Familiensinn

Reportage
zuerst erschienen im April 2005 in brand eins
Karl und Jakob Immler sind durch harte Arbeit reich geworden. Jetzt wollen sie anderen etwas abgeben. GROßEN FAMILIEN. Aber das ist nicht so einfach.

So gehörte sich das in den sechziger Jahren im Allgäu: Karl, ältester Sohn von sieben Kindern der Familie Immler in Isny, sollte den Bauernhof der Familie übernehmen. Er tat das aber nicht, was ihm die Eltern anfangs übel nahmen. Stattdessen ging er nach München, Betriebswirtschaft studieren. Das Studium finanzierte er mit einem Job bei einem Bauträger. „Ich erkannte dort schon als kleiner Student Fehler, und die haben trotzdem Gewinn gemacht. Das muss ein gutes Geschäft sein, habe ich mir gedacht.“ Auf Karl Immlers Visitenkarte steht heute Diplom-Kaufmann.

Den Bauernhof legten die Eltern 1968 still. Karls Bruder Jakob machte eine Banklehre und ging dann auch nach München. Karl war 23, Jakob 21, als sie 1971 dort anfingen. Jakob Immler erinnert sich gut daran. „Ich seh‘ noch die Aldi-Wurstdosen vor mir. 160 Gramm für 69 Pfennig. Jahrelang gab es nur die.“ Er, recht dick, hebt beide Hände, um die Form der kleinen Dosen zu zeigen. Und lächelt. Karl, wie sein Bruder vollbärtig, schlanker, aber auch nicht dünn, lächelt viel weniger. Er ergänzt: „Und 500 Gramm Toast für 29 Pfennig. Die meisten sind nicht mehr bereit, das durchzustehen.“ Die beiden Immobilienkönige, ach was, Immobilienkaiser - sie besitzen mehr als hundert an Discounter vermietete Großmärkte - sitzen an dem Konferenztisch ihres Büros in Isny. Anlass des Gesprächs ist ihre neue Stiftung: Die beiden geben 30 Millionen Euro, um Häuser für Großfamilien zu bauen. Jakob sagt: „Wir müssen 60 Millionen verdienen, wegen der Steuer, damit wir 30 Millionen geben können.“ Es folgt Politikerschelte, Standortkritik, Gezetere über den Egoismus der Zeit - ein starker Gegensatz zu ihrer ansonsten gemütlichen Knuddeligkeit.

Die Brüder prozessieren viel. Sie gelten als Prozesshansel, klagen mal gegen die Stadt, mal gegen Behörden. Im Archiv der „Schwäbischen Zeitung“ in Leutkirch finden sich etliche Leserbriefe, die der Viel-Zeitungsleser Karl Immler geschrieben hat, in denen er den Behördenbeton mit harten Worten wie eine Schlagbohrmaschine angeht. Außerdem viel über die Realschule, die die beiden vor ein paar Jahren vorfinanziert haben. Über den Ärger, den es mit dem Sponsoring gab, und die Prozesse, die folgten.

Karl Immler ist bei dem Thema eines besonders wichtig: „Wir haben die Realschule für weniger als 50 Prozent der von der Stadt geschätzten Baukosten erstellt.“ Manchmal redet er sehr formell, als habe er zu viel mit Juristen und Bürokraten zu tun gehabt. Insgesamt wirken die beiden während des langen Gespräches aber gemütlich, nett, entspannt. Dass sie anders können, ist allerdings ein Fakt. Zwei Wochen nach dem Interview sagt der Bürgermeister von Isny, Manfred Behrning, am Telefon, der Gemeinderat habe gestern Abend dem Großfamilien-Projekt zugestimmt. Er spricht, wie viele in Isny, sehr vorsichtig über die Brüder. Die Vorsicht haben sich die beiden erarbeitet. Behrning: „Die Brüder haben eigene Vorstellungen über Gesellschaftspolitik und Kommunalpolitik. Sie sind sehr eigenständig.“ Auf die Frage “ dickköpfig?“ macht er eine Pause und antwortet schließlich: „Allgäuerisch!“ Im Interview mit den Brüdern gibt es eine Aussage, die dazu passt, Jakob macht sie, und Karl wiederholt sie später in ihrem Hotel beim Mittagessen: Sie wollen, dass die Häuser für die großen Familien alle verschieden sind. Sie wollen, dass ihnen nicht vorgeschrieben wird, wie sie die anstreichen oder wie die Dächer geneigt sein dürfen. Anders ausgedrückt: Sie wollen, dass die Bauauflagen nicht so eng gesehen werden.

