Designer Tattoos

Essay
zuerst erschienen am 1. April 1996 in jetzt-Magazin der Süddeutschen Zeitung
Modische Brandmarken, Namen für die Ewigkeit.

Schmuddelige Gassen, der Geruch von Gefängnis, verruchtes und verrohtes Leben – Tätowierungen machen aus einfachen, langweiligen Menschen harte Männer und sinnliche Vamps mit gefährlicher Aura. Und da alles, was irgendwie Aura hat, absolut modetauglich ist, gibt es jetzt das Designer-Tattoo. Calvin Klein und Gaultier lizensieren bestimmte Tätowierungs-Salons in USA, London, Berlin. Dem Kunden werden keine Seejungfrauen oder flammende Herzen eingeritzt, sondern was bei Calvin Klein und Gaultier wichtig ist: der Name. Ein mit speziellem Blau eingetragenes Markenzeichen von Calvin Klein kostet 900 Dollar, es ist so groß wie das Label hinten auf den Jeans und sieht auch so ähnlich aus.

„Die meisten Kunden lassen sich den Schriftzug Calvin Klein hinten auf das Becken tätowieren, so daß man ihn lesen kann, wenn die Unterhose etwas verrutscht“, erklärt Sonia Shea von Klein Enterprises. Gaultier ist da etwas extravaganter: sein Schriftzug prangt riesige 25 Zentimeter lang und zehn Zentimeter hoch auf der Haut. Wer ihn sich auf die Brust tätowieren läßt, erhält 30 Prozent Rabatt. Die Farbtöne, ein grelles Rot und ein im Dunklen leuchtendes Gelb, sind Sonderanfertigungen und im normalen Handel nicht erhältlich. Madonna hat natürlich Interesse gezeigt – so wie sie auch mal Interesse an Schwangerschaft zeigte – wird aber einen Teufel tun, sich brandmarken zu lassen. Gaultier junior, die Billigversion, mit der wirklich Geld verdient wird, hat ein abwaschbares Tattoo herausgebracht, die Light-Version der Ewigkeit.

Noch beobachten die anderen Modehäuser den Trend: aber Karl Lagerfeld soll schon überlegen, ob nicht die verschlungenen Cs von Chanel ein nettes Zeichen für den Ringfinger wären. Ganz klein und leicht mit einem Ring zu verbergen.

Versace plant goldene Sonnen zum Piercen, sein Antipode Armani kann da natürlich nicht zurückstehen und will Tätowierungen für den Fingernagel lancieren. Ganz blaß und unauffällig. Wie es seinem Stil entspricht, von dem Versace behauptet, er sei so blaß, daß man ihn gar nicht mehr sehen würde.

Auch bei Boss würde man gerne mitmachen, traut sich aber nicht. „Andre Agassi wäre der ideale Werbepartner“ meint ein kreativer, aber einflußloser Designer bei Boss, der ungenannt bleiben möchte. Joop findet das alles wahnsinnig interessant und will das Parfum „Tattoo“ herausbringen, Escada denkt an Rubbelbildchen. So hat es Calvin Klein wieder geschafft, er bleibt in der Diskussion.

(Sollten am Montag die Motive in einschägigen Tattoo-Läden nicht vorhanden sein: Brief an jetzt.)