Schicksal Gemeinschaft
Ludwigshafen ist eine hässliche Stadt. Doch das zu schreiben, so wahr es ist, tut weh. Der Magen zieht sich zusammen wenn man zuvor mit Menschen gesprochen hat wie Eva Lohse Stefan Mörz und Wilhelm Zeiser. Oder mit der Frau an der Kasse des Drogeriemarktes. Oder mit einem der 38000 BASF-Mitarbeiter. Oder dem Mädchen, das in dem Café in der übertypisch deutschen Fußgängerzone, der Bismarckstraße, die Tasse Kaffee für, wirklich, einen Euro serviert. Alles Ludwigshafener.
Ludwigshafen ist aber vor allem BASF. Der Chemieriese heißt eigentlich Badische Anilin- & Soda-Fabrik und hatte im 19. Jahrhundert auch seinen Sitz auf der anderen Seite des Rheins, in Mannheim. Aber produziert wurde immer auf dieser Seite, in der Pfalz. Deshalb sieht es hier auch so aus. Die BASF ist, was Ludwigshafen, eine Stadt mit 166000 Einwohner, machte und macht Stadt und Firma gehören zusammen. Schicksalsgemeinschaft ist das Wort, das Manager und Lokalpolitiker benutzen, als gebe es kein anderes. Die Lokalpolitiker sagen das Wort, weil die BASF gerade die Stadt vor dem Bankrott gerettet hat. Bankrott ganz wörtlich gemeint. Mit der BASF meint es das Schicksal relativ gut: Sie kam bisher besser durch die Krise als die meisten. Kursstürze und Ähnliches waren nicht sehr schlimm. Aber die Stadt hat es erwischt. Ihr Schicksal: die Steuergesetzgebung des Bundes. Die Städte und Gemeinden sind am Ende ihrer Kräfte Dafür ist Ludwigshafen das beste Beispiel.
Eva Lohse ist die Oberbürgermeisterin. Die erste direkt gewählte der Stadt - nach einer Wahlrechtsänderung in Rheinland-Pfalz. Die erste Frau in diesem Amt. Und die erste OB der CDU Wahrscheinlich ist Eva Lohse außerdem die Erste, die im erster Wahlgang gewählt wurde, obwohl sie immer wieder gesagt hat, es wird brutal werden, jeder wird leiden. Sie sagte vor der Wahl: Das Schwimmbad Nord macht dicht, wir können uns das nicht leisten. Sie wurde gewählt, schloss das Bad, spart überall. Nicht wenig und hart. Sie sagt: „Ich hatte einen Aufschrei erwartet, aber der kam nicht.“ Sie geht davon aus, dass alle die Lage realistisch sehen und in der Not zusammenrücken. „Die Menschen kennen die Wahrheit und erwarten das, denke ich, auch auf Bundesebene.“ Es passt, dass sie im Gemeinderat von allen Parteien unterstützt wird. Keine Koalition, nur das Wissen, wir müssen da durch. Irgendwie. Parteizugehörigkeit ist unwichtig geworden. Es gibt nur noch Ludwigshafener.
Viele fragen sich, warum sich die Frau das antut. Die Juristin hatte einen guten Job als Dozentin einer staatlichen Hochschule, Beamtin und so weiter. Als Chefin von Ludwigshafen kann sie dagegen nur verlieren, weil …, tja, weil sich die Zeiten geändert haben, weil nur noch Niedergang und Zusammenbruch zu verwalten sind. Pessimisten können Ludwigshafen als hoch konzentrierte Essenz von Deutschland und seinen Problemen betrachten. Die Not begann mit dem neuen Jahrtausend und einem Gesetz, das bestimmte Abschreibungen nur noch bis zum Ende des Jahres 2000 zuließ - das führte zu erheblichen Einbußen bei den Umsatzsteuerzahlungen. Dazu kam die schlechte allgemeine konjunkturelle Lage. Dann beschloss die Bundesregierung auch noch eine neue Gewerbesteuerregelung, die im Dezember 2001 in Kraft trat. All das addierte sich zu einem Haushaltsdefizit von 79 Millionen Euro für 2001; für das vergangene Jahr musste die Stadt einen weiteren Nachtragshaushalt über rund 76 Millionen Euro genehmigen. Für das laufende Jahr ist mit neuen Schulden in Höhe von 70,5 Millionen Euro zu rechnen. Die Arbeitslosenquote liegt mit elf Prozent noch im Bundesdurchschnitt. Aber die Finanzen, meine Güte! Weg ist das Geld wegen dieses neuen Paragrafenwerks, das Städte fertig macht. Dazu später vehement vorgetragene Einzelheiten von Wilhelm Zeiser. Übrigens SPD-Mitglied, weswegen es besonders spannend ist, ihm zuzuhören, wenn er mit der Bundesregierung abrechnet, ohne polemisch zu sein, nur mit Faktenaufzählen. Zeiser ist ein anerkannter Fachmann für leidende städtische Finanzen.
