Lecker Pilze
Zwischen Utrecht und Leiden, nördlich von Gouda, eine Siebziger-Jahre-Wohnsiedlung für Pendler. Architektur als Verbrechen: Betonblocks mit bis zu zehn Stockwerken, tausende zu kleine Balkone. Einsame Bäume in Trögen auf gepflasterten Plätzen imitieren Natur. Viele alte Menschen in Rollstühlen oder mit Gehhilfen sorgen ständig für Geräusche, das Klappern und Knirschen des Alters. Einkaufszentrum, Kaufhaus, Bäckereien mit Fastfood, Drogeriemarkt, Supermärkte, zu bunte Blumenläden. Das ist Alphen aan den Rijn, ein kalter mitteleuropäischer Ort. Im Gewerbegebiet liegen kleine Firmen am Rand der Umgehungsstraße, hinter dem Kreisverkehr. Dort sitzt Procare Mushrooms, der größte Lieferant der Niederlande für frische psychedelische Pilze: Panaeolus Cyanescens, Copelandia, Psilocybe Cubensis. Die enthalten Psilocybin, das vom Hirn als Seratonin wahrgenommen wird, ein körpereigener Botenstoff. Wer zu viel davon zu sich nimmt, bekommt Halluzinationen - isst man die Pilze, tanzen die Synapsen. Die offiziellen Handelsnamen sind Thai, Mexican, Hawaiian.
Procare macht legale Geschäfte. Sagt das Strafrecht. Aber vielleicht auch nicht. Sagt das Zivilrecht Laut Fremdenverkehrs-Statistik kommen aus Deutschland jährlich 1,1 Millionen Menschen nach Holland, um dort high zu werden. Der Konsum hat sich in den vergangenen Jahren von; Hasch zu Ecstasy und Pilzen verlagert - psychedelische Pilze sind gerade en vogue. Die niederländische Drogenpolitik ist eigenwillig. Grundsätzlich sind Drogen verboten wie in Deutschland, doch der Staat ist tolerant. Also gibt es Hasch-Cafes, Straßenverkauf, Anbau. Ein Sieg des Pragmatismus. Die Ausnahme ist das Frischpilz -Geschäft, das ist legal wie der Champignonanbau. Das war es in Deutschland übrigens auch mal, aber die Lücke gab es nicht lange. In Holland wurde dagegen nach jahrelangen Prozessen festgestellt: Frische Drogenpilze sind legal, getrocknete aber illegal.
Doch so gut wie jeder Champignonproduzent der Niederlande verstößt gegen das Gesetz, denn jeder Champignonproduzent verkauft auch Drogenpilze. Dafür gibt es gute Gründe: Früher brauchte ein Champignonfarmer neun Hallen, um ständig ernten zu können, was er tun musste, um die Märkte und die Konservenfabriken beständig beliefern zu können. Irgendwann sorgten neue Dünger für einen schnelleren Zyklus, und plötzlich konnte man mit sechs Hallen durchgehend ernten. Das war zu einer Zeit, als die Champignonpreise sanken wie die Titanic. Die Rettung waren Drogenpilze: Mexican und Thai bringen 40-mal so viel Geld wie Champignons, Hawaiian sogar 80-mal. Eine durchschnittliche holländische Pilzhalle hat 200 Quadratmeter und liefert 1000 Kilo pro Ernte. Aber nur etwa 50 Kilo kann man frisch verkaufen, mehr nimmt der Markt nicht. Den Rest muss man trocknen. Deshalb sind Hollands Champignonzüchter kriminell.
Procare gehört Murat Kücüksen, 33, und Ali Kücüksen, 37, Brüder türkischer Abstammung, in den Niederlanden geboren, seit 1994 im Geschart. Sie starteten ihre Firma in einem Wohnzimmer, mit einem Aquarium. Heute haben sie in einer Halle im Gewerbegebiet acht Container mit 400 Quadratmeter Anbaufläche stehen. Ihr Unternehmen ist legal. Murat Kücüksen sagt: „Unsere Idee war: kleinere Häuser, kleinere Mengen, aber jede Woche neu ernten. Das heißt, wir können immer frisch liefern, unsere Kühlwagen sind ständig unterwegs.“ Man kann Procare als Betreiber eines Smart Shops, so heißen die Drogenläden, anrufen und bekommt am nächsten Tag Frischware. Murat war früher im Catering-Geschäft, eine Übung für den Frischwarendienst Drogenpilze. Er trägt für die Arbeit in den Containern einen weißen Schutzanzug, damit wirkt er wie ein Techno-Star.
