Wer kommt in der Armee?

Reportage
zuerst erschienen im Sommer 2004 in Dummy Nr. 3 (Thema: Spaß), S. 86-89

[87] Es folgt eine Geschichte über das Leben im Bundeswehr-Lager Prizren, und zum Leben gehört Sex. Dazu wird ein Truppenpsychologe zu Wort kommen, auch zu Themen wie: Wird Homosexualität ein Problem, wenn man sechs Monate am Stück in einem Lager mit 5000 Mann steht? Geplant war ein Text über die deutschen Frauen bei Kfor. Aber Mädels mit Knarren, das wurde nichts. Die sind gelangweilt, weil schon viel über Frauen beim Bund geschrieben wurde. Sie geben nur noch Platitüden von sich. Ist verständlich, oder? Auf Fragen wie „Sind Waffen sexy?“ oder „Der kalte Stahl in ihrer Hand, bewirkt der was?“ kommt nur noch; „Quatsch!“ Wobei eine Rolle spielt, dass bei jedem Interview ein Presseoffizier dabeisitzt, damit das Thema wirklich nett rüberkommt. Da war ich dankbar, als sich Daniela Mauersberger, eine flotte Unteroffizierin im Feldlager Prizren, einen Ruck gab und folgendes Zitat grinsend und mit Lust an der Provokation von sich gab, obwohl ein Oberleutnant dabei saß. Daniela, hübsch, burschikos, sagte: „Wenn hier eine poppen will, dann kann sie das ohne Ende haben“. Ihre Augen funkelten, ihr Mund lächelte, Schweiß war auf ihrer Stirn, und sie nahm noch einen Schluck aus der Cappy-Dose. Klar: im Lager Prizren sind 40 Frauen und 5000 Männer.

„Mit der G 36 in der Hand, das wird man gleich in paar Zentimeter größer.“

Es gibt ein paar, die den Aufenthalt richtig angenehm gestalten, mit allem drum und dran und das oft. Der Presseoffizier, er hatte kein Getränk zu sich genommen, schluckte kurz und räusperte sich, blieb aber ruhig. Was ich ihm hoch anrechne. Ein netter Mann, ihm verdanke ich den Hinweis auf eine Umfrage, die das Sozialwissenschaftliche Institut der Bundeswehr im Kosovo bei den Soldaten gemacht hat. Frage 32 war: „Vermissen sie Sex?“ Man konnte antworten: nein, ja, ein bisschen, ja, sehr, ja, ganz arg.“ Wir sitzen im Jeep, ruckeln über eine üble Piste, roter Staub hängt in der Luft, am Straßenrand hängen Rinderhälften, liegen Tomatenhaufen, stehen Farbfernseher neben Wassermelonenbergen, die Autos haben keine Nummernschilder, sind in Deutschland geklaut, überall Stau, das ist die Hauptverkehrsstraße von der albanischen Grenze rein nach Prizren. Alle paar hundert Meter ein deutscher Panzer oder Jeep mit zwei oder drei Mann in den 18 Kilo schweren Splitterschutzwesten der Marke Bristol. Die Bristol spielt eine große Rolle beim Thema Sex bei der Bundeswehr. Eine Acht- oder Zehnstundenschicht mit 18 Zusatzkilo eng am Körper bei etwa 40 Grad im Schatten ist unangenehm, da fängt man an zu träumen, zu fantasieren. Die Weste ist luftundurchlässig und saugt keinen Schweiß auf. Nach kurzer Zeit fängt der Soldat an zu tropfen, die Körperflüssigkeit lauft, er sieht nach ein paar Stunden aus, als hätte er in die Tarnhose gepinkelt. Seine Autorität kommt nur noch daher, dass er seine MP hochhält, die G 36, ihr Magazin ist aus durchsichtigem Plastik, man sieht die Kugeln und nimmt den Mann ernst. Der Truppenpsychologe dazu: „Natürlich haben Waffen was Ästhetisches, bei Männern und bei Frauen, dieses Martialische kann faszinieren. Mit der G 36 in der Hand, da wird man ein paar Zentimeter größer.“