Die Stadt war so reich, es gab Überschusshaushalte. Doch jetzt bröckelt der Beton. Und sie sparen Licht
Von einem Jahr auf das andere war Ludwigshafen also arm. Musste gerettet werden von der BASF, besser gesagt von der Anilin, so sagen sie hier zu dem Konzern. Das ging, weil sich die BASF bereit erklärte, ihre Steuern weiterhin komplett in Ludwigshafen zu zahlen, obwohl sie das nicht musste. Und trotz Schicksalsgemeinschaft, dieses Wort wird in der Stadt wirklich inflationär benutzt, manchmal synonym Traditionsgemeinschaft - die Anilin wird diese Stadt kaum ewig durchziehen wollen.
Ludwigshafen, ein Getümmel aus betonierten Hochstraßen, die überall Sonne stehlen. In einer der Unterführungen hängen Lampen an der Betondecke, aber es ist stockdunkel, keine ist angeschaltet. Um zu sparen. Oder das Wilhelm-Hack-Museum. Eine Außenwand wurde, als die Stadt reich war, von Miró mit Fliesen bunt gestaltet. Das sieht heute noch gut aus, wirkt nur völlig fehl am Platz gegenüber einem städtischen Gebäude namens Pfalzbau, an dessen Wand ein Restaurant mit teilweise kaputten Neonbuchstaben wirbt: Re a ant alz au. Ludwigshafen war mal reich, es hatte in den achtziger Jahren die zweithöchsten Gewerbesteuereinnahmen aller Städte. Bis 1992 gab es Überschusshaushalte. Diese Stadt war so reich, dass die großen Straßen auf Betonpfeilern, autobahngleiche Stränge, gefordert von Vorständen und Managern, geliefert von der öffentlichen Hand, nie Bundesstraßen wurden. Woanders wären sie es, aber hier wurden sie von Land und Bund gebaut und dem reichen Ludwigshafen geschenkt. Man dachte, Beton hält ewig, also rief die Schenkung keine Bedenken hervor. Beton hält nicht ewig, ist teuer zu sanieren, belastet die Stadt. Ein großes Problem, sagt Kämmerer Zeiser.
Ludwigshafen ist hässlich. Aber schön anzuschauen von Eva Lohses Büro im 15. Stock des Rathauses. Das ist auch so ein Geschmacksverbrechen aus den siebziger Jahren, ein Ding mit einem Einkaufszentrum unten drin, aus dem der Keil der Verwaltungsetagen herausragt. Im 15. Stock ein riesiges Zimmer mit Aussicht und eine begeisterte und begeisternde Frau, die sagt, „hier, da ist Mannheim, da hinten Heidelberg, da vorne der Rhein“. Dann eilt sie schräg durch den Raum, deutet in die andere Richtung, „Speyer, Bad Dürkheim“. Man sieht Wälder, ein paar Schornsteine, die Stadt von oben, jedoch nichts vom Moloch BASF: 2000 Gebäude auf sieben Quadratkilometern, 330 Kilometer Straßen und Schienen, 2000 Kilometer Rohrleitungen auf dem Gelände. Das liegt auf der anderen Seite. Dafür sieht man andere Firmen. Zwar wird Ludwigshafen allein als BASF-Stadt wahrgenommen, aber es gab und gibt hier viel mehr. BASF ist nur die größte und mit Abstand wichtigste Firma. Später Details von Stefan Mörz. Er ist Leiter des Stadtarchivs und kennt jedes historische Detail. Und er ist, wie OB Lohse und Kämmerer Zeiser, Lokalpatriot. Alle drei versuchen in den Gesprächen, der Stadt so einen Ruhrpott-ähnlichen Charme zu verpassen. Sie wollen den Hauch vom tapferen Underdog vermitteln. Eva Lohses Euphorie in der Krise ist richtig sexy, sie verbreitet ein Gefühl wie eine Brausetablette im Mund, selbst wenn sie sagt: „Die Hoffnung stirbt als Letztes.“ Einmal erklärt sie, mit der Chemieindustrie gehe es doch immer auf und ab. Deshalb sei da Hoffnung. Allerdings, was nützt es der Stadt, wenn es der BASF gut geht, die Gewerbesteuer aber nicht mehr in Ludwigshafen gezahlt werden muss?