Flache, helle Büroräume, Ölbilder an den Wänden - Procares Zentrale hat die Ausstrahlung eines Schauraums für Sanitärbedarf. Murat sagt: „Psychedelische Pilze sind ein Produkt wie Toilettenpapier oder Kondome.“ Sein Bruder ergänzt: „Wir sind Realisten, Hans ist ein Idealist.“ Hans van den Hurk ist ein Ex-Computerfachmann, war lange für IBM aktiv. Ein Überzeugter, der alles selbst testet. Der Pilz-Tycoon der Niederlande.
Murat Kücüksen geht Sporen ansetzen, Ali Kücüksen, der Ingenieur, übernimmt das Gespräch. Er ist ein Technokrat, redet bedacht, jeder Satz ist überlegt und abgeklopft, voller Details, ohne Überfluss. Sein Bruder wirkt südländischer, der reißt mal einen Witz oder zeigt Gefühle. Ali Kücüksen nicht, er ist ein Geschäftsmann: „Wir haben das Finanzamt angebettelt, dass wir Mehrwertsteuer zahlen dürfen, aber die Behörde sagt nein, es sei illegal, was wir machen, obwohl es völlig legale Transaktionen sind. Wir haben dann vorgeschlagen, eine Sondersteuer auf Pilze einzuführen, wie für Benzin, Zigaretten, Alkohol. Nein, wollten sie nicht.“ Strafrechtlich ist es in Ordnung, was sie machen, höchstinstanzlich bestätigt. Aber zivilrechtlich nicht. Die eine Hand des Staates weiß nicht, was die andere macht. Also darf Procare keine Steuern zahlen. Deshalb haben die Kücüksens Angst, dass sie irgendwann nachzahlen müssen, und zwar ordentlich, denn die Gewinne sind hoch. Sie beliefern 99 Prozent des legalen Marktes, der allerdings nicht mal 40 Prozent des Gesamtmarktes abdeckt. Der Rest sind Trockenpilze.
Die Altersversorgung sei ein Problem, erklärt der ältere Bruder: „Wir wissen, dass wir eine Firma aufgebaut haben, die man nicht verkaufen kann. Für viele Unternehmensgründer spielt die Möglichkeit des Verkaufs eine große Rolle. Die Regel ist, dass man sechsmal den Jahresumsatz als Kaufpreis bekommt. Aber für eine Firma in so einem unsicheren Gewerbe wie dem unseren zahlt niemand, auch dann nicht, wenn sie extrem lukrativ ist.“ Procare hat vier Tochterfirmen, insgesamt vier Angestellte, keine teuren Fachleute, sondern Ungelernte. Umsatz im vergangenen Jahr rund 650000 Euro, ein sehr hoher Gewinnanteil, die Firma ist schuldenfrei. Sie ist eine Holding. Diese Konstruktion haben die Brüder gewählt für den Fall, dass sie doch mal einen Käufer finden. Denn wie in Deutschland lassen sich dann prima Steuern sparen: Wenn eine Holding ihre Tochterunternehmen verkauft, zahlt sie weniger Steuern als eine Privatperson. Um sich abzusichern, entnehmen die Kücüksens mehr aus ihrer Firma, als es andere Unternehmer tun. „Wir brauchen einen höheren Profit, wegen des Risikos und weil wir nicht verkaufbar sind.“ Kredite von Banken gab es nie: „Die haben Angst, dass sich was ändern könnte. Wir haben alles selbst finanziert.“ Jetzt sei das angenehm, anfangs war es hart.
Die Brüder Kücüksen fragen sich, ob sie dumm sind: Sie halten sich an Gesetze, die alle anderen ignorieren Ali Kücüksen arbeitete zwölf Jahre als Ingenieur für Grand Metropolitan-Pillsbury im Champignon-Geschäft, er gründete und überwachte Farmen in China, Mexiko, Rumänien und Polen. Weil die Preise stetig fielen, musste gespart werden, am Lohn, vor allem aber bei den Energiekosten. „Die perfekte Champignonfarm liegt im Äquator am Hang eines Berges, tagsüber heiß, nachts kalt. Und bezahlt wird Billiglohn dank Globalisierung“, meint der Experte in „low budget mushroom fanning“. Die Preise fielen miner weiter. Als Indiens Regierung anfing, Champignonfarmen großzügigst zu subventionieren, hörte Ali Kücüksen auf.
