Liebe und Haß
Der 25. Februar 1981 war ein besonderes, fast historisch zu nennendes Datum im sonst eher provinziellen Kulturleben des Ruhrgebiets. Keine weltbewegende Peymann-Inszenierung oder die Eröffnung eines neuen Museums war zu feiern, nein, als erste New Wave-Band des deutschen Industriezentrums hatte die Vorgruppe aus Wanne-Eickel (bürokratisch seit einigen Jahren: Herne 2) eine LP veröffentlicht: „Im Herzen von Nielsen 2“.
Schon wenige Tage später lobten die Kritiker Alfred Hilsberg und Kurt Thielen, denen vorab eine Kassette zugegangen war, das Debüt in Sounds bzw. im Marabo. Am 11. April zeigte sich auch der Deutschland-Experte des NME, Chris Bohn, begeistert von „the very wonderful Herne Townfolk“. Zwar glaubte er, generell ein wenig Verzagtheit zu erkennen, doch würde die durch lebendigen Zynismus und witzigen Sarkasmus in Schach gehalten.
Bei soviel Zustimmung seitens der Presse konnte nicht überraschen, daß die vom Ein-Frau-Laden H’art vertriebene Platte alsbald auf rege Nachfrage stieß, überall in der BRD, nicht nur bei Insidern. Schnell gingen die ersten tausend Exemplare über den Ladentisch. Somit waren schon mal die Produktionskosten von ca. 4000 Mark eingespielt. Allmählich wurde die Scheibe auch in Holland, England und in der Schweiz verkauft. H´art erhielt sogar eine Bestellung von einem Sender in Manitoba/Kanada. Bis Ende April konnte die Verkaufszahl verdoppelt werden.
Zu diesem Zeitpunkt verließ Bernd „Omo“ Schäumer, einer der Mitbegründer der Vorgruppe, seine Kollegen. Das letzte gemeinsame Konzert in der LP-Besetzung fand vor einem begeisterten Publikum in der Bochumer Spelunke Underground am 26.4. statt. Knapp zwei Wochen danach absolvierte Omo seinen ersten Auftritt ohne seine ehemaligen Mitstreiter. Mit zwei anderen befreundeten lokalen Musikern improvisierte er eine Stunde lang an seinem kleinen Synthesizer (Korg MS-10) in Anwesenheit der Rest-Vorgruppe im Wanner Saalbau.
Drei Tage später fand in der Mansarde des Bochumer Möchtegern-Journalisten Wolfgang Welt (WoW) ein Gespräch statt, zu dem er auf Bitten von Rock Session alle ehe- und damaligen Mitglieder der Vorgruppe eingeladen hatte. Er erschienen neben Omo (Ex-Student und Schallplattenverkäufer) der Gitarrist Volker Stigge („Ich bin noch eingeschrieben in Anglistik und Pädagogik“), der Drummer Waldemar „Waldi“ Hayduk (arbeitsloser Abiturient) und der Bassist Wolfgang Hemprich (beim selben Konzern wie Omo beschäftigt, übrigens zu dem Hungerlohn von 7 DM brutto). Dabei war auch Christoph („chb“) Biermann (Student und Miteigner des Nielsen 2-Labels), der wesentlich am technischen Zustandekommen von „Im Herzen …“ beteiligt gewesen war. (Nielsen 2 ist übrigens ein Begriff aus der Werbebranche für ein Gebiet, das sich etwa mit NRW deckt, in dessen Zentrum Wanne-Eickel liegt, got it?). Bei Zigaretten, Bier und Mett-Schnittchen unterhielten sich die sechs von 8 bis 1 über die Entstehung, Gegenwart und Zukunft der Vorgruppe.