Ihr Vater war Aniliner, vielleicht ist sie deshalb noch hier und zwingt sich zu Ideen. Eine ist: Die gut verdienenden Mitarbeiter der BASF leben nicht in der Stadt, sondern irgendwo im Umland. Die Vorstände in irgendeiner pfälzischen Weingegend oder drüben, über der Brück‘, in Mannheim, weil „sie hier nicht wirklich willkommen waren“. Selbst die Schichtarbeiter, auch nicht arm, wohnen auswärts. Das müsse sich ändern. Damit mehr Einkommenssteuer in die Stadtkasse kommt. Erstmals seit langem wurden in den Bebauungsplänen einstöckige Häuser möglich gemacht, jetzt wären Villen in Ludwigshafen machbar. Sie erzählt die üblichen Geschichten, von „unsere Stadt attraktiver machen“. Oder was alle mal sagten: „Technologiemeile für junge Unternehmen.“ Sie erzählt, dass früher die großen Einzelhandelsketten nach Ludwigshafen wollten. Damals war hier Geld zu holen. Aber die Stadtverwaltung wollte sie nicht, ebenso wenig wie die BASF-Vorständler. Sie wollten die Geschäfte im Zentrum stützen. Also bauten Ikea, Metro, Massa, Real, Hombach außerhalb, aber nahe. Kundschaft und Geld kam von weit und aus der Stadt, die Gewerbesteuer floss woanders hin. Die Läden in der Ludwigshafener City schließen trotzdem.
Die Stadt hatte schon immer einen schlechten Ruf. Aber immerhin: Der Hitler war hier echt unbeliebt
Eine weitere Spar-Idee: soziale Einrichtungen zusammenlegen. Die Stadt hat viele, denn wo Industrie ist, gibt es immer soziale Probleme. „Warum nicht eine Spielgruppe am Nachmittag in einem Klassenzimmer?“, fragt die Oberbürgermeisterin rhetorisch. Sie sagt: „Rückführen“, „zusammenführen“, „reduzieren.“ Und: „Sparen.“ Sie sagt: „Wir versuchen freundlich zu sein, eine angenehme Atmosphäre zu schaffen. Wir müssen unsere Vorzüge klar machen.“ Wenn man so arg hoffen muss, geht es einem schlecht. Aber Eva Lohse sagt es lächelnd und wirkt dabei charmant, verzweifelt und überzeugend zugleich: „Hoffnung. Ja, Hoffnung.“ Sie glaubt, die Leute hier wissen, dass es hart werden wird, und sie glaubt, dass Ludwigshafen vielleicht ein Vorbild werden könnte für das ganze Land. „Die Menschen erwarten das inzwischen. Keine Versprechen, sondern eine klare Ansage.“
Raus aus dem Rathaus, durch das Einkaufszentrum, vorbei am Teeladen, an Mollig und Chic, an Peek und Cloppenburg, an einer Pizzeria, an aggressiv machender Piefigkeit. Der Prototyp der deutschen Fußgängerzone ist niederschmetternd und scheint nicht aufzuhören. Winter - aber ein Café hat Stühle und Tische draußen. Da sitzen Menschen. Das können keine Touristen sein. Was sollten Touristen hier? Vermutlich sind die Einheimischen härter als anderswo, deutsche Inuit. Diese Menschen sitzen draußen vor Kaffee und Kuchen, man sieht ihren Atem als weißen Dampf.
Das Stadtarchiv ist am anderen Ende des Ortes. In den Gängen des alten Baus hängen neben einer Stempeluhr Schwarz-Weiß-Fotos. Viel Industrie-Romantik, die Stadt wirkt darauf sehr ästhetisch. Vor dem Gespräch mit dem Historiker Stefan Mörz noch die Grunddaten: Gegründet wurde die Stadt 1607. Und die BASF war nicht der erste Chemiebetrieb hier. Nur der, der so abging in dieser Gegend mit einem Reservoir an billiger Arbeitskraft. Das lag daran, dass die Pfalz Realteilungsland war, das heißt, die Bauern teilten ihren Grund auf alle männlichen Erben auf. Mitte des 19. Jahrhunderts war es so weit, dass niemand mehr von seinem kleinen Acker leben konnte. Also wanderten die Pfälzer nach Amerika aus oder gingen nach Ludwigshafen zur Chemie. Wobei der Standort anfangs Probleme mit den nahen Bauern hatte, die wussten, dass ihr Boden leidet. Aber sie fanden sich damit ab, weil er vom Staat für die Industrie aufgekauft wurde. Von Anfang an hatte die Stadt einen schlechten Ruf. Als sie 1857, da gab es noch keine BASF, aber andere, ein Krankenhaus bauen wollte, lehnte der Staat ab: Ludwigshafen sei zu ungesund. Ab Ende des 19. Jahrhunderts dominierte die Anilin. Sie wurde im pfälzischen Ludwigshafen aus patriotischen Gründen so genannt, um das B von Badische nicht in den Mund nehmen zu müssen.
Die Stadt wurde lange nicht richtig reich, trotz fetter Steuereinnahmen. Weil sie viel Geld in Soziales stecken musste, reichte es nie für Protzbauten, nur nach dem Ersten Weltkrieg, als die Franzosen das Rheinland besetzt hielten, wurden ein paar schöne Häuser gebaut. Die Kommunisten waren lange stark in Ludwigshafen, hatten immer um die 20 Prozent der Wählerstimmen. 1956, als die KPD in Deutschland verboten wurde, halfen sie im Gemeinderat der SPD mit zehn Prozent der Stimmen zu regieren.