Wichtig ist noch, dass es den Befehl für die Truppe gibt, dass jeder Soldat mindestens sechs Liter Wasser am Tag trinken muss. Ich war mit vierzehn Lokalredakteuren aus Baden-Württemberg und Bayern bei der Truppe. Die Idee der Armee ist folgende: Jede Heimatzeitung schreibt was über Soldaten aus dem jeweiligen Verbreitungsgebiet, das gefällt den Lesern, das gefällt der Bundeswehr, deshalb fliegen einige Transalls mit Lokalredakteuren nach Skopje in Mazedonien, der Verteidigungsminister zahlt alles, von da geht es mit dem Bus weiter nach Prizren im Kosovo. Die Journalisten haben meist gedient, einige sind Reserveoffiziere, ihnen gefällt der Trip, sie werden nostalgisch. Man muss sagen: Das Essen bei der Bundeswehr im Kosovo ist gigantisch. Obstbuffets, Riesenauswahl, tolle Speisen, fast wie Cluburlaub. Das gefallt den Journalisten. Trotz der Transall. Transall deshalb, weil die unbequem sind, damit die Jungs von der Presse, die daran zweifeln, kapieren, dass der Einsatz im Kosovo was für harte Jungs ist. Und harte Frauen. Man steigt von hinten in eine Transall, in ihr herabgelassenes Hinterteil.

Man sitzt auf gespannter grüner Baumwolle entlang der Flugzeugwand, einen halben Meter vor sich das Gesicht eines Soldaten, der auf der Mittelbank sitzt und einen [88] Mann im Rücken hat, der dem Mann an der anderen Wand in die Augen schaut. Es ist eng, es gibt kaum Fenster, es ist laut, alle haben grüne Schaumstoffstöpsel in den Ohren. Wer aufs Klo muss, geht hinter einen halbrund aufgehängten Vorhang, da kann er eine kleine Klappe öffnen, den Penis rcinhängen und in eine Röhre pinkeln, die in die Luft führt. Das wäre vielleicht lustig, aber da sind 200 Mann in Uniform auf der anderen Seite des Vorhangs. Frauen können hinten rechts nicht aufs Klo. Wie auch?

Gabi vermisst dich ganz arg

Nach der Landung ruckelten wir nach Prizren und jedesmal wenn wir an nassen deutschen Jungs vorbeikamen, hob der Oberleutnant die Hand zum Gruß in den roten Staub, die Fenster waren offen, im Radio des Jeeps lief eine Kassette, die der Fahrer eingelegt hatte ­– ein Mitschnitt einer Sendung von Radio Andernach. Das ist ein Bundeswehrsender, der im Kosovo aber nicht empfangen werden kann. Deshalb Kassetten. Mit Grüßen auf den Balkan. Die wandern durch das Feldlager, werden kopiert. Diese hier hatte es bis in den Jeep geschafft und lief zum dritten Mal heute. Unser aller Lieblingsteil war, mehr gehaucht als gesprochen, mehr fränkisch als deutsch: „Lieber Joschi. Ich, deine Gabi, vermisse dich ganz, ganz arg, du fehlst mir so, vor allem nachts“, es folgte ein scharfes Stöhnen, „und deshalb wünsche ich mir für dich das Lied …“ Eine Wolfgang-Petry-Nummer.

Im Jeep grunzte der Fahrer leicht und Mercie Thomik, 25, Sanitäterin, Unteroffizier, nett, lachte. Der Presseoflizier drehte sich um: „Haben Sie die Umfrage mitgemacht. Frau Obergefreite? Frage 32?“ Sie antwortete: „Nein, Herr Oberleutnant. Welche Umfrage denn, Herr Oberleutnant?“ Wobei man wissen muss, dass dieses Frau-Obergefreite-Herr-Oberleutnant-Getue ironisch rüberkam. Obergefreite Thomik ist eine hübsche, dunkelhäutige Frau, selbst unter der 18-Kilo-Bristol ahnt man ihren Busen. Man sieht sie und will sie ohne Bristol sehen. Sie sagt auch: Ich bin Soldat. Dieses Frau-und-Herr machten die beiden, um was zu bieten. Obwohl mir folgendes besser gefiel: Aufsitzen!, schrie der Oberleutnant, wenn er wollte, dass wir ins Auto steigen. Und Absitzen, wenn wir aussteigen sollten. Das war ernst gemeint und sehr witzig. Der Fahrer lacht, Mercie Thomik lacht, der Oberstleutnant lacht, hebt die Hand aus dem Fenster in den Staub, Jungs grüßen.