Gebäude im Wert von 19 Millionen Euro haben sie bereits in die Stiftung eingebracht, die sie am Heiligabend des vergangenen Jahres gegründet haben. Die Satzung, das ist ihnen wichtig, haben sie von der namhaften Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers formulieren lassen. Die Grundidee: Wer mit mindestens vier Kindern und zwei Senoiren zusammenlebt, soll für einen Euro im Monat ein schönes, 180 Quadratmeter großes Haus mieten können. Und als Gegenleistung dafür 20 Stunden gemeinnützige Arbeit im Monat leisten. “ Meinetwegen im Sportclub oder im Philatelistenverein“, sagt Karl Immler. Es gehe ums Prinzip. Sie seien “ zwar katholisch“, so Jakob Immler, „aber wir lassen nicht für uns beten. Die Leute kriegen was und sollen was zurückgeben“. Zurzeit kommen täglich Briefe von Älteren, die sich gern von einer Familie adoptieren lassen würden. Das sei kein Problem, sagen die Immlers.

Das mit dem Beten-Lassen bezieht sich auf die Fuggerei in Augsburg. Da leben 150 Leute in 67 Häusern, die Jakob Fugger der Reiche 1521 stiftete. Miete: ein rheinischer Gulden, das sind heute 0,88 Euro. Im Jahr. Und: drei Gebete täglich für die Fugger, ein „Ave Maria“ , ein „Vaterunser“, ein „Glaube an Gott“. Gebete wollen die Immlers nicht. Drei Generationen, Großfamilie, eine Gemeinschaft auf Gegenseitigkeit, das ist ihre Idee. Sie wollen ihrem kaputten Land helfen. Sie hätten das Sendungsbewusstsein, „das früher mal die katholische Kirche gehabt hat“, sagt Karl und Jakob lächelt. „Wir geben unser Geld aus, um unsere Überzeugung vorzuleben.“ In den 50 Häusern sollen mehr Leute leben als in der Fuggerei, 50 mal acht gleich 400. Und aus dem Stiftungsvermögen sollen Stipendien für die Kinder aus den Großfamilien finanziert und Studiengebühren bezahlt werden. Der Staat sorge nicht für Großfamilien, sagen beide.

Jakob redet mehr als Karl, der rechts von ihm sitzt und ein ernsteres Gesicht macht. Jakob lacht auch mehr, es könnte sein, dass er lebenslustiger ist. Karl sei der Härtere der beiden, hieß es vorher. Das kann ein Außenstehender nur erahnen, vielleicht als Karl im Auto erzählt, wie sein Bruder „aus Heimweh damals jeden Abend nach Hause gefahren ist, von München nach Isny. Und morgens wieder nach München. In München hat er es nicht ausgehalten“. Das kann man, wenn man will, als so etwas wie Kritik an einer mangelnden Quälbereitschaft des jüngeren Bruders interpretieren. Wobei die Brüder inhaltlich gar nicht und im Auftreten kaum zu unterscheiden sind. „Wir haben uns zusammengerauft“, sagen sie. Sie bilden eine harmonische Einheit und geben sich Stichworte. Karl sagt: „Mallorca, das macht uns keinen Spaß, eine Finca und in einer Bar rumhocken.“ Jakob übernimmt: “ Schampus und fünf Nutten, das ist nicht unser Leben.“ Dann wieder Karl: „Uns macht das Geschäft Spaß.“ Gemeinsam singen sie das Hohelied der Familie. „Das Miteinander lernt man in der Familie, da braucht man keinen Sozialarbeiter, keine Altenbetreuung, keinen Kinderhort. Man lernt miteinander umzugehen, und jeder muss etwas beitragen.“ Ihre Eltern haben auf Karls Kinder aufgepasst. Als die Eltern alt waren, gingen sie nicht ins Altersheim, „wir haben sie genommen, weil das vom Ethischen weitaus besser ist“.