Mörz erzählt, dass es die Nazis in der Stadt schwer hatten. Noch 1936, als ganz Deutschland für die NSDAP stimmte, gab es für die Partei hier nur 30 Prozent. Und richtig viele Anti-Adolf-Flugblätter, als Hitler in die Stadt kam.
Wenn Mörz vor seinem vollen Bücherregal am Schreibtisch sitzt, sieht er aus und spricht, wie man sich einen Archivar vorstellt. Er ist, wie gesagt, Lokalpatriot und betont: Noch immer sei es ab einem gewissen Einkommen rufschädigend, wenn man eine Adresse in Ludwigshafen habe. Er zählt große Ludwigshafener auf: Regisseur und Oscar-Preisträger Wilhelm Dieterle, Julius Exter, Maler der Münchner Moderne, Josef Binder, Industriedesigner. Um ein Weggähnen zu verhindern, zieht Mörz an: Kurt Biedenkopf, Helmut Kohl, der Philosoph Ernst Bloch. Ergänzt von Palmin, dem Fett, das hier entwickelt wurde.
Ach ja, noch eine Aufzählung. Ludwigshafener Firmen, die vor der BASF hier waren und zum Teil immer noch da sind, alles Chemiefirmen: Raschig, die heute ein Weltmonopol für Billardkugeln und Kegel hat, der Dämmstoffhersteller Grünzweig + Hartmann, der nun zur französischen Saint-Gobain gehört, Knoll, eine Zeit lang Pharma-Tochter von BASF, inzwischen Teil vom US-Pharmakonzern Abbott, die Gebrüder Giulini, heute Tochter von Israel Chemicals, Benckiser, Reinigungsmittelhersteller. Mörz sagt auch, gleich zu Anfang, „wenn es die BASF nicht gäbe, säße ich nicht hier“, nur um zu zeigen, wie wichtig die Firma ist.
Einen Witz verpatzt er, als er etwas vorliest: „Dass gerade das Unternehmertum nicht an allzu großer Lust am Steuerzahlen leidet, hat uns die Steuerreform letzter Tage gezeigt.“ Mörz blickt auf und lächelt, aber weil er ein richtig altes Buch in den Händen hält, ist der Gag, „das stammt aus dem Jahr 189l“, nicht wirklich gut. Es stammt von Franz-Josef Ehrhart, dem Pionier der Pfälzer Sozialdemokratie. Das Buch beschreibt Vergiftungen, Todesfälle, Unfälle und rechnet vor: 1890 hat die BASF 6,3 Millionen Reichsmark Gewinn gemacht, 3,6 Millionen Dividende gezahlt und 84 000 Mark Steuern.
Die BASF, eine von Chemikern geleitete Firma. Also Leuten, die was wollen. Zum Beispiel besser sein
Von Anfang an waren, von wenigen Flops abgesehen, die BASF-Produkte besser als die der Konkurrenz: Indigo, Alizarin, Indanthren und andere Farbstoffe waren die Renner im 19. Jahrhundert. Anfang des 20. Jahrhunderts entwickelte BASF Meilensteine in der Ammoniaksynthese. Ammoniak ist der Grundstoff für Dünger und Munition, deshalb die heftigen alliierten Bombenangriffe im Zweiten Weltkrieg auf Ludwigshafen. In den zwanziger Jahren kamen Kunststoffe dazu, jede Plastikschüssel hatte etwas mit BASF zu tun. Die Firma wuchs und wuchs, gehörte zu den IG Farben, war immer Lieferant von Grundprodukten, die andere veredelten. Deshalb hatte es die Anilin auch, verglichen mit Hoechst oder Bayer, nach dem Krieg am schwersten. Das einzige BASF-Produkt, das Käufer mit dem Namen BASF kaufen konnten, waren später Tonbänder und Kassetten. Doch dieser Firmenteil ist schon lange verkauft, er gehörte inzwischen türkischen, koreanischen und englischen Firmen und schrumpft vor sich hin. Das war die einzige wichtige Ausnahme von der Grundsatzentscheidung, nicht in die Endproduktion zu gehen. Heute ist es so, dass in fast jeder Vitamintablette BASF drin ist, ohne dass es draufsteht.
Der Konzern hat immer stark in die Forschung investiert, stellte Nobelpreisträger der Chemie, wurde auch mal von einem geleitet, Carl Bosch, hatte meistens Chemiker als Chefs und forschte, forschte, forschte. Besser und mehr als andere. Verdiente viel Geld, hatte enorm hohe Wertschöpfungen verglichen mit den Konkurrenten und zahlte überdurchschnittlich Dividende an die Aktionäre. Hatte aber manchmal, weil der Konzern kein großes, bekanntes Endprodukt wie Aspirin besitzt, Probleme mit dem Aktienkurs. In den Sechzigern dann Stillstand. Doch damals gab es den legendären Ruck: Grundsatzentscheidungen des Vorstands. Die eine legte fest: Wir arbeiten im Verbund - alles, was bei der Herstellung anfällt, also auch Nebenprodukte, wird weiterverarbeitet und zu Geld gemacht. Das hatte zur Folge, dass die BASF sich an die Stadt kettete, denn von da an musste alles an einem Ort erledigt werden. Von nun an teilten Ludwigshafen und die BASF, die teilten endgültig ein Schicksal.