Aus Platzmangel kann die vor allem gegen Schluß kontrovers geführte Diskussion nicht auch nur annähernd vollständig wiedergegeben werden. Der unerfahrene Interviewer und Transskribent (er hatte vorher lediglich mal eine halbe Stunde lang Cliff Richard auf den Zahn gefühlt!) mußte für diesen Artikel vieles zusammenfassen oder gar unterschlagen, z. B. Frauengeschichten. Einiges wird wortwörtlich zitiert. Die Unterscheidung von Wesentlichem und Unwichtigem fiel ihm schwer. Er möchte sich für eventuelle Unkorrektheiten und Mißverständlichkeiten entschuldigen, vor allem bei der Vorgruppe selbst.
Kindheit
Omo und Volker (beide Jahrgang 60) waren vom 1. Schuljahr bis zum abschließenden Abitur auf dem Wanner Jungengymnasium („Da war auch der Heinz Rühmann drauf“) in einer Klasse, die auch der erste Sänger der Gruppe, Detlef „Pompf“ Ritz besuchte, bis er pappen blieb. Omos Vater ist Schlosser, Volker lebt als Einzelkind im Hause seiner begüterten Eltern („Als ich zwei war, habense gedacht, das schaffense nich mehr, so einen großzuziehn wie mich. Ich hab mit 15 mein erstes Stück Fleisch gegessen“). Omo („Ich esse Fleisch“) lernte auf dem Weg zur Schule Waldi kennen, der eine Klasse tiefer war. („Der Omo wollte mich aussem Bus schmeißen. Wann dat war, weiß ich nich mehr“). Omo: „Das Jahr? Keine Ahnung. Ich weiß nur, dasses’n Freitag war.“
Waldi stammt aus Gleiwitz/Oberschlesien und sprach mit drei Jahren deutsch und polnisch. Der Sohn eines Chemie-Arbeiters („Asbest oder sowas“) wurde aber nach der Umsiedlung kein Außenseiter, weil er immer der beste im Fußball war. Einer seiner Klassenkameraden war neben dem sitzengebliebenen Pompf Matthias „Eddie“ Brauckmann, der spätere erste Bassist der Vorgruppe.
Aus Wolfgang Hemprich, dem ältesten Mitglied der Kapelle, war während des Gesprächs nicht viel rauszuholen. Nach einem arbeitsreichen Tag im Plattenladen nickte er im Verlauf des Gesprächs im Schaukelstuhl ein und wachte erst kurz vor der Abfahrt wieder auf. Soviel läßt sich nachvollziehen: Er wurde 56 in Gelsenkirchen geboren, von wo aus er bald mit seinen Eltern nach WE zog. Der Vater verdiente immer gut.
Erste Musik
WoW: „Was habte denn damals so in eurer Jugend gehört?“
Volker: „Alles, watt die andern auch damals gehört haben, Supertramp, Genesis, Queen, Nazareth, Slade und T. Rex, Doors auch.“
Omo: „Wir waren damals schon bored teenagers!“
Waldi stand mehr auf Disco-Musik und Santana. Der etwas ältere Wolfgang hörte Mitte der siebziger Jahre lieber Underground-Musik („Can, Amon Düül, Gong und solche Sachen“).
Punk
WoW: „Wie und wann kam denn dann der Sprung zum Punk?“
Volker: „Ich ging ja bei Omo ein und aus. So Ende 76 brachte sein Bruder Michael, der beim Bund in Hamburg war, die erste Clash-LP mit, und wir warn begeistert. Hier konnte man ja sowas nich kriegen. Das Ruhrgebiet war schon immer ´ne Provinz. Ich hab aber auch noch die alten Sachen ab und zu gehört. Die hab ich dann später doch verkauft, bis auf so Sachen wie Magma.“
Omo: „Ich hab alles kritiklos aufgenommen. Adverts und so weiter.“
Omo versöhnte sich damals mit Waldi, mit dem er seit jener Rauferei im Schulbus nichts mehr zu tun gehabt hatte, und konnte auch ihn für Punk begeistern.