Jakob hat zwei Kinder, Karl drei. „Du nimmst deinem Kind was, wenn du zu viel gibst, du nimmst ihnen das Erfolgserlebnis. Nur Kampf macht selbstständig.“ Die Kinder waren bei der Gründung der Stiftung immer dabei. „Wir reden daheim auch über das Geschäft. Aber ohne Druck, es soll Spaß machen. Die Kinder sollen sich entwickeln.“ Sie sollen nicht in ein paar Jahren „eine Million Jahresmiete haben und nicht mehr arbeiten müssen. Auf keinen Fall. Sie sollen Erfolgserlebnisse haben müssen und dürfen. Aber sie fangen natürlich auf einem höheren Level an“.

Vom Glauben an Großfamilien und das Risiko Wochen nach dem Interview mailt Karl Immler einen Satz, der ihm wichtig sei: „Die Abgabe eines großen Teils unseres Vermögens für dieses Projekt wird von unseren Kindern sehr befürwortet, weil sie sozial eingestellt sind und hinter der Idee stehen.“ Eine von Karls Töchtern studiert gerade, sie bekommt vom Vater so viel, wie es dem offiziellen Bafög-Satz entspricht. Sie arbeite nebenbei, um sich etwas dazuzuverdienen, hat ihr Onkel beim Interview erzählt. Es mache ihr Spaß. Ein Sohn ist gerade auf dem Sprung nach Bolivien, Sozialarbeit. Wer weiß, ob er je ins Immobiliengeschäft einsteigt. Die beiden Väter erzählen, dass sie früher kein Taschengeld bekamen, aber pro tote Maus vom Vater zehn Pfennig. Sie setzten die Felder unter Wasser und erschlugen 300 Mäuse, die aus ihren Löchern flohen. „Ohne Leistung kein Geld.“ Sie machten damit für damalige Verhältnisse viel Geld und lernten, dass Angebot und Nachfrage den Preis bestimmen - der Vater senkte die Mausprämie. Als sie das erzählen, lächelt auch Karl Immler. Das einzige Mal während des Interviews.

Die Familie Immler habe ihnen gezeigt, „dass die Großfamilie eine gute Sache ist“. Viele Probleme gebe es in Deutschland nur, „weil die Großfamilien auseinander sind“. Deshalb: „Die Familien müssen wieder größer werden. Wenn sie damit an die Wurzel der Probleme gehen, halbieren sie die Kosten.“ Zurzeit suchen die Brüder eine Universität, die ihr Großfamilienprojekt begleitet. „Wir fragen, ob die nicht eine Doktorarbeit über die volkswirtschaftlichen Kosten des Zusammenlebens machen wollen.“ Volkswirtschaftler, Politologen und Soziologen sollen das Projekt untersuchen. „Damit man der Politik vorrechnen kann, dass man mit weniger mehr erreichen kann.“ Was herauskommen wird, sei aber klar: Die Großfamilie spart Folgekosten, etwa Pflegekosten. Die Immlers sind sich sicher, dass es viele Familien mit zwei, drei Kindern gibt, die sich wegen der Kosten scheuen, ein weiteres Kind zu kriegen. Damit sei es in Isny vorbei. „Isny wird über dem statistischen Durchschnitt liegen.“ Warum waren und sind die Brüder Immler erfolgreich, andere dagegen nicht? Ihre Antwort: Sie haben sich mehr gequält, mehr gegeben, sich mehr angestrengt. Billiger gegessen, mehr gehungert. Was sie mit Anekdoten glaubwürdig belegen. Hier reden Männer, die Bad und Küche selbst kachelten, die in einer kleinen billigen Wohnung ohne Möbel lebten. Sie erzählen gern von damals, als sie kämpften. Wie sie eine Anzeige aufgaben: Student sucht Möbel gegen Abholung. „Das hat funktioniert. Heute macht das niemand mehr“, sagt Karl Immler und klingt dabei traurig. Jakob wiederholt, dass sie immer das gemacht haben, was sonst keiner machen wollte. Die Sachen, von denen alle abrieten.