Die nächste Grundsatzentscheidung lautete: Schluss mit der Kohle, ab jetzt gibt es nur noch Erdöl als Basisprodukt. Eine weitere, so lustig das klingt, bestimmte: Wir wollen die Größten sein. Dieser Wille zur Größe wurde in fast kommunistisch anmutenden Fünf-Jahres-Plänen niedergeschrieben und mit allem nötigen Einsatz durchgesetzt. Die damals in Sachen Qualität aufholenden Amerikaner wurden wieder zurückgedrängt.
Seit 1880 bestimmen die Chemie-Leute in Ludwigshafen, wo es langgeht. Die Pfalz war bayerisch, und das bayerische Recht gab den fünf größten Steuerzahlern ein Veto gegen die Entscheidungen des Stadtrates. BASF-Chefs saßen im Gemeinderat. Wobei es nicht schwer war, in den Gemeinderat gewählt zu werden: In den 1880ern hatte der 27 Sitze und knapp 270 Wähler, denn das Wahlrecht hing vom Besitz ab.
Die Ludwigshafener mögen ihre Anilin. Aber das heißt nicht, dass sie ihr jeden Wunsch erfüllen
Die BASF war immer mächtig und scheute sich nicht, ihre Wünsche mit aller Deutlichkeit anzumelden und durchzusetzen. Das Werk brauchte in den sechziger Jahren bessere Zufahrtswege und bekam sie in Form von Hochstraßen und Brücken über den Rhein, brauchte Boden und bekam ihn, wollte besseren öffentlichen Nahverkehr und bekam auch den. Aber die Anilin hat sich auch immer um die Folgelasten gekümmert, baute Werkswohnungen, früher und mehr als andere, und beteiligte sich sogar an der städtischen Wohnungsbaugesellschaft. Gerade saniert sie die alte, heruntergekommene Siedlung Brunckviertel aus dem Jahr 1935. Sie trat als Sponsor zum Beispiel von Kulturveranstaltungen auf und tat das Möglichste, um nicht als Umweltsau dazustehen, als das im deutschen Bewusstsein wichtig wurde.
BASF nennt große Zahlen: 2000 wurden fast 880 Millionen Euro für Umweltschutz ausgegeben. In einem Werk in den USA wurde mit viel Geldeinsatz der Nitratausstoß halbiert. Trotzdem gab es Zeiten, in denen es die Firma schwer hatte. Besonders wenige ihrer Begehren setzte sie durch, als ein Mann aus dem Ludwigshafener Stadtteil Oggersheim Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz war, Helmut Kohl. Zum Beispiel wurde nichts aus dem Wunsch, ein Atomkraftwerk in der Nähe zu bauen, um den Energiebedarf des Werkes zu decken. Später wollte die Anilin auf der Rosslache bauen, einem Stück Land nördlich der Stadt. Der Boden blieb unbebaut, wegen der Belüftung der Stadt. Auch der Wunsch, die Gewerbesteuer zu senken, wurde ignoriert. Bis vor kurzem, als es nötig wurde, die Stadt vor dem Ruin zu retten. BASF rettete bloß, weil der Stadtrat den Hebesatz von 390 auf 360 Punkte senkte. Ein Gegengeschäft, das die Aktionäre des Konzerns nicht belastet, der Stadt aber hilft. Eine hochkomplizierte Sache.
Seit den siebziger Jahren gibt es keine wesentlichen Erweiterungen des Werksgeländes mehr. Es ist trotzdem das größte der Welt, wegen der BASF-Grundsatzentscheidung „Verbund“. Alles ist nahe beieinander, damit Produkte, die an einer Stelle übrig bleiben, weiter verwendet werden können. Möglichst wenig Ausschuss bringt viel Geld. Es ist auch gut für die Umwelt, wenn quasi alles, was anfällt, irgendwie verwurschtelt wird. Die BASF, das ist überall in der Stadt zu hören, ist umweltfreundlich.
Sie mögen ihre Anilin. Die Sozialleistungen waren immer üppig: Krankengeld gab es, als es noch nicht mal Krankenkassen, Belegschafts-Aktien, als es das nirgends sonst gab. Höhere Löhne als anderswo, dicke Sozialleistungen. Es ist aber nicht mehr die Liebe von früher. Da waren alle stolze Aniliner. Inzwischen hat die BASF ihre Belegschaft von 50 000 Leuten 1991 auf 38 000 heute abgebaut. Sozialverträglich, Vorruheständler, Abfindungen, gute Aufhebungsverträge, Teilzeitregelungen, Hilfe beim Start in die Selbstständigkeit. Und die Abmachung: keine betriebsbedingte Kündigung. Trotzdem hat in letzter Zeit die Liebe ein bisschen nachgelassen, „weil die Selbstverständlichkeit des Arbeitsplatzes verloren gegangen ist. Man sieht sich jetzt mehr als disponible Masse“, so Mörz. Aber das sei ja überall so.