Wolfgang: „Ich kannte die Jungs ja damals noch nich. Als ich bei einem Bekannten die ‚Dub Housing‘ von Pere Ubu das erste Mal gehört hab, hab ich gemerkt, daß es was anderes gibt.“
Auf ´ner Party („Wir haben uns überall eingeladen, das war die große Feten-Zeit“) lernten Volker, Omo und Waldi ihren späteren Bassisten erstmals kennen. „Unser Sänger Pompf hatte ´n Schwung Platten unterm Arm, die er verkaufen wollte. Der Wolfgang hat ihm den Sampler ‚Business Unusual‘ mit Throbbing Gristle und Cabaret Voltaire abgenommen. War ´n harter Sampler für damalige Verhältnisse.“
Entstehungsgeschichte
WoW: „Tja, und wie kam’s dann zu der Vorgruppe?“
Volker: „Wir hatten vor, ´ne Band zu machen, noch nich konkret musikalisch, im Frühjahr 79.“
Omo: „Da hab ich mir gedacht, ich muß berühmt werden. Ich hab Sex Pistols und was anderes gehört und gemerkt, daß ich das auch kann.“
Waldi war mittlerweile ein hervorragender Fußballspieler (Omo: „Der stand eher in der Zeitung als ich!“) und mit dem DSC Wanne-Eickel westdeutscher Jugendmeister geworden. („Ich hab mir sowieso immer gedacht, entweder Fußballer oder Schlagzeuger. Bis 77/78 hatte ich auch den Traum von der Bundesliga, aber dieser Verein … bei manchen meinste wirklich, das sind Nazis, Disziplin und so“).
Dann fiel Omo der Name ein („Beim Kacken oder Wwww … was weiß ich“). Den fanden die andern so genial, daß sie ihn nicht ungenutzt lassen wollten. Zunächst klebten sie überall Schildchen mit Vorgruppe auf. So waren sie in WE schon populär, bevor sie je einen Ton zusammen gespielt hatten.
Es geht voran
Volker hatte sich zuerst eine akustische Gitarre schenken lassen und später eine elektrische mit einem Miniverstärker. Waldi kaufte sich für fuffzig Mark auf’m Flohmarkt ein Kinderschlagzeug. (Wolfgang hatte nach seinem 10. Lebensjahr zwei Jahre Gitarrenunterricht und konnte sich erst wesentlich später ´ne elektrische Gitarre leisten, aber er war damals ja ohnehin noch kein Mitglied der Geister-Vorgruppe).
„Wir wußten auch noch gar nich, wer was spielen sollte. Wir hatten ja alle keine Ahnung.“ Pompf beschränkte sich auf den Gesang, Eddie griff zum Baß.
WoW: „Du hast vorhin gesagt, du hast Sex Pistols gehört und daraufhin beschlossen, Musik zu machen, Omo. Nun sind die Sex Pistols ja sehr synthi-lastig gewesen.“
Omo: „Ich hatte mal dieses, mal jenes Instrument probiert. Erst als ich einen Synthi gehört hab, war ich total fasziniert.“
WoW: „Walter Carlos?“
Omo: „Wer is datt denn?“
Wolfgang: „Der hat doch den Soundtrack zu Clockwork Orange gemacht.“
WoW: „Der heißt ja jetzt Wendy und iss ´ne Frau.“
Wolfgang: „Sag bloß. Iss das der von Shining?“
WoW: „Die. Aber erzähl weiter, Omo.“
Omo: „Ich hab nach’m Abi bei Hertie in der Parfümerie gearbeitet und hatte dann genug Geld zusammen, mir einen zu kaufen.“
Waldi: „Das war wie Weihnachten.“
Omo: „Ich hab auch nich lange geguckt. Das war schon total gut im Musikgeschäft. Also ich mein, ‚Ich will ´n Synthi haben’. Hatte auch schon ´n Namen, ‚Den will ich haben‘. Ich hab dann auf ´ne Taste gedrückt und gesagt, ‚Klingt gut‘, und der Verkäufer meinte, ‚Wills’n nich mal ausprobieren?‘ und ich, ‚Nee, nee, pack ma ein.‘“
So hatten im Herbst 79 alle ihre Instrumente zusammen, die sie so beherrschten wie ein Blinder die Zeichensprache. Omo wußte damals „weder, wie man den Verstärker in das Instrument steckt noch umgekehrt. Ich wußte auch nich, daß man überhaupt ´n Verstärker braucht.“ Auch die anderen hatten keinen Schimmer.