Wir kommen am Abend zurück ins Feldlager Prizren und gehen in eine der kleinen Bars, die Soldaten in Zelten eingerichtet haben. Daniela Mauersberger und Kerstin Sessler, 28, Oberfeldwebel, warten schon, Mercie Thomik geht auch noch mit. Sie sagt zu dem Soldaten hinter dem Thresen: „Schatzi, gibst du mir ein Schweppes?“ Sie sagt es auf eine Art, die so klingt: mhhhh, jaaaaa. Er gibt ihr ein Schweppes, sie sagt: „Danke Schatzi“, was klingt wie: Schatzi, du warst gut. Daniela Mauersberger nimmt ein Cappy und Kerstin Sessler eine Cola light. Wir setzen uns draußen mit unseren Dosen in den Schatten eines grünen Tarnnetzes auf zwei Bierbänke. Es fällt Daniela Mauersbergers Poppen-Zitat, das ich schon verwendet habe. Daniela Mauersberger hat einen Freund, der wartet daheim auf sie. Sie hat ihn bei einem Sfor-Einsatz in Sarajewo kennengelernt, er ist auch bei der Bundeswehr. Das soll heißen: Sie poppt nicht im Kosovo. Andere machen das. Was Arger und Eifersüchteleien bedeutet, einige Mädchen haben hier den Liebhaber gewechselt. Schlecht für die Atmo. Aber die Bundesrepublik ist ein freies Land und das Bundeswehr-Feldlager Prizren quasi Deutschland. Kerstin und Mercie sind Singles. Sie waren liiert, bis es in den Kosovo ging. Auf der Fahrt zum Flugplatz hat Mercies Freund zu ihr gesagt, ich mach Schluss, du bist sechs Monate da unten, halte ich nicht aus. Sie sagt heute dazu: „Shit happens.“ Und: Sie genieße ihr Single-Dasein. Kerstin ebenfalls. Ihr Ex-Freund ist auch bei der Bundeswehr, er sechs Monate Sarajewo, sie sechs Monate Kosovo, genau im Anschluss an seinen Ausländsaufenthalt, je zwölf Monate Trennung also. „Da haben wir gemeinsam nachgedacht und Sehluss gemacht“, ein Jahr Trennung sei zuviel. Das war clever.  Denn,  so Truppenpsychologe Tom Gerum, als einziger Mann seiner Zunft vor Ort im Feldlager: „So ein Einsatz ist eine große Belastung für eine Beziehung, viele zerbrechen daran. Hier gehen mehr kaputt als in Deutschland.“ Vor allem solche, die in Deutschland schon kriselten, kriegen hier den Todesstoß. Bei ihm auf der Couch, die ein Feldbett ist, landen Frauen und Männer, die in der Krisensituation kriseln. Entweder werden sie von Vorgesetzten geschickt oder kommen freiwillig. „Sehr viele, die bei mir aufschlagen, bringen ihre Probleme von zuhause mit.“ Allerdings, die großen Probleme kommen später, nach dem Einsatz. Um das Problem zu beschreiben, benutzt Tom Gerum seinen Lieblingsvergleich. „Daheim wird es schlimmer; hier und daheim, das ist, als ob man Fischstäbchen mit dem Weißen Hai vergleicht.“ Warum? „Wer nach einem halben Jahr heimkommt, muss wieder eingewöhnt werden. Seine Kinder kennen ihn nicht mehr. Die Frau hat die erste Banküberweisung ihres Lebens gemacht. Sie ist auf einmal selbstbewusst.“