Der Umweltschutz ist gut. Ja, früher war das anders. Und, na gut, manchmal ist der Regen weiß
Die BASF zahlt immer noch gut, im Juli 2001 bekamen die Mitarbeiter Aktien im Wert von 2,46 Millionen Euro geschenkt. Aber es gab auch schon Demonstrationen gegen Kürzungen von Sozialleistungen. Umweltmäßig sei ihr aber nichts vorzuwerfen. Die Filtertechnik immer auf dem neuesten Stand, seit den siebziger Jahren gibt es keinen Ruß oder Rauch mehr. Anfang der Sechziger konnte man in Ludwigshafen keine weiße Wäsche raushängen, es sei denn, man wollte sie schwarz haben. Die Anilin hat einen Nachhaltigkeitsrat, der für eine „nachhaltig zukunftsträchtige Entwicklung“ im Werk zuständig ist. Sie hat Nachbarschaftsräte geschaffen, in denen jeder mit wichtigen Anilinern reden kann. Am Wochenende darf, wer will, durch das Werk fahren und wird informiert.
Allerdings hat die BASF als Chemiefirma die branchenübliche Journalisten-Paranoia: Die dürfen nur in Begleitung von Pressebetreuern auf das Werksgelände. Chemie gilt nun mal als bäh. Stadtarchivar Mörz, ein Nicht-Aniliner, ein ruhiger Mann, wird bei einem langen Gespräch nur einmal ruppig, als er sagt: „In den Medien wird Ludwigshafen immer schlecht gemacht, das regt mich unheimlich auf. Der Schmutz ist nur ein Mythos.“ Es gibt, sagen alle, keine statistisch auffälligen Abweichungen vom deutschen Durchschnitt bei Tuberkolose, Sterblichkeit oder Krebs. Allerdings: „Früher gab es wohl Anilinkrebs, aber nur innerhalb des Werkes.“ Kaum wer reduziert so fleißig den CO2-Ausstoß wie die Anilin. Alles wird immer besser. Mörz verweist auf insgesamt 100 Hektar Straßengrün, die 1986 ermittelt wurden. 1956 waren es noch 1,5 Hektar. Die Stadt hat sogar ein Landschaftsschutzgebiet und einen Landschaftspark.
Die Fünfziger waren umweltmäßig eine schlechte Zeit, als die BASF noch mit Vorkriegsmaterial produzierte. Aber damals dachten alle so. 1953 gab es den berüchtigten Dioxin-Unfall, als noch niemand wusste, was das ist. Tote? Nicht sofort. Es wurde damals nicht untersucht, warum wer kurz darauf starb. Unfälle haben in der Schicksalsgemeinschaft mit guten und schlechten Zeiten Tradition: 1948 starben 207 Menschen, 3800 wurden verletzt, 7350 Gebäude beschädigt, als ein Laster im Werk explodierte. 1943 war schon mal einer in die Luft gegangen, 64 Tote. Aber das war wenig, verglichen mit dem, was am 21. September 1921 passiert war: Die Düngemittelproduktion explodierte, 561 Tote, 2000 Verletzte, einige Dörfer in der Umgebung wurden zerstört, in Heidelberg und Mannheim gingen Fenster kaputt, noch in Frankfurt war der Knall zu hören.
Während der siebziger und achtziger Jahre hörte man im regionalen Radio oft, dass die Anwohner die Fenster schließen sollten, es habe einen Zwischenfall bei der BASF gegeben. Das wurde ein Ritual und machte irgendwann keinen mehr nervös. Legendär ist der Friesenheimer Regen. Friesenheim ist ein Stadtteil Ludwigshafens, direkt am Werk. Der Regen ist manchmal weiß und hat zur Folge, dass alle im Freien stehenden Autos gewaschen werden müssen. Die Waschanlagen-Reinigung zahlt die Anilin, Quittung genügt. Das ist für alle eine witzige Anekdote und gilt nicht als Grund zur Sorge. Die Friesenheimer Handballdamen, Eulen genannt, gerade in die zweite Bundesliga aufgestiegen, sind übrigens die einzigen Sportler, die vom Werk gesponsort werden.
Die Presseabteilung verbreitet heiße Luft und lächelt, nervös. Wieso? Die Fakten sind doch richtig gut
„Das ist Nachbarschaft“, sagt Johanna Maier von BASF Community Relations. „Wir haben das Selbstverständnis, dass wir uns in der Region Rhein-Neckar engagieren. Wir fördern gezielt soziale, kulturelle und Bildungsprojekte, wir haben mit der Stadt und Institutionen Kooperativen und BASF-eigene Projekte.“ Breitensport, nicht Spitzensport sei die Idee. Die Gespräche bei ihr im Büro, Raum 347, Gebäude C 100, mit ihr, Kristina Winzen von der Standortpresse und Lothar Meinzer, Director Sustainability Center, was immer das sein mag, sind extrem langweilig. Vermutlich wären sie es für alle, wenn die drei BASFler nicht diese übertriebene Journalisten-Angst hätten.