Sie fanden in Recklinghausen einen „psychedelischen“ Proberaum. Sie probten 10, 15 mal („Die ersten fünf kannste vergessen – eh wir mal die Steckdosen gefunden hatten …“) bis zu ihrem ersten offiziellen Auftritt. (Vorher waren bei einem Mittagspause-Gig Rufe nach der ja durch die Graffiti bekannt gewordenen Vorgruppe laut geworden, und sie sprangen auf die Bühne und legten unbekümmert los). Ihren ersten gebuchten und natürlich unbezahlten Auftritt hatten sie als Vorgruppe der Fliegenden Onkel Band am 15.2.80 in der Jugendkunstschule Wanne-Eickel, und bekamen Höflichkeitsapplaus.
Single
Von Anfang an hatte sie vor, ´ne Platte zu machen. („Wir haben dann einen kennengelernt, der hatte in Wanne ´n 4-Spur-Studio, Uli Galonska“).
WoW: „Wie fühlt man sich denn so, wenn man das erste Mal ´n Studio betritt? Geht einem da einer bei ab oder watt?“
Omo: „So ungefähr. Wenn die Rohabmischung das erste Mal hörst. Totale Härte.“
Die Jungs hatten durch Omos Bruder („Ein früher Aussteiger“), der nun in Berlin lebte, zu dem dort ansässigen Monogram-Label Kontakt bekommen. Es preßte die drei Songs „Menschenkinder“, „Liebe oder Haß“ und „Langer Abend“ auf eine Single und brachte sie in die einschlägigen Läden. Sensationell spielte John Peel in seiner BFBS-Show „Menschenkinder”, allerdings siedelte er „the Worgruppe“ in „Börlinn“ an. Hilsberg fand die Texte „nicht weit weg von Banalität, aber darin schon fast genial“. Chris Bohn stellte sie in seiner Kolumne über Mania D’s „Track 4“: „the sort of pop Soft Machine used to make before they got serious“. Die Abbildung des Covers nahm fast eine halbe NME-Seite ein.
Dies und das
Es folgten einige Auftritte. Doch gab’s auch erste Probleme. Eddie stieg aus privaten Gründen aus. Beim Monogam-Festival am 17. Juni 80 in der alten Reichshauptstadt spielten sie ohne Baß. Sie engagierten daraufhin Wolfgang, den sie mal wieder getroffen hatten und der schon immer mit ihnen spielen wollte („Und sei’s das Tamburin“). Konzerte mit Mania D, Abwärts und KFC folgten.
Waldi: „Wir waren oft frustriert. Irgendwas war immer falsch.“
WoW: „An wem habter euch denn damals orientiert? Hattet ihr irgendwelche Vorbilder?“
Volker: „Django Reinhard.“
WoW: „Aber dem ham doch ´n paar Finger gefehlt.“
Volker: „Och, wußt ich noch gar nich. Welche denn?“
WoW: „Musse ma in dem Jazz-Buch von Joachim Ernst Behrendt nachgucken. Da steht das bestimmt drin.“
Omo: „Hasse dat nich hier? Musse sofort morgen bestellen.“
Waldi: „Für mich ist der ideale Musiker einer, der aus’m Busch kommt und trommelt.“
Wolfgang: „Schnarch …“
Omo: „Ich hab keinen Lieblingsmusiker, nur eine Lieblingsgitarristin.“
WoW: „Wen denn?“
Omo: „Wieviel gibt es denn?“
WoW: „Ich kenn nur die von den Liverbirds, Suzi Quatro. Und Joan Baez.“
Waldi: „Juliane Werding?“
Omo: „Der Christoph weiß das.“
chb: „Cosey Fanni Tutti!“
WoW: „Wo spielt die denn?“
Omo: „Bei Throbbing Gristle.“
WoW: „Ich hab zwar die ‚D. o. A.‘, aber wie die im einzelnen heißen, weiß ich auch nich.“
chb: „Außerdem ist der Omo sowieso in die verliebt. Der Omo hat ma gesehn, wie der Genesis O-Porridge Cosey Fanni Tutti geküßt hat. Da war der Omo am Ende.“
Auch der Sänger Pompf stieg aus, wollte andere Musik machen, wurde seitdem nicht mehr gehört und tauchte in der alternativen Szene unter.