Wir besichtigen die Anlage. Der Kompost ist Hühnerkot, Schweinekot, nasses Stroh. Dazu kommen Dünger und Gerste, die Gerste füttert die Pilzsporen. Vorher wird sie sterilisiert. Ali Kücüksen deutet auf einen großen Ofen, er macht eine Pause, er will beeindrucken: “ Wir haben eine Sterilisierung der Klasse 1000, in Krankenhäusern ist Klasse 100 in Sterilisierungsräumen vorgeschrieben.“ Dann die Container, acht Stück nebeneinander, mit Zetteln an den Türen: Container 8 „Mexican and Thai“, dazu ein Datum. Und eine Anzeige: 27,4 Grad. Container 5, „Thai“, 21,2 Grad. „Es ist alles eine Frage der Organisation, wir müssen ständig ernten.“ Eine Besichtigung der Container geht nicht, wegen der Hygiene. Sind die Sporen im Container, wird nach zwölf Tagen die Temperatur hochgedreht und die Luftfeuchtigkeit erhöht. Nach drei Wochen wird geerntet. Dann werden die Pilze gewogen und in kleine Plastikschalen gepackt, die in Deutschland für Cherry-Tomaten benutzt werden. Eine Packung Hawaiian mit zehn Gramm Pilzen kostet im Smart Shop 25 Euro. Für den gleichen Preis erhält man 30 Gramm Mexican und Thai.
Nach dem Rundgang ist auch Murat wieder im Büro. Haben Sie mal einen Pilz probiert? Ali lächelt. Murat lacht: „So ein Pilz, wenn du den nimmst, bist du acht Stunden gut beschäftigt, die Zeit haben wir nicht. Vielleicht mal, wenn ich in Rente gehe.“ Ali: “ Wir sind keine Drogentypen. Die ersten drei, vier Jahre haben wir 20 Stunden am Tag gearbeitet, sieben Tage die Woche. Und von trockenem Brot gelebt.“ Alles, was sie investieren wollten, mussten sie selbst verdienen. Außerdem sind sie Familienväter, jeder hat zwei Kinder. Murat hofft, dass sich seine elfjährige Tochter nicht für Drogen interessieren wird. „Wenn doch, hoffe ich, sie nimmt welche von uns, da kenne ich die Qualität.“ Von seiner Kundschaft hat er kein gutes Bild; „Smart-Shop-Besitzer müssten morgens aufstehen, in ihren Laden gehen, den Kühlschrank aufmachen, darüber nachdenken, wie viel frische Pilze sie brauchen, den Hörer abnehmen und uns anrufen. Für viele ist das einfach zu viel.“ Also nehmen sie getrocknete Pilze, was verboten ist. „Der Vorteil für die ist auch der Spekulationsgewinn: trockene Pilze sind haltbar, und die Preise schwanken extrem.“ Manchmal kommen sich die Kücüksens dumm vor: Sie halten sich an die Gesetze, die anderen nicht, die verkaufen getrocknete Pilze, werden vom Staat aber genauso behandelt wie sie. Der Staat sei schizophren, er legalisiert, hat aber Angst vor den Folgen. So gibt es keine Sicherheit für ihre ordentlichen Geschäfte, jederzeit können neue Gesetze kommen. Die Versicherungen reagieren darauf: Procare sei nicht zu versichern. „Dabei ist es nicht so, dass wir für Einbrecher interessant sind. Man kann sich kleine Portionen für zwölf Euro kaufen. Und mehr als einen Pilz die Woche kann man nicht nehmen.“ Die Kücüksens denken, das Trockenpilz-Urteil war politisch motiviert. Getrocknete Pilze könnte man exportieren, das wollte der Staat seinen Nachbarn nicht antun. Export gibt es also nicht. „Nur in Holland gibt es eine Infrastruktur, in Deutschland müssten wir an Leute liefern, die an dunklen Straßenecken stehen.“ Es ist alles ein wenig zwielichtig: „Mein Schwiegervater weiß zwar, dass ich im Pilzgeschäft bin. Welche Pilze das sind, weiß er aber nicht. Deshalb wundert er sich immer, dass ich sonntags zur Arbeit gehe. Er fragt ständig: Was sind das für Restaurants, die sonntags Pilze brauchen?“ Procare liefert vor allem an den Großhändler Hans van den Hurk, den Idealisten, einen „Geschäftsmann mit Bewusstsein“. Er hat zwei Smart Shops, außerdem beliefert er als Großhändler rund 150 Läden. In seinem Lager liegen nicht nur Pilze, sondern alles, was dazu gehört und legal ist: CDs mit Sphärenmusik, flüssiger Sauerstoff, Postkarten, Haschpfeifen, Tarotkarten, Lavalampen, Krauter, Sonnenbrillen, Kakteen. Ein Magic-Mushroom-Grow-Kit samt Sporen kostet rund 50 Euro. Van den Hurk trägt Schwarz, seine Haare sind gegelt, er wirkt jünger, als er ist, eher 30 als 42. Sein Lager ist für Amsterdamer Verhältnisse groß, denn eigentlich ist in dieser Stadt alles eng: kleine Häuser zwischen den Grachten, steile Treppen, niedrige Decken. Wie dem Rest von Holland fehlt auch hier Raum. Vielleicht sind Holländer deshalb so an einer Flucht per Drogen interessiert. Hans van den Hurks Großhandel Conscious Dreams belegt drei Häuser nebeneinander.