Nach den Olympischen Spielen 1972 waren die Münchener Immobilienpreise im Keller. Die Immlers kratzten alles zusammen, liehen sich von ihren Eltern 12 000 Mark und zahlten ihnen dafür zwölf Prozent Zinsen, sie gingen zu den Banken und fingen an, Wohnungen zu kaufen. Die waren billig, galten aber als schlechte Investition. „Der Chef der Dresdner Bank in München erklärte uns damals für verrückt. Ich habe ihm zwei Jahre später unseren Einkommenssteuerbescheid geschickt.“ Stolz. Immer, ja, immer, das sei ein Geschäftsprinzip, seien sie gegen den Trend gegangen. Und: „Über einer gewissen Größe machen wir nichts. Wegen des Risikos. 15 Millionen Euro sind unsere Obergrenze.“ Die beiden stehen mit allem, was sie haben, für ihre Geschäfte ein. Keine Firmen-Verschachtelungen, keine GmbHs, immer volles Risiko. „Eigentlich haben wir nur unseren Ruf. Das ist unser Kapital. Wir haften.“ Einmal, ganz am Ende, als fasse er alles Gesagte zusammen, sagt Karl Immler ziemlich laut: „Wenn du nur Probleme siehst, musst du dich erschießen. Jedes Problem ist eine Chance. Wir waren immer anders, antizyklisch.“ Die beiden Brüder wirken ruhig, wenn sie so etwas sagen. Bestimmt, drängend, aber kein bisschen hektisch. Ab und zu kommt ihr Dialekt stärker durch, meist wenn sie von Politikern reden. Sie sind überzeugt, dass sie den Grund aller Probleme gefunden haben: Keiner macht etwas, und wenn Politiker etwas machen wollen, machen sie es falsch. „Gelder werden falsch ausgegeben“, sagt Jakob Immler. Karl schiebt nach: „Dabei ist es so einfach. Jede Weihnachtsansprache hat den Baustein ,Familie ist wichtig‘. Der Bundespräsident, der Kanzler: ,Familie ist wichtig.‘ Das ist immer dabei, immer genau einskommazwei Minuten lang. ,Die Familie muss gefördert werden.‘ Aber sie machen es nicht.“ Lehrreich waren die harten Jahre mit Dosenwurst Es klingt alles ganz einfach. Auch das, was sie vom Immobiliengeschäft erzählen. Sie besitzen rund hundert Ladengebäude, die sie an Aldi und Obi, Deichmann und Tengelmann, Adler und Edeka und wen noch alles vermieten, auf zehn oder fünf Jahre. Dabei gilt das Prinzip: „Egal was, es darf höchstens 300 Kilometer weg sein, damit wir sofort hinkönnen, wenn was ist.“ Immer gegen den Trend. „Als sich die DDR öffnete, haben alle gesagt, geht da hin. Wir haben geantwortet, nein, das sollen andere machen.“ Jetzt, im Rückblick, sei das eine gute Entscheidung gewesen, im Osten wurde viel Geld vernichtet. Aber für sie war es einfach zu weit weg. „Wir sind viel unterwegs, unser bester Mitarbeiter fährt 80 000 Kilometer im Jahr.“ Sie haben acht Leute, die für sie in der Verwaltung arbeiten, 30, wenn sie die Hausmeister mitzählen. Aber keine Partner. „Wir wollen keine. Für erfolgreiche Geschäfte braucht man schnelle Entscheidungen, sehr schnelle.“ Die Immlers beschreiben ihr Erfolgskonzept: Einkaufsmärkte, das haben sie gelernt, „sehen bald aus wie Sau. Einer wirft eine Tüte weg, der Nächste dann auch. Die Marktleute sagen, wir sind dafür nicht zuständig. Auch nicht für Dachrinnenschäden, wenn die Wand außen feucht wird.“ Aber die Immlers kommen sofort, kümmern sich um alles und sorgen dafür, dass auf den ersten Zehnjahresvertrag ein zweiter folgt. „Dann erst kannst du verdienen.“ Das sei nicht das schnelle Geschäft, man brauche einen langen Atem. „Wir haben viele Jahre nichts verdient. Andere wollen immer die schnelle Kohle. Das ist der Unterschied.“ Harte Zeiten mit Toastbrot und Dosenwurst, „da musst du durch“.