LP
Christoph Biermann kannte die Band seit ihren Anfängen. Er hatte Omo in einem Plattenladen kennengelernt, wo chb jobbte. Sie kamen ins Gespräch. Kurz und gut, chb wurde ein Fan der Vorgruppe und setzte sie auf eine Stufe mit dem von ihm angebeteten VfL Bochum. So, wie er von diesem zumindest jedes Heimspiel verfolgte, blieb er der Vorgruppe auf den Fersen. Er schrieb wiederholt enthusiastische Artikel über sie in dem damals prosperierenden Stadt-Magazin Marabo, dessen Musik-Redakteur der knapp 19jährig geworden war. Als die Band eine LP plante, griff er auf sein reichliches Taschengeld zurück (sein Vater ist HNO-Arzt), warf es mit Volkers Ersparnissen und einem Zuschuß von Klaus Uschmann zusammen, pikanterweise damals Redakteur von Marabos hart bekämpfter Konkurrenz Guckloch. Zu jenem Zeitpunkt war Uschmann nicht nur ein kenntnisreicher New Wave-Experte, sondern auch Konzertveranstalter, dem Herne gar nicht genug danken kann für die Leute, die er dahin geholt hat.
chb war es, der in der Marabo-Redaktion auf den Begriff „Nielsen 2“ kam, als er dem Anzeigenleiter über die Schulter sah.
Am Jahreswechsel 79/80 ging man also in ein 8-Spur-Studio in Herne und nahm an vier Tagen die 13 Songs auf. Das Ergebnis konnte sich hören lassen und lag für deutsche Verhältnisse weit über dem Durchschnitt. Den Vertrieb, immer eine schwierige Sache, übernahm Carola Radau, die gerade aus einem Großhandel ausgestiegen war, um ihren Spezialladen H’art am Rande der Bochumer Innenstadt aufzumachen, wo man auch längst vergriffene Sachen noch kriegen kann, aber das nur am Rande. chb lernte sie über ihren Freund kennen. Sie mochte die Musik und „wollte immer schon mal so was machen“.
WoW: „Wie läuft der Vertrieb denn so?“
Omo: „Ich mein, da könnte mehr gemacht werden.“
chb: „Das kannse nich sagen. Da gibt’s so ´n Kernpublikum, die kaufen alles, dann so ´n zweiten Ring, die alles hörn und sich Fehlfarben, Abwärts, KFC und vielleicht noch Wirtschaftswunder kaufen. Die Rock-Fans holen sich garantiert erst KFC. Die machen wesentlich populärere Musik als ihr – ob das nun ´n Schweinetrupp is oder nich.“
Omo: „Ich find auch total schrecklich, daß sich von 2000 Käufern nur 4 gemeldet haben.“
WoW: „Wat wollten die denn? ´n Autogramm?“
Omo: „Nee, ein Auftritt war dabei, in Frankfurt, aber erst im Herbst. Die andern wollten die Platte.“
WoW: „Du meinst also, jetzt is Sense?“
Omo: „Ich bin ja ma gespannt, ob mehr Leute die Platte kaufen, wenn dieses Machwerk rauskommt.“
WoW: „Kommt drauf an, was ich draus mache.“
Omos Weggang
WoW: „Aber jetzt zu deinem Ausstieg, Omo. Warum bist du abgehaun?“
Volker: „Das konntest du doch am Samstag hörn.“
WoW: „Du meinst Omos Solo-Konzert?“