Für Homosexualität ist die Stehzeit zu kurz

Ein bisschen was zu Tom Gerum: Oberstleutnant, also hohes Tier, Oberstleutnant der Reserve. Im normalen Leben ist er Konfliktberater in der Industrie. Jetzt für vier Monate im Kosovo und vermittelt ständig den Eindruck, alles sei lustig. Ich habe Tom Gerum dreimal gesprochen. Das erste Mal mit zwei Kollegen, wir waren die einzigen, die nicht zum Feldgottesdienst am Sonntag gingen und haben ihn zufällig getroffen. Der Presseoffizier, der auf uns aufpasste, hat ihn uns vorgestellt, die Jungs haben ja auch ihre guten Seiten, und ist dann nichtsahnend weitergelaufen. Tom Gerum antwortete witzig, was bei der Bundeswehr sehr auffällig ist, auf Fragen, auch zum Thema Sex in der Truppe. Einmal drückte er Zeigefingerspitze und Daumenspritze der rechten Hand aufeinander und bewegte die Hand kurz und schneit hoch und runter. Dazu sagte er, „ich empfehle Handarbeit“. Zur Frage Homosexualität in dieser Gefängnishofatmosphäre: Nein, die Stehzeit sei zu kurz. Das [89] heißt: die Soldaten sind sechs Monate hier, so schnell ändere keiner seine Vorlieben.

Die zwei großen Themen der Psychoanalyse, Tod und Sex, kämen bei der Bundeswehr zu kurz, sagte er, und ich fragte, haben Sie Zeit für ein Gespräch? Wir trafen uns in der „Oase“, einer dienstgradunabhängigen, katholisch-evangelischen Betreuungseinrichtung. Einige hundert Leute sind da jeden Abend, jeder Soldat legt seine G 36, nur ein Rahmen ohne Füllung, umgeklappt, auf den Boden, die Waffe muss immer am Mann sein. Am Mann heißt, auch an der Frau. In der Oase gibt es Bier und Wein ab 17 Uhr, schärfere Sachen nicht, es bedienen junge Kosovarinnen. Die bekommen 150 Euro und mehr, das macht sie in diesem Land zu reichen Frauen. Eine, Semija, hat ein weißes Top mit schwarzen Dalmatinerpunkten an, eine extrem enge schwarze Hose. Und einen richtig lasziven Mund. Dicke Lippen. Sie wirkt in dieser Atmosphäre ganz anders als in der Fußgängerzone von Heilbronn oder im Supermarkt zu Wanne-Eickel. Hanife, auch nicht hässlich, hat eine weiße durchahnbare Bluse an, die oberen Knöpfe sind offen. Hier wirkt das ziemlich. Gerum sagt: „Frauen normalisieren die Atmosphäre.“ So eine enge schwarze Hose sei keine Aufforderung. „Das Problem ist, die Mädchen sehen aus wie bei uns, Minirock, geschminkt. Sind aber Moslems. Es gab Fälle, da kamen Clanälteste mit 40 Brüdern und Onkeln des Mädchens zum Oberkommandierenden. Das Oberhaupt sagt Sachen wie: „Wenn nochmal einer eine Frau unserer Familie berührt, gibt es Blutrache.“ Vorgestern Nacht wurde eine 18-jähriger Albaner von 40 Maschinenpistolenkugeln halbiert.

Tom Gerum erzählt, dass die Amis, die Briten und die Franzosen mit Auslandseinsätzen professioneller umgehen. „Die Franzosen haben in Mierovica einen Feldpuff eröffnet.“ Das helfe sicher. „Wir müssen es uns rausschwitzen.“ Und: die deutschen Soldaten kommen mit ihren drei zugeteilten Kondomen zu naiv nach Orhjid. Dorthin kamen in letzter Zeit Frauen aus Bulgarien und Rußland. Mit Zuhältern. „Die Damen lassen sieh von den Soldaten retten. Für 2000 oder 3000 Euro man ihnen die Freiheit kaufen, den Zuhälter ablösen. Manche Frauen, die hübscheren, werden bis zu acht Mal im Monat von deutschen Soldaten gerettet.“

Drei Mann, zwei Stockbetten

In der Oase gibt es Zeitschriften. Früher, so erzählten mir die Journalisten-Kollegen von ihrer Bundeswehrzeit, gab es immer Playboy, Penthouse, auch noch härteres. Inzwischen gibt es nur noch FocusMoney oder BörseOnline. In der Nähe der Oase ist das Internet-Cafe für die Soldaten, ein Zelt, da machen die ihre Börsendeals und Bankgeschäfte. Im Internet-Cafe kann man natürlich auch chatten und nackte Menschen anschauen, aber die Technik wird für Seriöses genutzt. Vielleicht spielt da eine Rolle, dass um die Bildschirme zwar eine Abdeckung ist, man es aber dennoch sofort sehen würde, wenn ein Soldat sich zwischen die Beine greift.