Sie wissen, wovon sie reden, sie haben alles mitgemacht. „Was es im Immobiliensektor auch gab, wir sind immer rechtzeitig abgesprungen.“ In München haben sie anfangs Altbauten aufgekauft, aufgeteilt und verkauft, „bis die Ämter das verhindert haben“. Dann haben sie neu gebaut. Danach für Banken Konkursobjekte abgewickelt. Irgendwann fingen sie mit Großmärkten an. Später sagt Karl Immler in seinem Mercedes auf dem Weg zu ihrem Hotel: „Als ich anfing, war mein Ziel, am Ende meines Lebens drei Eigentumswohnungen abgezahlt zu haben. Jahre später standen wir vor einem Haus mit 56 Wohnungen und dachten: Das wäre was.“ Sie kauften das Haus. „Das nächste Ziel war: Am Ende des Lebens eine Million Mark Mieteinnahmen, jährlich. Das haben wir drei Jahre später erreicht. Das nächste Ziel: am Ende des Lebens zehn Millionen Mieteinnahmen im Jahr.“ Und heute? „Es geht nur noch darum, sinnvoll zu investieren. Entweder wirtschaftlich oder sozial. Für mein Butterbrot ist gesorgt. Das Ziel ist jetzt, eine gesunde, intakte Familie zu haben. Und zu essen und trinken, was ich will.“ Im Hotelrestaurant bestellt er sich Seeteufel. Sie seien jetzt auf einer neuen Ebene als Unternehmer. „Es geht nicht mehr nur um Geld. Es geht um Anerkennung, Status, Lob.“ Und um Verantwortung.

„Ich kann, aber ich muss nicht mehr“, sagt Karl Immler nach dem Mittagessen. „Doch wenn ich nichts mache, hat der kleine Gipser keine Arbeit mehr und der kleine Maurer auch nicht.“ Allerdings: „Seit sechs Jahren will ich hier eine Tiefgarage bauen. Doch seit zwei Jahren schlage ich mich mit einem Gutachten rum, ob die Schmetterlinge vom Bodensee in den Donauraum rechts oder links am Hotel vorbeifliegen.“ Dabei sei im vergangenen Jahr kein einziger Schmetterling links oder rechts herumgeflogen. Anders gesagt: Behörden überregulieren und strangulieren den regen deutschen Unternehmer. Das ist ihr Mantra, sie sagen es immer wieder: Wir Deutschen stellen uns selbst den Fuß.“ Man sollte den Unternehmer besser behandeln. Ehren.

Das Gegenteil passiere. Ende der neunziger Jahre hätten die Immlers jährlich 50000 Mark spenden wollen, um die Geburtsklinik in Isny zu erhalten. Das sei abgelehnt worden. Und dann die vielen Prozesse. Mit dem Landratsamt zogen sie wegen der Realschule vor Gericht. Die Vorgeschichte: Isny hatte keine Realschule. Wer eine besuchen wollte, musste mit dem Bus 20 Kilometer weit fahren. Die Schulbehörde sagte, es rentiere sich nicht, eine zu bauen, es gebe nur 20 Schüler. Die Stadt, die für das Gebäude und den Bau zuständig gewesen wäre, sah es genauso. Die Immler bauten trotzdem eine. Sie gaben vier Millionen Mark aus, die sie der Stadt für zehn Jahre zinslos zur Verfügung stellten. 1999 wurde die Schule eingeweiht. Im ersten Jahr kamen 89 Schüler. Seitdem steigt die Zahl stetig. Dieses Jahr sind es 438.