Omo: „Ich hab mich echt gefragt, warum die ganzen Auftritte? Die ganze Arbeit vorher und nachher. 10 Stunden unterwegs für einen Auftritt. Und die Leute. Die raffen das nich. Die sehn gar nich, was dahinter steckt. Und dann das regelmäßige Proben.“
WoW: „Aber das letzte Konzert war doch gut mit der Gruppe. War das was wie Opas letzte Nummer?“
Waldi: „Da wollte der Omo es uns noch mal zeigen.“
WoW: „Und jetzt? Wie findet ihr, was er jetzt macht?“
Waldi: „Du setzt dich nich mehr mit den Leuten auseinander, Omo, du beeinflußt die nur noch.“
Omo: „Ja, is logisch. Genau das machen Throbbing Gristle und Residents. Genau das!“
chb: „Wohin denn? Throbbing Gristle is klar. Die präsentieren masochistische Todessehnsüchte und wollen den Leuten einen vor’n Latz haun.“
WoW: „Das hat der Omo aber nich gemacht.“
Waldi: „Meine Freundin hat sich gefühlt wie’n Versuchskaninchen.“
WoW: „Das findet der Omo natürlich ganz toll!“
Omo: „Ja sicher, genau richtig. Vor allem genau da, in der Atmosphäre und in der Umgebung, in Wanne-Eickel. Das hätt ich irgendwoanders gar nich so gemacht.“
WoW: „Wie fandest du’s denn, Volker?“
Volker: „Ich hatte meine eigenen Vorstellungen, bei der Besetzung. Etwas härter als Kraftwerk.“
Omo: „War rein technisch nich möglich.“
WoW: „Siehst du da eine Verwandtschaft?“
Omo: „Ich find Kraftwerk toll.“
Volker: „Ich hab da keine Beziehung zu gehabt.“
Omo: „Dann versteh ich nich, warum du Cabaret Voltaire und Throbbing Gristle hörs.“
Waldi: „Wenn du Throbbing Gristle gut findest, wirst du genauso ausgemistet wie die, die du ausmistest, wenn man an normale Leute denkt.“
Omo: „Die kaufen Marius Müller-Westernhagen.“
WoW: „Was wolltest du denn erreichen?“
Omo: „Total abwandelbare Musik.“
WoW: „Warst du denn zufrieden mit dir?“
Omo: „Zufrieden mit den Leuten, die blieben, und denen, die rausgingen. Die dazwischen sind furchtbar, die den Arsch nich hochkriegen.“
Weiter
WoW: „Und wie soll’s mit der Vorgruppe weitergehn? Seid ihr zuversichtlich? Oder niedergeschlagen?“
Volker: „Jetzt is ja der Eddie wieder eingestiegen für den Omo, als zweiter Gitarrist. Der is ganz enthusiastisch, ein ganz anderer Typ, ruhiger, zerstreut. Ich seh da ´ne positive Entwicklung. Wir wollen auch ´ne Live-Kassette rausbringen und im Herbst ´ne neue LP machen.“
WoW: „War der Omo so was wie ´n Hemmschuh?“
Volker: „Eigentlich schon. Nich in menschlichen Sachen. Aber Omos Geschmack is anders. Es is für ihn besser und für uns.“
chb und Omo blätterten zu nun vorgerückter Stunde in einem modernen Aufklärungsbuch und kicherten über die Position „Fünf Pfennig für den Tanz“.
Volker: „Wir ham einen Stellungswechsel vorgenommen, um beim Thema zu bleiben.“
Waldi: „Das is wie Freundschaft! Die wird irgendwann langweilig und dann geht jeder seinen Weg.“
WoW: „Nich wie Liebe. Doch. Liebe geht auch ma zu Ende, oder auch nich.“
Volker: „Das is ja sowieso die Frage, ‚Liebe oder Haß?‘, die wir uns schon lange stellen.“