Im Standard-Container der Bundeswehr wohnen drei Mann, sie haben zwei Stockbetten und ein Einzelbett, drei kleine Schränke, einen Tisch, drei Stühle, alles in hellem Holz, drei Regale mit einem Boden. Unten drauf steht ganz groß: BUND. Und sie haben keinen Platz. Waffen, Helme, Panzerwesten, Verona-Feldbusch-Kalender, schon ist alles voll. Die beiden Betten geben die Länge des Containers vor; wenn ich in der Mitte stehe und die Arme ausstrecke, erreiche ich beide Seitenwände. Wer aufs Klo muss oder Duschen will, geht die Metalltreppe runter, über den Schotter die paar hundert Meter zu den Dusch- und WC-Containern. Da ist immer was los, zwölf Duschen, zwölf Toiletten pro Nasseinheit.

Es gibt auch Häuser, dreistöckig, hell, provisorisch. Sehen aus wie die neueren Asylbewerberunterkünfte in Deutschland. In einem dieser Häuser sind die Frauen der Bundeswehr, zwei Stockwerke Frauen, oben Männer. Die Zimmer sind etwas größer als die Container. Etwas. Es sind aber vier Mann oder Frau drin, Psychologe Gerum sagt, und niemand kann daran zweifeln, dass in solcher Umgebung Privalssphäre schwer erhältlich ist. „Ein Paar kam hier an, die haben kaum die Chance, eine Beziehungskultur zu pflegen.“ Sein Rat an die männlichen Containerbesatzungen: Sprecht euch ab! Jeder sollte mindestens zwei Stunden die Woche den Container für sich haben. „Das ist mein Vorschlag, das sage ich zu allen, die mich ansprechen. Bei vielen ist das selbstverständlich.“ Die Onanier-Absprache meint er. „Ich sage denen, wenn ihr rnasturbieren wollt, trefft Absprachen.“

Gerums Vorschlag: „Vier Wochen Dienst, eine Woche Heimaturlaub, mit dem Turnus könnte die Bundeswehr Beziehungen retten.“ Und die Telefonkosten der Jungs und Mädels senken. Es gab einen Soldaten in Tetovo, hinter der Grenze, in Mazedonien, da ist der Empfang besser, der habe eine Handyrechnung von 800 Euro gehabt. „Ich selbst telefoniere für 400 Euro im Monat mit meiner Freundin.“ Daniela Mauersberger telefoniert so gut wie gar nicht: „Ich habe meinem Freund gesagt, solange ich nicht anrufe, geht es mir gut. Wenn ich mit ihm telefoniere, vermisse ich ihn danach mehr, deshalb lasse ich es.“ Auch Kerstin ist Profi, sie war in Sarajewo, sie ist zum zweiten Mal im Kosovo, beim ersten Mal war sie beim Einmarsch dabei, da wurde geschossen, es gab Flüchtlingsströme, viel Arbeit, sie lebte in Zelten, duschen war nicht. Ihrer Mutter hat sie gesagt: „Wenn Du was im Fernsehen siehst, auch mit Toten, und du hast vorher nichts gehört, dann ist alles in Ordnung mit mir.“ Familien werden nämlich vorab benachrichtigt. Deshalb fallen auch ab und an alle Telefonverbindungen aus, die Bundeswehr dreht nach tödlichen Verkehrsunfällen den Hahn zu, um daheim die Familien mit den Todesmeldungen zuerst zu erreichen. Allerdings: manchmal fällt das Telefonsystem wegen der Hitze aus, und im Lager schwirren wilde Gerüchte mit vielen Toten. Die Bundeswehr schickt Soldaten, die in einen Verkehrsunfall mit tödlichem Ausgang verwickelt sind, sofort heim, anonym.

So, das war die Geschichte über die sexuellen Nöte der Bundeswehr im Kosovo. Hab ich was vergessen? Ohja, klar, es gibt eine gemischte Sauna in Prizren. Gemischt heißt: Offiziere, Unteroffiziere und Mannschaftsdienstgrade dürfen rein. Soldatinnen nicht.