüber reden. Für wen ich allerdings gerne Werbung mache, ist diese Aktion „Wünsch dir was“. Da wird Kindern, die sterben müssen, etwas erfüllt, von dem sie immer geträumt haben. Da könnt ich echt heulen. Integration, das hört sich immer wie Strafe an: Uuuuh, wir müssen jemanden integrieren! Man muss den Menschen begreifbar machen, dass es beiden Seiten etwas bringt: Integration als Bereicherung. Ich bin hier zu Hause - dafür zahle ich Steuern.

Ihnen geht’s gut?

Sie meinen, ob ich reich bin? Für meine Mutter bin ich natürlich superreich, wie von hier bis zum Mond. Sagen wir mal so, ich müsste nicht mehr arbeiten gehen, auch wenn ich keine Musik mehr machen würde. Ich will auch gar nicht mehr so viel raus. Wenn morgen einer zu mir sagen würde, ich gebe dir 60 000 Euro, wenn du mit ins Konzert kommst, würde ich ablehnen: Kein Bock. Ich kuck lieber „Frauentausch“ mit meiner Frau.

Bei 100 000 - würden Sie gehen?

Kommt drauf an - was im Fernsehen kommt.

Wie legt ein Rapper sein Geld an?

Solide, alles solide. Ein paar Immobilien, mein Musik-Label, der Rest auf die Bank.

Mal überlegt, an den Genfer See zu ziehen wie Schumacher, bisschen Steuern sparen?

Würde ich nicht ausschließen. Wenn ich sehe, dass die Hälfte meines Geldes an den Staat geht. Woanders zahle ich nur sieben Prozent. Ich liebe Berlin, aber das Finanzamt hat nichts mit Patriotismus zu tun. Geld genug hat man nie.

In welcher Partei fühlen Sie sich zu Hause?

Ich war mal SPD-Wähler. Seit Schröder weg ist, wähle ich überhaupt nicht mehr. Allein der ganze Piratenparteiquatsch: Mit Palästinensertuch beim Parteitag erscheinen oder den Freund als Chauffeur einstellen, die sind mir echt zu teenymäßig unterwegs. Zu lasch mit der Verantwortung. Uns fehlt es an Eiern - damit will ich nicht Angela Merkel angreifen. Im Gegenteil, gerade jetzt in der Euro-Zeit hat sie mich positiv überrascht. Dieses oft so devote, duckmäuserische Deutsche, das hat sie nicht. Die haut auf den Tisch, kloppt das weg. Die hat Führungsqualitäten. Und ich finde das schön, dass eine deutsche Politikerin über die nationale Ebene hinaus wirklich mal wieder selbstbewusst und mit Führungsqualitäten auftritt. Merkel finde ich cooler als Obama.

Sogar cooler als Bushido?

Ich muss ran! Ich muss in die Politik - und ganz ehrlich: Das kommt auch. Ich weiß, ich hab das mal so aus Spaß gesagt, aber ganz ehrlich, ich glaube, ich würde echt Wähler bekommen. Deswegen werde ich es auch einfach mal machen. Ich werde definitiv eine Partei gründen und ich würde versuchen, die Einstellung der Menschen zu ändern. Bushido for a better world.