„Bitte schicken Sie uns doch noch heute bis zum frühen Nachmittag die Fragen, die Sie stellen wollen“, hatte die Pressestelle gemailt. Wenn nicht, dann wenigstens die Themenkomplexe. Im Türrahmen sagte Kristina Winzen: „Wir wollen nicht über die Gewerbesteuersituation sprechen.“ Ansonsten: Schicksalsgemeinschaft. Mitmachlabore für Grundschulen. Schwerpunkt Bildung. Junge Menschen für naturwissenschaftliche Fächer interessieren. Oder: Stadtfest Ludwigshafen, Kulturbühne, Klassik, Pop, Jazz, „machen wir regelmäßig“. Seit 1920 gibt es den Bildungszirkel. Sinfoniekonzerte. Ballettring gemeinsam mit der Stadt. 100 Sportangebote für Mitarbeiter. Spenden, Kooperationen, Anschubfinanzierungen. Und der Hinweis: Die BASF hat 2500 Azubis, jedes Jahr 800 neue. Etwa 5000 Jobs gibt es auf dem BASF-Gelände, die nicht zur BASF gehören, Fremdfirmen, Wartung, Reinigung. „10000 weitere Arbeitsplätze hängen an uns, deutschlandweit sind es 71 000.“ In einer Broschüre steht, dass die Anilin für deutlich mehr als eine halbe Milliarde Euro jährlich in der Region 20 Kilometer um das Werk einkauft.
Wenn man die drei von der BASF etwas fragt, antworten sie freundlich nichtssagend, lächeln oder müssen erst nachsehen. Eine Werksführung gleich heute geht nicht. Dafür erzählen sie gern: „Vor 100 Jahren haben wir das städtische Krankenhaus finanziert, nicht weil wir gute Menschen sind, sondern weil wir Infrastruktur brauchen, Mitarbeiter brauchen auch Schulen für ihre Kinder.“ So Lothar Meinzer, der damit die provokanteste Aussage liefert. Alle drei wohnen nicht in Ludwigshafen. Kristina Winzen kommt jeden Tag aus Mannheim, mit dem Fahrrad, über die Brücke. Aber das möchte sie nicht gedruckt sehen, zu privat.
Bloß schnell raus, durch Tor 2, in die Unterführung, weiter, weg. BASF-Broschüren lesen, zum Beispiel „Gesellschaftliche Verantwortung 200l“. Da stehen solche Infos: „In Chattanooga/Tennessee/USA beteiligt sich die BASF an Untersuchungen in einem Feuchtgebiet als Partner des Tennessee Aquariums.“ Oder: „Mitarbeiter der BASF in Indien spenden einen Tageslohn an den Earthquake Relief Fund zur Unterstützung der Opfer des Erdbebens in Gujarat/Indien.“ Oder: „Die BASF lädt 32 strahlengeschädigte Kinder aus Tschernobyl zu einem Besuch bei der BASF-Werksfeuerwehr nach Ludwigshafen und einem Erholungsurlaub in die Pfalz ein.“ Oder: „In Korea beschließt die BASF eine Spende von über 1,7 Millionen Euro an die Yeosu Scholarship Foundation.“ Die Broschüre ist wie das Gespräch geprägt von der Angst, schlecht wahrgenommen zu werden. Warum nur? “Ist das ein Unternehmen, auf das man sich verlassen kann?“, fragt Wilhelm Zeiser und antwortet sich selbst mit Nachdruck: ,Ja!“ Im Rathaus, sechs Stockwerke unter Eva Lohses Büro. Zeiser, für die Finanzen der Stadt verantwortlicher Bürgermeister, hat an der Innenseite seiner Bürotür ein Cicero-Zitat stehen: „Der Staatshaushalt muss ausgeglichen sein, die öffentlichen Schulden müssen verringert werden, die Arroganz der Behörden muss gemäßigt und kontrolliert werden.“ Er wohnt direkt neben der BASF, „da merken Sie nichts von“. Er betont, dass der Hauptausstoß an CO2 von den Autos und den Privatverbrauchern kommt.