Fünf Leute arbeiten im Lager. Einer hat dunkle Zähne, was auf Mineralienmangel, also zu viel Ecstasy, schließen lässt. Ein anderer mit in alle Richtungen stehenden Haaren schwebt abwesend herum. Die beiden Frauen wirken geschäftsmäßiger, mehr wie Manager. In der hintersten Ecke füllt einer im weißen Kittel mit einer Maschine Joints, immer 30 Tütchen auf einmal. Das Gerät gleicht einem Igel mit dicken weißen Stacheln. Der Mann im Kittel erklärt, er verarbeite Krauter. Hasch ist illegal in Kombination mit Pilzen. Entweder man macht einen Haschladen oder einen Pilzladen. In keinem darf es beides geben.
Das interessante Leben des Hans van den Hurk: vom Computerarbeiter zum Drogengroßhändler Van den Hurk hat zwei Jahre Psychologie studiert, abgebrochen, war dann von 22 bis 33 in der Computerbranche. Erfolgreich, gut bezahlt, mit Dienstwagen arbeitete er für eine Firma, die für IBM arbeitete. Programmierte, kümmerte sich um Netzwerke, Systemanalysen, Product Management. Als er 29 war, fing er, aus Neugierde und um sein Gewissen zu beruhigen, ehrenamtlich in der Drogenberatung an. „Damals kam Ecstasy auf, und Kräuter hatten ein Revival. Aber es gab kaum Information darüber. Alle waren noch auf Koks, Heroin und Hasch fixiert.“ Er machte Feldforschung für eine gemeinnützige Stiftung, die das Gesundheitsministerium belieferte. Er baute Stände in Discos auf, so genannte Safe Houses, wo er Broschüren verteilte. Er rief Party Veranstalter an; „Wenn auf Ihren Partys Ecstasy genommen wird, sorgen Sie für Ruheräume und billige Flüssigkeiten.“ Er organisierte Kongresse. Außerdem probierte er alles, Kräuter, jede Pille. Er wollte aufhören mit dem Computerjob, konnte aber nicht: „Ich wurde zu gut bezahlt.“ Er trank Guarana, das wach hält und aufputscht. Um sich zu beruhigen, rauchte er jeden Tag einen Joint. Gegen Stress nahm er Hydergine, ein Mittel aus der Geriatrie, das Albert Hofmann, der Erfinder des LSD, entwickelt hatte. Er schluckte Pillen, die das Gedächtnis enorm verbessern. „Aber das ist grässlich, wenn du nichts vergisst, jeder kleine Zettel, jede Telefonnummer, alles, was im Kühlschrank ist.“ Also nahm er was dagegen.