Karl Immler: „Bayerische Kinder (Isny ist württembergisch) gehen auf die Schule. Die haben dann hier Freunde, die Mutter fährt sie hin und kauft hier ein. Die Schule hat neue Kaufkraft nach Isny geholt.“ Inzwischen musste sie vergrößert werden. Die Immlers hätten auch das übernommen, aber da gab es schon Krach. Weil die Brüder wollten, dass in der Stadt als Dank für die Schule Jährlich ein „Neidhammelfest“ gefeiert werde - an dem von den Brüdern gestifteten Neidhammelbrunnen vor der Schule.

Ihr Gedanke dahinter ist nicht neu: In den USA könne man Milliardär sein, ohne dumm angesehen zu werden, in Deutschland sei das aber nicht möglich. Hier müsse man den Erfolg verheimlichen. Und das sei nicht in Ordnung, das Unternehmertum und damit den Fortschritt zu hemmen. Deshalb also ein „Neidhammelfest“. Aber die Stadt wollte nicht. Das Pest sei versprochen gewesen, behaupteten die Immlers. Ein Pressesprecher des Landratsamts sagte an einem Punkt, es seien einige “ Fußangeln“ aus dem Sponsorenvertrag entfernt worden. Das empfand Karl Immler „ehrverletzend“ - es kam zum Prozess.

Ein anderer Fall: Eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen eine Mitarbeiterin des Landesdenkmalamts begründeten sie damit, dass die Zeit, die sie für die Bearbeitung eines Vorgangs brauchte, in der freien Wirtschaft zur sofortigen Entlassung führen wurde. Noch einer? Im Sockel des von den Brüdern gebauten Hauses Wassertorstraße 34 gab es als Schmuck ein Relief von Zwerg Nase. Das Regierungspräsidium in Tübingen meinte, die Verzierung verstoße gegen irgendwelche Bauvorschriften. Außerdem zeigte die lange Nase direkt auf das Rathaus. Es kam zum Prozess, der Richter erzwang einen Kompromiss. Als die Realschule vergrößert werden musste, waren die Immlers nicht mehr dabei, weil es kein jährliches „Neidhammelfest“ gibt. Die Lokalzeitung hat ausgerechnet, dass Isnys Bürger pro Kopf mit 440 Euro verschuldet wären, hätten die Immlers auch den zweiten Bauabschnitt gesponsert. So sind es 830 Euro.

Und was ist, wenn die Kinder groß sind?

Auch jetzt, bei der Stiftung für Großfamilien, wird es wohl Krach geben. Karl Immler bleibt nach dem Mittagessen in seinem Hotel, dem Isnyland Terrassen Hotel. Es ist übrigens ein weiteres Beispiel für den Geschäftssinn der Immlers. Es war erfolglos, pleite. Hätten sie es nicht gekauft, wären dort vielleicht Sozialwohnungen reingekommen. Oben auf dem Berg, mit Blick in den Wald, in der schönsten Gegend. Die Immlers kauften und hatten zwei Pächter. Aber es lief nicht. Also nahmen sie es vor fünf Jahren selbst in die Hand. Seitdem haben sie jedes Jahr wachsenden Umsatz. Heute Morgen war Karl Immler im Hotel, jetzt, zur Mittagszeit, ist er wieder da, nicht im Büro, sondern im Restaurant. Er steht auf, geht zum Nachbartisch und redet dort mit einem Isnyer Geschäftsmann, der mit einem Münchener Anwalt dort sitzt.

Karl Immler erklärt dem Münchener, was die Stiftung soll. „Wir wollen, dass, wenn das Kind heimkommt, die Oma da ist und das Essen macht. Es soll keine Schlüsselkinder geben, die in die Stadt gehen und kriminell oder drogensüchtig werden.“ Der Anwalt denkt kurz nach und sagt dann: „Ich will kein Bedenkenträger sein, aber was passiert, wenn eines der Kinder alt genug ist und woanders hingeht?“ Karl Immler lässt sich nicht irritieren: Wer keine vier Kinder habe, müsse ausziehen. Das sei zweckgebunden. „Denn der Staat sorgt nicht richtig für Großfamilien.“ bei seien die eine Lösung für viele Probleme in Deutschland. Da ist er wieder bei seinem Lieblingsthema: Politikerschelte.