Die Steuergesetzgebung. Kompliziert. Der Kämmerer erklärt das Problem. Für Laien. Er ist sehr verärgert
Früher wurden in der Lokalpolitik Fehler gemacht: „Alles, was an Wohnraum geplant und gebaut wurde, hatte die Intention Normalbürger. Wir müssen jetzt versuchen, Einkommenssteuerzahler in die Stadt zu holen.“ Eine Zeit lang investierten Privatleute in Eineinhalb-Zimmer-Wohnungen, aus Steuerspargründen, um abzuschreiben. Das war willkommen, ist heute aber ein Kostenfaktor für die Stadt, denn in den Wohnungen leben viele Sozialhilfeempfänger. „Alleinerziehende Mütter in Massen“, sagt der Kämmerer. Aber, das ist ihm wichtig: Die Stadt hat ganz früh angefangen zu sparen, sie war 1991 eine der ersten deutschen Städte, die die Verwaltung von der Unternehmensberatung McKinsey durchkämmen ließ. Ludwigshafen habe früh die Kosten gesenkt. „Ich dachte manchmal, wir sind spät dran. Mannheim war acht, zehn Jahre früher in der Strukturkrise. Wir eigentlich auch, aber das wurde durch die boomende Chemie überdeckt. Wir waren auch mal das Bankenzentrum für die Region, aber seit Mitte der achtziger Jahre, mit dem Konzentrationsprozess, sind die Banken verschwunden. Damals hatten wir aber noch Arbeitsplätzezuwachs dank der Chemie, wir haben es also nicht gemerkt. Besser gesagt: später gemerkt. Dann aber umso schlimmer.“ Die Stadt muss Altlasten sanieren, der Boden war von den Chemie-Unternehmen kontaminiert worden.
Eigentlich wollte er heute keinen Kaffee mehr trinken, aber er nimmt dann doch noch einen. Und noch einen. Und noch einen. Denn es dauert, die Gesetzeslage zu erklären. Natürlich benutzt auch er das Wort Schicksalsgemeinschaft. Mehrmals, während er die Rettung der Stadt durch die BASF beschreibt. Wie seine Chefin macht Zeiser ganz deutlich: Böse ist nicht die Anilin, sondern die Bundesregierung mit ihren Steuergesetzen. Gut, die Gewerbesteuereinnahmen sind so oder so mit der Konjunktur eingebrochen. Aber vor allem kommt kein Geld mehr, weil die Gesetze geändert wurden. Stichwort: Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz. Das ist alles sehr kompliziert. Zeiser vereinfacht für Laien: Die BASF hat viele Töchter. Bis vor einem Jahr musste ein Unternehmen grundsätzlich entscheiden, ob es Gewinne und Verluste in der Zentrale verrechnet. Nach der Neu-Regelung vom 20. Dezember 2001 werden die Steuern auf die Gewinne von Tochtergesellschaften eines Unternehmens nur noch dann am Hauptsitz fällig, wenn es dafür fest vereinbarte Ergebnisabführungsverträge gibt. Bislang hatte die BASF ihre Steuern immer in Ludwigshafen gezahlt: Die Verluste im Gesamtkonzern wurden hier mit den Gewinnen verrechnet. So blieb etwas übrig für die Stadt, aber auch Anteile für die kleinen Orte, die Verlustzuweisungen oder Gewinne geliefert hatten. Alle hatten was davon. Zum Beispiel der BASF-Standort Schwarzheide, in Ostdeutschland, der jetzt, nach langer Zeit, Gewinn macht. Nun aber hat die Regierung die Gesetze geändert. Wenn die BASF die Gewinne nicht heranzieht, weil der Gewerbesteuersatz für den Konzern in Schwarzheide besser ist als in Ludwigshafen, sieht die Stadt, die jahrelang die Schwarzheide-Verluste mit weniger Gewerbesteuer-Einnahmen mitgetragen hat, alt aus. „Es geht um Lastengerechtigkeit.“ Warum hat der Bund die Gesetze geändert? Wilhelm Zeiser zuckt mit den Schultern.
Die BASF rettete die Stadt. Oder rettete sich die Stadt durch ein Geschäft? Jedenfalls geht es weiter
Unterm Strich drohten der Stadt für 2002 allein durch BASF Gewerbesteuerausfälle von rund 50 Millionen Euro. Also machten die Stadt und das Unternehmen einen Deal: Ludwigshafen senkt den Hebesatz für die Gewerbesteuer, BASF bezahlt wie gehabt. Für die Anilin ist das durch die Steuersenkung ein Null-Summen-Spiel. Und Ludwigshafen bekommt dadurch zumindest 40 der ursprünglichen 50 Millionen Euro und kann dem Bankrott noch einmal knapp entgehen.
Oberbürgermeisterin Lohse sagt zum Abschluss: „Die Anilin hat vor kurzem ein neues Standortkonzept vorgestellt. 250 Millionen Euro Investitionen in das Kraftwerk.“ Sie klingt optimistisch. Der Archivar Mörz bringt die Hoffnung, die allen gut tut, auch wenn sie aus dem Nichts kommt, auf den Punkt: „Wir haben hier keine Internetfirmen und putzen uns nicht gegenseitig die Schuhe. Hier verbringt auch niemand seinen Urlaub. Ludwigshafen fällt aus dem Rahmen, hier gab es keinen Wandel zur Dienstleistung. Zwei Drittel der Leute arbeiten im produzierenden Gewerbe. Die Stadt hat eine Vergangenheit und deshalb eine Zukunft.“ Auch wenn nicht klar ist, was für eine.