1993 änderte sich endlich etwas: Er mietete einen Laden. Damals gab es in Holland noch feste Ladenöffnungszeiten von neun bis 18 Uhr. „Aber meine Kunden wollten ihr Zeug nachts. Eine Kunstgalerie durfte nachts aufhaben, also bin ich zu den Behörden gegangen und habe gesagt, ich will eine Galerie mit Smart Shop eröffnen. Das haben sie genehmigt.“ Er verdiente kaum, holte Business-Kurse nach, dann kam ein Champignonzüchter. Fortan verkaufte er psychedelische Pilze. Er war der Erste, vor der Tür standen die Menschen Schlange. Im ersten Jahr mit Pilzen machte er eine halbe Million Euro Umsatz. Dann kamen die ersten Konkurrenten. Und Probleme. „Wir haben den Leuten, die Angst hatten, einen Tranquilizer, Dyphantonine, gegeben, der eigentlich gegen epileptische Anfälle gedacht ist. Der wirkt wie ein Kamm für das Gehirn, man nimmt eine Pille, und alles wird auf den richtigen Platz geschoben. Wenn die Pilzdosis zu hoch ist, kann man das so einigermaßen regeln. Wir wollten immer Hightech und Natur kombinieren.“ Die Infos über die Pillen holte er sich vom Hausarzt.
Doch die Tabletten zu verteilen war illegal. Es kam die erste Razzia, von da an beschäftigte er drei Anwälte, einen für das wachsende Geschäft, zwei für Drogenprozesse. Die er alle gewann, auch wenn er ab und zu in den Knast musste. „Insgesamt saß ich elf Tage.“ Das mit den Tabletten klärte sich: Man darf laut Gesetz die Tabletten verkaufen oder verschenken, aber sie dürfen nicht in der Originalverpackung sein. Inzwischen gibt es sie auf Rezept. Immer wieder wollte ihn das Gesundheitsministerium sprechen. Oder das Justizministerium. Er informierte Staatssekretäre, diskutierte mit ihnen. Er war der Pilzfachmann. Sie baten ihn, einen Verband zu gründen. Also gründete er mit den Konkurrenten den Verband der Smart Shop Betreiber, VLOS, ein Ansprechpartner für die Regierung. „Ich halte die Unterscheidung zwischen harten und weichen Drogen für falsch. Es gibt nur harte und weiche Konsumenten. Auf die Menge kommt es an. Ich kenne Haschraucher, die sind völlig weg, weil sie zu viel rauchen.“ Drogen sind eben Drogen, inklusive Alkohol und Nikotin. Aber die Leute sollten in einem freien Land selbst entscheiden dürfen, was sie nehmen.
Man kauft legal einen frischen Pilz, und der ist einen Tag später getrocknet, also illegal. So ist das in den Niederlanden Er expandierte, bekam aber nur kleine Kredite. 160000 Euro höchstens. Dabei macht sein Drogenimperium rund 2,5 Millionen Euro Umsatz im Jahr, Tendenz steigend, „weil ich diversifiziert habe, das Zeug drumrum bringt mehr ein als die Pilze“. Seine Franchise-Pläne funktionierten nicht richtig, weil es keine Kredite gab. Jetzt hat er eine freiwillige Kooperation mit acht Läden, gemeinsam drücken sie die Preise der Farmer. Wie ist sein Unternehmen organisiert? „Es gibt eine Holding, die zu hundert Prozent mir gehört, Heyokah, nach einem indianischen Schamanen benannt. Darunter der Großhandel, Conscious Dreams, plus die Firma, der der Laden gehört. Dann eine Beteiligungsgesellschaft, die an dem großen Laden im Zentrum Amsterdams die Mehrheit hat, an einem Laden in Barcelona und an zwei Shops in Harleem und Utrecht.“ Barcelona? „Spanien ist das einzige Land, in das wir exportieren. Mit Deutschland und Frankreich Geschäfte zu machen ist zu kompliziert, wegen der vielen Vorschriften.“ Die Shops laufen nicht mehr so gut, zu viel Konkurrenz, die er allerdings als Großhändler beliefert.
Van den Hurk wundert sich ebenfalls über die niederlandische Rechtsprechung. „Wenn der Pilz frisch ist, ist er okay, getrocknet nicht. Das bedeudet, ein Kunde kauft frische Pilze, nimmt sie heim, und am nächsten Tag hat er eine Droge, dann ist er kriminell.“ Er schätzt: „99 Prozent des Marktes ist trocken, weil die Champignonhändler mit Riesenladungen auftreten. Illegal, aber toleriert.“ Und lächelt: „Irgendwie ist der niederländische Staat lustig.“ Auf dem Weg nach draußen, vor van den Hurks Büro, hängt zum Abschied ein Schild: „Make Drugs Not War“. Ob er das auch schon der Regierung vorgeschlagen hat?